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Pressemeldung vom 27.02.2013

Der Kreis Paderborn ehrt seine "Stillen Helden des Alltags"

Der Kreis Paderborn ehrt auch in diesem Jahr seine „stillen Helden des Alltags.“ Die Ehrung der Ehrenamtlichen erfolgte im Anschluss an Kreistagssitzung am 25. Februar. Gewürdigt wurde in diesem Jahr das ehrenamtliche Engagement von Rudolf Koch sowie des Ambulanter Hospizdienstes St. Johannisstift e.V. Paderborn.

Ansprache von Landrat Manfred Müller:


Die Bürgerinnen und Bürger des Kreises Paderborn waren auch in diesem Jahr dazu aufgerufen, uns ihre stillen Helden des Alltags zu benennen. Ein interfraktioneller Arbeitskreis hatte anschließend wie jedes Jahr die schwierige Aufgabe, drei Vorbilder auszuwählen, deren ehrenamtliches Engagement Beispiel und Ansporn sein kann für viele. Wir waren auch in diesem Jahr wieder fasziniert von der Vielfalt der Biographien. Das Ehrenamt hat viele Gesichter. Ich darf Ihnen heute Abend zwei von ihnen vorstellen, die völlig unspektakulär – im Verborgenen – Schlagzeilen im Namen der Menschlichkeit schreiben. Jeden Tag.



Rudolf Koch, Heimatpfleger

„Die neue Sehnsucht nach Heimat oder die Renaissance des Biedermeier “ sind Schlagzeilen, die man in den vergangenen Monaten häufig lesen konnte. Es ist schon erstaunlich: Heimat galt über lange Zeit als Inbegriff für Spießigkeit. Allein der Begriff roch nach Kohl, klang nach Blasmusik und beschwor den röhrenden Hirschen über dem Sofa herauf. Vielleicht hing es damit zusammen, dass die sogenannte 68er Generation all’ diese Dinge, die damit in Verbindung standen, über Bord warf. In unserer Region begann nach meiner Wahrnehmung die Heimatpflege vor 20, 30 Jahren wieder en vogue zu werden. Zu tun hatte es sehr stark damit, dass nach der kommunalen Neugliederung ein ungeheurer Aderlass an Ratsmitgliedern, an Menschen entstand, die sich um ihr Dorf, ihren Wohnort, ihr Lebensumfeld kümmerten. Die neu gegründeten Städte sorgten sich um das Abwasser und die Schulen, aber die kleinen Dinge, die Ortsgeschichte, die Ortsentwicklung etc. – die gestalteten jetzt nur noch wenige – soweit es ihnen denn möglich war.

Dann traten Heimatvereine auf den Plan, oder Dorfgemeinschaften oder Arbeitsgemeinschaften der Vereine, die erkannt hatten – da fehlt doch etwas. Dorffeste wurden gefeiert, das Wohnumfeld verbessert. Der Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“ spielte eine starke Rolle.

In diesen Tagen spielt der Begriff erneut eine stärkere Rolle. Die Welt wird globaler, die Menschen wollen aber in ihrer Heimat lokal angebunden und sozial vernetzt leben. In einem Umfeld, das Profil hat, das Bezüge hat zur Ortsgeschichte und Gestaltungsspuren der hier lebenden Bevölkerung. Der große Wille zur Bürgerbeteiligung, wenn man selbst betroffen ist in seiner Wohnumgebung, spiegelt sich darin wider, ein „positives Kirchturmdenken“, wie ich es gerne nenne. Auch junge Menschen beschäftigen sich damit. Umfasst ist auch die heimatliche Natur, wie ich die Verbindung von Liebe zur Heimat und heimatliche Natur besonders schätze.

In der Wewelsburg haben wir der Heimat aktuell eine Ausstellung gewidmet. Darin gehen wir der Frage nach, was Heimat ausmacht. Kleine Werbeeinblendung: Bitte besuchen Sie unsere Ausstellung. Bis zum 14. April können Sie sich das alles im Burgsaal der Wewelsburg anschauen.

