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Pressemeldung vom 07.03.2014

Afrikanische Schweinepest: „Ein weggeworfenes Wurstbrot reicht“ - Kreisveterinäramt bittet Landwirte, Jäger, Reisende, Fernfahrer und Erntehelfer um erhöhte Vorsicht -

„Ziel aller Beteiligten muss es sein, eine Einschleppung zu verhindern. Die Folgen für die Landwirtschaft wären verheerend“, warnt Dr. Klaus Bornhorst.

Kreis Paderborn (krpb). Der Name klingt exotisch und nach „weit weg“: Doch die Afrikanische Schweinepest (ASP) hat Europa Ende Januar erreicht und ist weiter auf dem Vormarsch. Das hoch ansteckende Virus ist zwar „nur“ für Haus- und Wildschweine gefährlich. Doch ein Ausbruch in heimischen Beständen „wäre eine Krise mit verheerenden Folgen für die gesamte Landwirtschaft und fleischverarbeitende Industrie“, warnt der Leiter des Amtes für Verbraucherschutz und Veterinärwesen, Dr. Klaus Bornhorst. Einen Impfstoff gibt es nicht. Die Tiere verenden innerhalb weniger Tage. Die Sterberate beträgt nahezu 100 Prozent. Übertragen wird das Virus von Tier zu Tier. Natürlich geht niemand davon aus, dass ein infiziertes Wildschwein aus Russland, Weissrussland, Litauen oder Polen bis nach Deutschland läuft. Aber auch indirekt ist eine Infizierung möglich, beispielsweise durch virenbehaftete Transportfahrzeuge, Kleidung, Schuhe oder auch Schlacht- und Speiseabfälle. Genau diese Art der möglichen Ansteckung bereitet den Veterinären in der Reise- und anstehenden Erntezeit große Sorgen. „Ein einziges weggeworfenes oder mitgebrachtes Wurstbrot reicht“, warnt Bornhorst. Das Virus sei nicht nur hoch ansteckend sondern auch äußerst widerstandsfähig: In Fleisch- und Wurstwaren halte es sich mitunter monatelang, in Gefrierfleisch sogar bis zu sechs Jahre. „Speisereste, die Reisende oder Fernfahrer an Tankstellen, Raststätten oder Autobahnparkplätzen wegwerfen, sind eine Gefahr. Werden infizierte Fleisch und Wurstreste von Wildschweinen gefressen, tragen diese dann den Virus in sich und können ihn weiterverbreitern“, erläutert Bornhorst. „Wir müssen jetzt alle gemeinsam sehr gut aufpassen“, so der leitende Veterinär. Er bittet insbesondere Landwirte, Jäger, Reisende, Fernfahrer und Erntehelfer sowie Arbeitskräfte aus Osteuropa und den angrenzen Staaten um erhöhte Vorsicht in den kommenden Wochen und Monaten.


Die Behörden haben bereits reagiert. An den Grenzen wird darauf hingewiesen, Speiseabfälle nur in verschlossenen, also für Wildschweine nicht erreichbaren Müllcontainern zu entsorgen. Das Bundeministerium für Ernährung und Landwirtschaft hat einen mehrsprachigen Handzettel herausgegeben, der erklärt, dass Lebensmittel die Erkrankung übertragen können und Millionen von Haus- und Wildschweinen bedroht sind.
Ende Januar hatte der Kreis Paderborn zusätzlich bei der oberen Jagdbehörde beantragt, die Schonzeit für die Altersklasse der so genannten Überläufer (Wildschweine im 2. Lebensjahr) aufzuheben. Seit dem 19. Februar darf diese Altersklasse neben den ganzjährig frei gegebenen Frischlingen ebenfalls bejagt werden. „Also zu einem Zeitpunkt, wo die Vegetation in den Feldrevieren noch nicht so weit voran geschritten ist, dass sich das Wild darin verstecken kann. Die Tiere werden besser gesehen und Fehlabschüsse können vermieden werden“, erläutert Heiner Bühlbecker vom Paderborner Kreisordnungsamt. Damit könne der Bestand wirksam verringert werden. „Unser Ziel ist es, die Wildschäden zu minimieren und gleichzeitig das Risiko eines möglichen Ausbruchs der Schweinepest zu verringern“, sagt Bühlbecker. Angesichts des aktuellen ASP-Seuchenverlaufes an den EU-Grenzen „ist insbesondere die Jägerschaft aufgefordert, ein vermehrtes Auftreten von Fallwild (Schwarzwild) der zuständigen Behörde zu melden bzw. entsprechende Proben (v. a. Blut, Lymphknoten, Milz, Lunge) amtlich abklären zu lassen“, vermeldete das Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit im April. 


