Zum Inhalt (Access key c)Zur Hauptnavigation (Access key h)Zur Unternavigation (Access key u)
Pressemeldung vom 10.11.2011

EHEC & Co: Hygiene ist bester Schutz - 7. Paderborner Hygiene-Symposium thematisiert Prävention und Infektionsschutz im Gesundheitswesen -


Kreis Paderborn (krpb). „Nie zuvor in der Geschichte von EHEC wurde ein Geschehen so schnell aufgeklärt. In nicht mal drei Wochen gelang es, den Erreger, die Infektionsquelle und den Weg zu finden. Die Hauptaufgabe des Gesundheitsamtes bestand im Mai/Juni darin, weitere Infektionen zu reduzieren bzw. zu verhindern. Das ist uns gelungen“. Dieses Fazit zog Kreisgesundheitsamtsleiter Dr. Georg Alles zu Beginn des 7. Paderborner Hygiene-Symposiums im Westphalenhof in Paderborn. Doch Freude darüber stellt sich beim leitenden Amtsarzt nicht ein. „Drei Tote forderte die EHEC-Welle im Kreis Paderborn. 22 Menschen erkrankten an dem gefährlichen Hämolytisch-Urämischen Syndrom (HUS), das im schlimmsten Fall zu Nierenversagen führen kann. „Die Betroffenen waren wochenlang schwerstkrank. Vier Kinder mussten intensivmedizinisch behandelt werden“, berichtete Alles. Und: Für einige sei EHEC längst noch nicht vorbei. Sie litten noch immer unter den Folgen. Was bleibt, ist die Bedeutung der Hygiene. Denn der beste Schutz vor Viren und Bakterien wie beispielsweise EHEC ist eine ausreichende Toiletten- und Händehygiene. Genau darum drehte sich alles beim 7. Paderborner Hygiene-Symposium. Eingeladen hatte der Berufsverband der Hygieneinspektoren des Landes NRW (BVH NRW e.V.) in Kooperation mit dem Paderborner Kreisgesundheitsamt. Ziel der Veranstaltung war es, Hygienefachkräfte vor allem in Altenheimen und Krankenhäusern zu „informieren und zu sensibilisieren. Wir möchten dabei helfen, den Hygienestandard in den Einrichtungen auf hohem Niveau zu halten“, erklärt Axel Jakobi, Vorstandsvorsitzender des BVH NRW.

Dr. Georg Alles stellte den rund 100 Teilnehmern noch einmal die Chronologie des EHEC-Ausbruchs im Kreis Paderborn vor. Zu Beginn hätten mehr Fragen als Antworten gestanden. Warum erkrankten vor allem junge, bis dato gesunde Frauen an der durch die EHEC-Bakterien ausgelösten Darminfektion, die mit blutigem Stuhl und schweren Bauchkrämpfen einhergeht? Welche Gemeinsamkeit gab es zwischen dem Kreis Paderborn und dem Raum Hamburg/Norddeutschland, wo der EHEC-Keim ebenfalls zuschlug? „Es war die sprichwörtliche Suche nach der Stecknadel im Heuhaufen“, erinnert sich Alles. Akribisch wurden Lieferbeziehungen überprüft, Lebens- und Ernährungsgewohnheiten der Opfer beleuchtet, sofern sie ansprechbar waren. Alle Fäden liefen bei einem Gemüsegroßhändler zusammen. Als dann der Präsident des Robert Koch-Instituts, Prof. Dr. Reinhard Burger, am 10. Juni verkündete, „es waren die Sprossen“, atmeten erst einmal all durch. Neun Tage später wurden dem Kreisgesundheitsamt zwei an dem HU-Syndrom erkrankten Grundschulkinder im Alter von acht und neun Jahren und ein elf Jahre altes Kind gemeldet, das an einer durch den EHEC-Erreger verursachten Darminfektion litt, das später auch noch ein HU-Syndrom entwickeln sollte. Die Kinder mussten in der Universitätsklinik Münster intensivmedizinisch behandelt werden. Später kam ein viertes Geschwisterkind hinzu. Wieder begann eine detektivische Kleinarbeit. „Die gesetzliche Aufgabe eines Kreisgesundheitsamtes lautet in solchen Fällen, die Bevölkerung des Kreises zu schützen und Gefahrenabwehr zu betreiben. Also musste die Quelle möglichst schnell gefunden und geschlossen werden“, erläuterte Alles. Und das gelang nach nicht mal einer Woche. „Nach Auswertung der uns vorliegenden Untersuchungsergebnisse gehen wir mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit davon aus, dass ein Küchenzwischenfall beim Caterer, der die Schule beliefert hat, zum EHEC-Ausbruch geführt hat“, so Alles. Selbst geringste Erregermengen würden reichen, um das Essen zu verunreinigen. Die Kontamination sei mit hoher Wahrscheinlichkeit beim Zubereiten, Umfüllen und Portionieren durch unsaubere Hände oder Küchengeschirr geschehen. Handelswaren kämen bei dieser zweiten Welle nicht in Betracht, weil dann über die Zuliefererschiene überall in der Region weitere Erkrankungsherde aufgeflammt wären, ergänzt der leitende Amtsarzt.