Natürlich gehen Studien und Untersuchungen längst der Frage nach, woher diese Sehnsucht kommt, warum in den Möbelkatalogen der Landhausstil ein Comeback feiert und unsere Tassen und Tücher Blümchen und Gänse zieren. - Ob Pferdefleischskandal oder Betrug mit Bio-Eiern, Klimawandel oder Finanz- und Eurokrise: Je komplexer und gefährlicher die Welt uns erscheint, desto stärker wächst die Sehnsucht nach einem Rückzugsort, nach einer idyllischen, behaglichen und überschaubaren Welt, nach Konstanz im Alltag. Auch diese Sehnsucht nennen wir heute Heimat. Warum haben Kochsendungen Hochkonjunktur? Da nichts mehr sicher erscheint, sogar das, was auf dem Teller landet, besinnen sich die Menschen auf das Naheliegende. Das Essen und noch mehr das Kochen bediene eine Sehnsucht nach Unmittelbarkeit. Die Küche sei ein warmer Kachelofen für die Seele, schreibt die Frankfurter Allgemeine Zeitung. Die Band Silbermond hat bereits 2009 dieses Lebensgefühl in einem Lied auf den Punkt gebracht: Gib mir 'n kleines bisschen Sicherheit, in einer Welt, in der nichts sicher scheint. Gib mir in dieser schnellen Zeit irgendwas das bleibt. Gib mir einfach nur 'n bisschen Halt, und wieg mich einfach nur in Sicherheit. Hol mich aus dieser schnellen Zeit, nimm mir ein bisschen Geschwindigkeit. Gib mir was, irgendwas, das bleibt.

Gleichwohl: Heimat ist kein statischer Begriff: Heimat ist nachhaltig. Die eigene, überschaubare Welt soll auch den Kindern noch als Heimat dienen. Deswegen muss Heimat offen sein für die Menschen, die zu uns kommen. Heimat muss Veränderungen zulassen, damit Menschen von ihrer Arbeit in ihrer Heimat leben und damit bleiben können. Denn Heimat ist ohne ihre Menschen keine Heimat mehr. Im Osten Deutschlands wissen Landräte mit entleerten Räumen ein Lied davon zu singen. Denn dort sagt man dann mit Wehmut: „Gib mir irgendwas, was bleibt!“

Rudolf Koch ist ein Mensch, der zeitlebens an dem Lied der Gemeinde Altenbeken geschrieben hat. Die ersten Töne waren wohl im August 1935 bei seiner Geburt zu hören. Mit Bekewasser getauft, sollte er später - wie es zum guten Ton der traditionellen Eisenbahnerstadt gehört - als gelernter Mechaniker bei der Bahn anheuern. Dort entschied er sich – typisch Altenbeken - für die Lokführerlaufbahn und erlebte aus eigener Erfahrung den Wechsel von der Dampflok hin zu modernen Diesel- und Elektromotiven. Seiner Heimat sei er mit Leib und Seele verbunden, heißt es. Stimmt. In seiner Biographie finden sich Daten der Superlative. Rudolf Koch ist die personifizierte Beständigkeit und Nachhaltigkeit: Er ist seit 24 Jahren Ortsheimatpfleger, seit 16 Jahren stellvertretender Kreisheimatpfleger. Er war 13 Jahre Ortschronist, 35 Jahre Mitglied des Rates der Gemeinde Altenbeken, 10 Jahre Vorsitzender des Bau- und Umweltausschusses, von 1989 bis 2004, also 15 Jahre, stellvertretender Bürgermeister.