Für den Menschen ist die Tierseuche ungefährlich. Auch der Verzehr von infiziertem Fleisch ist unbedenklich. Doch bricht die Erkrankung aus, müssen Bestände und ganze Landstriche gesperrt und Tiere gekeult werden. Was das konkret bedeutet, zeigt ein Blick in das Jahr 2006. Dort war in acht Beständen in NRW die klassische Schweinepest ausgebrochen. Am Ende mussten über 145.000 Schweine in 236 Betrieben getötet sowie nahezu 250.000 Blutproben gezogen werden. Der finanzielle Gesamtschadenbetrug rund 20 Millionen Euro. „All diese Zahlen erfassen nicht, was in einem Landwirt vor sich geht, der plötzlich vor einen leeren Stall steht“, sagt Bornhorst. Im Kreis Paderborn war in 1997/1998 die Klassische Schweinepest ausgebrochen. Seinerzeit mussten 65.000 Schweine getötet werden.


Die Kreisveterinäre haben Anfang Februar die rund 850 Schweinehalter (mit ca. 500.000 Tieren) im Kreis Paderborn per Schreiben über die wichtigsten Vorbeugungsmaßnahmen informiert. Erinnert wurde noch einmal an die wichtigsten Bestimmungen in der Schweinehaltungshygiene-Verordnung: So müssen Ställe regelmäßig gereinigt und desinfiziert werden. Speise- und Küchenabfälle dürfen auf keinen Fall an Schweine und Wildschweine verfüttert werden. Wildschweine sind vom Hof fernzuhalten. Deshalb muss das Hofgelände umzäunt sowie Futtermittel und Streu unerreichbar gelagert werden. „Bei erhöhten Tierverlusten oder erfolgloser Antibiotikabehandlung muss der Tierarzt hinzugezogen werden“, so Bornhorst. Klassische Anzeichen der Afrikanischen Schweinepest sind häufig hohes Fieber, Appetitlosigkeit, Atemprobleme, Durchfall, Blaufärben der Hot, plötzliche Todesfälle. Trächtige Sauen können verferkeln. Der Nachweis der Erkrankung kann jedoch nur im Labor erfolgen. „Das ist dann erst einmal nur eine Ausschluss-Diagnostik. Diese hat keine Folgen für den Betrieb und bedeutet nicht, dass ein Verdacht auf Schweinepest vorliegt“, betont der leitende Veterinär. 



Hintergrund: 


Bei der Afrikanischen Schweinepest (ASP) handelt es sich um eine Tierseuche, die für die erkrankten Schweine so gut wie immer tödlich verläuft. Für den Menschen oder andere Haus- und Wildtiere besteht keine Gefahr. Das Virus wird über Tierkontakte (über alle Körperflüssigkeiten), kontaminierte Fahrzeuge oder Kleidung und Schuhwerk sowie über Speiseabfälle mit kontaminiertem Schweinefleisch übertragen. Die Übertragung durch Lederzecken, die vor allem in Afrika eine Rolle spielt, ist in unseren Breiten nicht von Bedeutung.

Das Friedrich-Loeffler-Institut für Tiergesundheit hatte Anfang Februar mitgeteilt, dass die Afrikanische Schweinepest (ASP) erstmals Litauen und damit die EU erreicht hat. Nach derzeitigem Stand (April 2014) gibt es ASP-Ausbrüche zurzeit in Weißrussland, der Ukraine und Russland.



Die wichtigsten Fragen und Antworten:

Was ist die Afrikanische Schweinepest?

Die ASP ist eine hoch ansteckende, anzeigepflichtige Viruserkrankung mit seuchenhaftem Verlauf und hoher Sterblichkeit, die nur Haus- und Wildschweine befällt. Das Krankheitsbild ist extrem variabel und reicht von plötzlichen Todesfällen bis hin zu unspezifischen Allgemeinsymptomen (u. a. Futterverweigerung, Mattigkeit, Diarrhöe und Festliegen) und Aborten. Die Abgrenzung zu anderen Erkrankungen, insbesondere zur Klassischen Schweinepest (KSP) ist schwierig. Eine sichere Diagnose kann daher nur im Labor gestellt werden. Das Virus der ASP ist sehr widerstandsfähig und hält sich in unbehandeltem Fleisch und Fleischprodukten, Blut sowie in gepökelten oder geräucherten Waren monatelang und viele Jahre in tiefgefrorenem Fleisch. So sind die meisten Ausbrüche in europäischen Ländern bisher auf die Verschleppung des Virus in Speiseabfällen im weltweiten Reiseverkehr zurückzuführen. Entsprechend gilt ein Verbringungsverbot von Tieren und Waren aus Schweinepest-Regionen.