Hygienefachkraft Branka Bauch erläuterte im Anschluss die Besonderheiten des EHEC-Keims, der eine besonders gefährliche Variante des Darmbakteriums Escherichia coli sei. Er sei unter günstigsten Bedingungen sehr umweltstabil, geradezu „genial“ und berge ein gewaltiges Potenzial in sich. Umso bedeutender sei eine ausreichende Hygiene bei der Pflege von Patienten. Bauch wies darauf hin, dass Latexhandschuhe stellenweise für Krankheitskeime auch durchlässig seien können. Also müsse man sich trotzdem nach der Säuberung die Hände waschen und desinfizieren. „Noroviren gehen durch 18 Blatt Toilettenpapier“, sagte die Referentin, die kein Blatt vor den Mund nahm und alles sehr deutlich und mit viel Humor ansprach. Ärzte sollten Hemden mit kurzen Ärmeln tragen. Dann könnten sie sich auch die Unterarme besser desinfizieren, meinte eine Zuhörerin. „Aber dann sehen sie doch nicht so schön aus“, meinte Bauch mit einem Augenzwinkern. Sie rät insbesondere auch Familien dazu, auf allen längeren Reisen eine Flasche alkoholisches Desinfektionsmittel mit zu nehmen. Weil „gründliches Händewaschen und Desinfizieren vor Infektionen schützt“, so Bauch. Hygiene

Doch nicht nur EHEC bereitet den Medizinern Kopfzerbrechen. Über den Kampf gegen MRSA und andere MRE berichtete der stellvertretende Gesundheitsamtsleiter, Dr. Ernst-Birger Bolle. Hinter den Abkürzungen verbergen sich Bakterien vom Stamme Staphylococcus aureus (MRSA) und weitere multiresistente Erreger (MRE). Ihre Besonderheit ist, dass sie nicht mehr auf alle Antibiotika reagieren. Gerade für Menschen in Krankenhäusern und Altenheimen stellen sie eine tödliche Gefahr dar. Durch die multiresistenten Bakterien ausgelöste Erkrankungen, wie z.B. Hautentzündungen, Lungenentzündungen oder Blutvergiftungen, sind nur schlecht oder überhaupt nicht mehr therapierbar. In den Medien werden sie deshalb manchmal auch als Killerbakterien bezeichnet. Eine der Ursachen für die zunehmenden Resistenzen gegenüber Antibiotika sind ihr unsachgemäßer und überzogener Gebrauch. „Bei banalen Erkältungskrankheiten müssen keine Antibiotika eingesetzt werden“, warnt Bolle. Antibiotika seien kein fiebersenkendes Mittel. Sie dienten vielmehr dazu, Bakterien abzutöten. Und die meisten grippalen Infekte würden durch Viren ausgelöst. Der Amtsarzt rät dazu, Antibiotika möglichst erst dann einzusetzen, wenn feststehe, welcher Erreger die Erkrankung ausgelöst hat und die Wirksamkeit der Therapie zu überprüfen. Verantwortlich sei aber auch der zunehmende Einsatz von Antibiotika in der Tierhaltung. Spuren der Mittel gelangen dann über die Nahrungskette in den menschlichen Organismus. In OWL haben sich die Stadt Bielefeld sowie die Kreise Gütersloh, Herford, Höxter, Lippe, Minden-Lübbecke und Paderborn zu einem Netzwerk MRSA-OWL.net zusammengeschlossen, das mit vereinten Kräften den Kampf gegen diese Bakterien aufgenommen hat. Geleitet und wissenschaftlich begleitet wird der Zusammenschluss von Professorin Dr. med. Claudia Hornberg von der Universität Bielefeld. Bolle berichtete, dass dieses vor drei Jahren gegründete Netzwerk um drei weitere Jahre verlängert werde. Entwickelt worden sind z.B. einheitliche Verlegungs- und Sanierungsbögen, die in Krankenhäusern und Altenheimen genutzt werden können. Patienten, deren Merkmale auf diese Weise erfasst worden seien, könnten dann beispielsweise sofort isoliert werden, Klinikpersonal und andere Patienten dann wirksam vor Ansteckung geschützt werden. Die Bögen und viele weitere Informationen – nicht nur für Fachleute – gibt’s im Internet unter www.mrsa-owl.net/. Mehr Infos zum 7. Paderborner Hygiene-Symposium und zum Berufsverband der Hygieneinspektoren des Landes NRW unter www.hygieneinspektoren-nrw.de.

Bildunterzeile (Bild rechts):

Der stellvertretende Gesundheitsamtsleiter Dr. Ernst Birger Bolle warnte vor unsachgemäßem Einsatz von Antibiotika

 

Anschrift

Kreis Paderborn
Aldegreverstraße 10 – 14
33102 Paderborn

Kontakt

Telefon: 05251 308 - 0
Telefax: 05251 308 - 8888
E-Mail senden

 
RAL Gütezeichen
Vorbildliches Europa-Engagement als „Europaaktive Kommunen“