In seinem Archiv lagern weit über tausend Fotos. Viele heimatkundliche Beiträge in den örtlichen Heimatzeitungen sowie Vereinsnachrichten und über Vereinsjubiläen stammen aus seiner Feder. Auch Bilderausstellungen über historische Begebenheiten wurden von ihm konzipiert und organsiert. Die monatlich erscheinende Heimatzeitung der „Egge – Rundblick“ gäbe es so ohne ihn so nicht: Neben den redaktionellen und heimatkundlichen Beiträgen sorgte er für deren Finanzierung und Anzeigen. Rudolf Koch hat mehrere Fest- und Jubiläumsschriften verfasst sowie mehrere heimatkundliche Bücher geschrieben. Sein Augenmerk gilt aber auch der Unterhaltung und Restaurierung von Kulturdenkmälern, der Bildstöcke und Wegekreuze. Auch heimatkundliche Wanderungen mit Schulkindern und interessierte Bürger/innen stehen auf seinem Programm. Diese Liste geht noch sehr lange weiter. Vielleicht eines noch: Rudolf Koch ist das, was man einen Vereinsmenschen nennt. Er gehört fast allen Vereinen in seiner Heimatgemeinde an. 2007 gründete er den Altenbekener Heimat – u. Geschichtsverein. Seine besondere Liebe aber gehört dem Schützenverein. Während seiner fast 60jährigen Mitgliedschaft hat er mehrmals Prinzenwürden errungen. Bereits 1954 war er Jungschützenkönig und 1963 Schützenkönig. Rudolf Koch war immer ein streitbarer Kämpfer für die Belange seiner Heimat – so wie man es schon einmal von einem Vertretung des Egge-Bergvolkes erwarten kann. Er konnte auch schon einmal deutlich werden. Aber immer galt sein Engagement der Sache. Und das ist das Wesentliche. Denn er war im Zweifel unüberhörbar.
Für seine Verdienste wurde er mit dem silbernen Verdienstkreuz und im Jahr 2000 mit dem Hohen Bruderschaftsorden ausgezeichnet.
Als Lokomotivführer hat er den Wechsel vom Wasserdampf zur elektrischen Energie geschafft. Als Heimatpfleger gelang ihm der Wechsel vom Papier zum Bildschirm. Im Internet hat er eine eigene Heimatdomain geschaffen: Unter heimatpflege-altenbeken.de stellt er Beiträge unter der Überschrift „Liebenswertes Altenbeken“ ein.

Lieber Herr Koch: Menschen wie Sie sorgen für ein kleines bisschen Sicherheit, geben Halt und vieles, was bleibt. „Es ist wohl nicht notwendig, dass solange mit einer Danksagung gewartet wird, bis eine Straße seinen Namen in Altenbeken bekommt“, heißt es in der Vorschlagsbegründung. Das sehen wir genauso. Ich wünsche mir sehr, dass Ihr Beispiel viele Nachahmer findet und in vielen Gegenden der Welt sehr bald die Menschen auf Rudolf-Koch-Straßen unterwegs sind.


Ambulanter Hospizdienst St. Johannisstift e.V. Paderborn


Ich habe keine Angst vor dem Tod. Ich möchte nur nicht dabei sein, wenn`s passiert. Woody Allen dürfte mit diesen Sätzen wohl vielen aus dem Herzen sprechen. Wohl kaum ein Thema ist mit so vielen Ängsten verbunden. Das ist natürlich: Es ist alles andere als leicht, sich mit der Endlichkeit der eigenen Existenz auseinanderzusetzen. Doch wenn wir diese großen Themen des Lebens ausblenden, sind wir schlicht nicht vorbereitet. Im Oktober 2011 haben Frau Kohlenberg-Hadaschik und ich mit einer Veranstaltung die Tabuthemen Tod und Trauer ins Paderborner Kreishaus geholt. Ziel war es, anlässlich des Welthospiztages die Hospiz- und Palliativarbeit im Kreis Paderborn vorzustellen. Das war eine beeindruckende Veranstaltung. Gerlinde Dingerkus von der Ansprechstelle im Land NRW zur Palliativversorgung, Hospizarbeit u. Angehörigenbegleitung Westfalen Lippe sprach davon, dass man in den vergangenen Jahren den Eindruck gewinnen konnte, dass der Tod kurz vor seiner Abschaffung stand. Früher habe man die Toten zu Hause aufgebahrt. Angehörige konnten sich verabschieden, den Tod realisieren. – Sie erzählte von einer Frau, die auf Anraten des Bestatters in einer Todesanzeige den Satz: „Von Beileidsbekundungen am Grab bitten wir abzusehen“, hatte abdrucken lassen. Dann allein am Grab zu stehen, zu erleben, wie die Gemeinde sich abwendete, sei eine traumatische Erfahrung gewesen.