Für den Menschen und andere Haustierarten ist die ASP nicht gefährlich. Selbst der Verzehr infizierten Schweinefleisches birgt für den Menschen kein gesundheitliches Risiko. Der wirtschaftliche Schaden kann indes beträchtlich sein.


Welche Übertragungswege gibt es?

Übertragen wird das ASP-Virus entweder durch direkten Kontakt von Tier zu Tier, da es mit allen Se- und Exkreten (z. B. Speichel, Urin, Kot, Sperma) ausgeschieden wird. Direkte Kontaktmöglichkeiten zwischen den Tieren bestehen u. a. im Stall, auf Transporten/Viehsammelstellen/Viehmärkten sowie bei offenen Haltungsformen auch durch Kontakt zwischen Wild- und Hausschweinen.
Auch indirekt durch Kontakt zu virusbehafteter Kleidung, Futtermittel, Schlacht-/Speiseabfällen, Gülle/Mist oder sonstigen Gerätschaften ist eine Ansteckung der Tiere mit dem ASP-Virus möglich.
Bei der ASP kommt insbesondere der Überragung durch Blut oder mit Blut kontaminierten Gegenständen eine besondere Bedeutung zu. Zecken spielen hingegen in Deutschland als Vektoren eine untergeordnete Rolle.

Wie hat sich die ASP bereits ausgebreitet?

Die ASP ist momentan in Regionen der Russischen Föderation, Weißrussland, Georgien und Armenien, in Litauen und der Ukraine sowie auf der italienischen Insel Sardinien und in Teilen Afrikas nachgewiesen. Eine Einschleppung des Seuchenerregers über den Reiseverkehr (auch Jagdtourismus!) oder Güter- bzw. Tierverkehr ist daher nicht außer Acht zu lassen. Es besteht somit auch eine Gefahr für die deutschen Schweinebestände. Die Ausbrüche in Litauen geben Anlass zur Sorge.

Eingeschleppt in nicht verseuchte Gebiete verläuft die ASP bei Schweinen verheerend. Neben der Tötung und unschädlichen Beseitigung aller Schweine des betroffenen Betriebes sowie der Kontaktbetriebe werden großflächige Schutzzonen mit strengen Handels- und Transportverboten eingerichtet. Ein Ausbruch dieser Seuche hat enorme wirtschaftliche Schäden zur Folge. Es gilt daher, die Einschleppung der ASP nach Deutschland und ggf. ihre Ausbreitung in den Schweinebeständen zu verhindern.

Es gibt weder Impfstoffe noch Arzneimittel, um einer ASP-Infektion vorzubeugen!
Bei unklaren Krankheitsgeschehen im Bestand mit hoch fieberhaften Tieren, erhöhter Sterblichkeit oder erfolgloser antibiotischer Behandlung müssen unbedingt frühzeitig Proben entnommen und eine Ausschluss-Diagnostik im Labor durchgeführt werden! Diese Ausschluss-Diagnostik hat keine Folgen für den Betrieb und bedeutet nicht, dass ein Verdacht auf Schweinepest vorliegt. Eine frühzeitige Erkennung trägt jedoch wesentlich dazu bei, dass das Seuchengeschehen rasch eingedämmt wird und viele Betriebe von der Seuche verschont bleiben.

Was können Sie als Tierhalter tun?

  • Von entscheidender Bedeutung für die Verhinderung des Seucheneintrages in den Betrieb ist die strikte Einhaltung der in der Schweinehaltungshygiene-Verordnung normierten Regeln.
  • Speise- und Küchenabfälle dürfen grundsätzlich nicht an Schweine (Haus- u. Wildschweine) verfüttert werden! Insbesondere von unkontrolliert aus dem Ausland eingeführten Fleisch- und Wursterzeugnissen geht ein erhöhtes Risiko aus.
  • Sauberkeit und strikte Hygiene auf dem Betrieb sind einzuhalten (z. B. Trennung von reiner und unreiner Seite, Zugangsbeschränkungen zu den Ställen, Sauberkeit von Personal und Gerätschaften, betriebseigene Schutzkleidung, Desinfektionsmatten; Reinigung und Desinfektion aller Fahrzeuge, Abholung toter Tiere außerhalb des Betriebsgeländes, Schädlings- und Schadnagerbekämpfung); Desinfektionswannen für Stiefel erfüllen nur dann ihren Zweck, wenn die Stiefel zuvor ordnungsgemäß gereinigt worden sind und die Desinfektionslösung regelmäßig erneuert wird;
  • Strikte Unterbindung des direkten/indirekten Kontaktes von Haus- zu Wildschweinen. Freilandhaltungen sind hier besonders gefährdet, aber auch konventionelle Betriebe müssen geeignete Vorsichtsmaßnahmen ergreifen (z. B. wildschweinsichere Umzäunung des Betriebsgeländes und unzugängliche Lagerung von Futtermitteln und Einstreu).
  • Auch Hobbyhalter von Schweinen sollten sich der Problematik bewusst sein und entsprechende Vorsichtsmaßnahmen ergreifen.
  • Landwirte mit Zweigstellen bzw. weiteren Standorten im osteuropäischen Raum stellen bei Verbringung von dortigen Futtermitteln o. a. Waren (= potentielle Virusträger) ein unkalkulierbares Seuchenrisiko für die heimischen Wild-/Schweinebestände dar.