Der Hospiz- und Palliativbewegung ist es zu verdanken, dass diese Themen wieder dahin gebracht werden, wohin sie gehören: Mitten ins Leben. Wenn ein todgeweihter Mensch stirbt, bietet diese Zeit oftmals auch die Chance zur Intensivierung und Gestaltung der verbleibenden Zeit mit den Angehörigen. „Du zählst, weil Du bist, bis zum letzten Augenblick des Lebens“, sagt dazu Cicely Saunders, die Begründerin der Hospizbewegung. Und ich bin unendlich dankbar, dass es Menschen im Kreis Paderborn gibt, die Sterbenden und Ihren Angehörigen helfend zur Seite stehen. Sie nehmen sich Zeit um zu reden – und auch zu schweigen. Sie helfen bei der Bewältigung des Alltags und beim Erfüllen letzter Wünsche. Ich darf heute Abend ganz herzlich die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des ambulanten Hospizdienstes St. Johannisstift begrüßen, die sich dieser schweren Aufgabe stellen und anderen Menschen so unendlich gut tun.

Wir möchten Ihnen danken und gleichzeitig ihr Herzensanliegen unterstützen, die Arbeit der Hospiz- und Palliativbewegung bekannter zu machen. Damit Ihre Arbeit auch als Chance wahrgenommen wird, noch einmal Lebensimpulse zu setzen.

Wenn irgendwo der Begriff „Hospiz“ fällt, erschrecken die Menschen. Wahrscheinlich auch deshalb, weil sie nicht so wirklich wissen, was das eigentlich ist. Hospiz bedeutet Herberge. Zur Zeit des frühen Christentums und im Mittelalter waren Hospize Stätten, in denen Pilger und Reisende Unterkunft und Stärkung fanden sowie Kranke gepflegt wurden. Heute versteht man unter Hospiz die Herberge vor der letzten Lebensreise. Damit ist nicht nur ein Haus oder eine Institution, sondern vor allem ein Konzept gemeint. Dieses beruht auf dem Wissen, dass Menschen ohne Schmerzen, in Würde und nicht allein sterben möchten. Sie möchten die Chance haben, bestimmte Dinge noch zu Ende zu bringen, um dann wirklich loslassen zu können. Genau das hatte die englische Ärztin Cicely Saunders erkannt, die 1967 mit dem St. Christopher's Hospice in London das erste Haus für Sterbende eröffnete und kurz darauf auch einen ambulanten Dienst einrichtete, der sterbenskranke Menschen und ihre Angehörigen zu Hause versorgte.

Auf ihre Spuren begibt sich seit 1999 der ambulante Hospizdienst St. Johannesstift. Der Verein pflegt gute Kontakte zu anderen Hospizdiensten sowie zur Palliativstation in Bad Lippspringe. 58 Menschen aus ganz unterschiedlichen Berufen, Altersgruppen und Konfessionen engagieren sich hier ehrenamtlich und werden für diese Aufgabe qualifiziert. „Wir sehen Krankheit und Sterben, Verlust und Trauer als Teil unseres Lebens. Wir sind überzeugt, dass diese Seiten des Lebens existenziell zu uns gehören und von jedem Menschen anders erfahren und gelebt werden“, beschreibt der Verein sein Selbstverständnis.

Sie, liebe Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, ermöglichen durch Ihr Engagement Menschen in ihrem Zuhause ein würdiges Leben und Sterben. Darüber hinaus stehen sie auch den Hinterbliebenen in Form von Trauertreffs und Sprechstunden zur Verfügung. Das alles erfordert von jedem Einzelnen hohes, persönliches Engagement und ein sich Hineinbegeben in die Situation der Schwerkranken und Sterbenden. Das geht an die Substanz. Ich darf Ihnen meinen tiefsten Respekt und meine Bewunderung aussprechen und verneige mich vor Ihrer Lebensleistung. Sie sind Botschafter des Mitgefühls, künden von der Kraft der Menschlichkeit und zeigen uns, wie wertvoll das Leben ist.

 

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