Die ASP äußert sich beim Wildschwein neben erhöhten Fallwildzahlen u. a. mit verminderten Wurfgrößen bei Frischlingen, abgemagerten Stücken und Verhaltensänderungen. Anders als bei der KSP zeigen an ASP erkrankte Wildschweine in der Anfangsphase einer Epidemie keine Verhaltens verändernden Merkmale. Die Wildschweine verenden, bevor derartige Merkmale überhaupt anzusprechen sind. Erst im weiteren Verlauf der Epidemie zeigen Wildschweine Verhaltens verändernde Merkmale, weil sie nicht mehr so schnell verenden. Da in etlichen Regionen der Russischen Föderation die ASP verbreitet ist, stellt die Übertragung über den Reiseverkehr/Jagdtourismus eine besondere Gefahr dar.

Was können Sie als Jäger vorbeugend tun?

  • verstärkte Bejagung von Wildschweinen zur Reduktion der Population;
  • revierübergreifende Jagden organisieren, keine unnötigen Beschränkungen in der Freigabe;
  • hoher jagdlicher Eingriff in die Altersklassen der Frischlinge und Überläuferbachen innerhalb des rechtlichen Rahmens;
  • keine Verwendung von Aufbruch von Wildschweinen oder sonstigen Schlachtresten für Luderplätze;
  • kontinuierliche Beteiligung an Überwachungsprogrammen (Monitoring), insbesondere Fallwildstücke zur Untersuchung bringen (Röhrenknochen);
  • bei Auffälligkeiten (Fallwildhäufung, abgekommene Stücke, mangelnde Scheu, besondere Merkmale an erlegten Stücken usw.) unverzüglich die untere Jagdbehörde (05251/308-714) oder mich informieren.


Was müssen Schweinehalter, die auch Jäger sind, generell zur Seuchenvorsorge beachten?

  • Konsequentes Hygienemanagement auf dem Betrieb, Einhaltung der Biosicherheitsmaßnahmen gem. Schweinehaltungshygiene-Verordnung;
  • nicht mit Jagdbekleidung/ -ausrüstung/ -hund in den Stall gehen;
  • kein Wildschwein auf dem Betrieb aufbrechen;
  • kein Kontakt von Hausschweinen zu Blut bzw. blutverunreinigten Gegenständen;
  • besondere Vorsicht beim Aufbrechen/Zerwirken/Entsorgen der nicht verwertbaren Reste;
  • kein Schwarzwild anderer Jäger in eigener Wildkammer aufnehmen;
  • Reinigung der Jagdausrüstung (Messer/Stiefel) nicht im Stall oder der Hygieneschleuse.


Bei Verdacht einer Infektion nehmen Sie bitte sofort Kontakt zu Ihrem Tierarzt oder zu den Veterinären des Kreises Paderborn auf, 05251 / 308 474 u. -477. Per E-Mail: veterinaeramt@kreis-paderborn.de.


Mehr Infos:
http://www.fli.bund.de/fileadmin/dam_uploads/Publikationen/FLI-Informationen/FLI-Information_ASP20140218.pdf


Das Bundesministerium für Ernährung und Landwirtschaft weist daraufhin, dass das ASP durch Lebensmittel mit infiziertem Fleisch auf Tiere übertragen werden kann. Deshalb sind Speisereste, die Reisende oder Fernfahrer an Tankstellen, Raststätten oder Autobahnparkplätzen hinterlassen, eine Gefahr, weil sie von Wildscheinen aufgefressen werden könnten. Diese wiederum tragen den Virus dann in sich und verbereitern ihn weiter.

Das Ministerium bittet deshalb, alle Speisereste nur in verschlossene, also abgedeckte Müllbehälter zu entsorgen, die für Tiere damit unerreichbar sind.

Hier geht`s zum Handzettel.


Stand: März 2014

 

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