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Pressemeldung vom 07.08.2014

Wenn Kinder Hilfe brauchen

64 Kinder mussten im vergangenen Jahr vom Kreisjugendamt in Obhut genommen werden -

Kreis Paderborn (krpb). Im vergangenen Jahr zog das Paderborner Kreisjugendamt in 64 Fällen die Notbremse: 31 Kinder zwischen 0 und 13 Jahren sowie 32 Jugendliche zwischen 14 und 18 Jahren mussten aus ihrer Familie herausgenommen werden. Die Inobhutnahme dient dem Schutz der Kinder „und ist für uns immer das letzte Mittel der Wahl. Denn für die Kinder, egal wie schlimm es in der Familie zugeht, ist die Trennung von den Eltern dramatisch und äußerst belastend“, betont Kreisjugendamtsleiter Hermann Hutsch. Bei akuter Gefahr müssten Kinder und Jugendliche jedoch konsequent geschützt werden. Akute Gefahren für die physische und psychische Gesundheit der Kinder sind beispielsweise schwere Konflikte in der Familie, Suchtprobleme oder auch Misshandlungen. Manchmal können diese sogar lebensbedrohlich sein. „Dann müssen wir die Reißleine ziehen“, bekräftigt Hutsch. Das rechtfertige den Eingriff in die Elternrechte. Doch letztlich gehe es auch immer darum, Eltern und Kinder nach überstandener Krise einander wieder näher zu bringen.

Eingriff oder Verbleib in der Familie: Für die Kinder beinhalten in solchen Fällen beide Alternativen ein Risiko. „Wir suchen dann stets nach der besten von zwei nicht glücklichen Lösungen“, erläutert Hutsch. Das Jugendamt müsse deshalb mit Fingerspitzengefühl vorgehen, vorsichtig abwägen und den staatlichen Schutzauftrag sensibel wahrnehmen.
Jeder Fall sei individuell zu bewerten. „Wir haben schon verschlossene Türen öffnen lassen, um unversorgte Kinder aus der vermüllten Wohnung einer suchtkranken Mutter zu retten“, erläutert Hutsch einen klaren Fall für die Inobhutnahme. Doch schon der nächste Tag bringe neue Fälle und neue Fragestellungen, immer unplanmäßig und akut. Auch für die Kinderschutzfachkräfte sei das eine enorme Belastung und Verantwortung.

Die Zahlen zeigen, wie nötig dieser Schutzschirm ist: In 2012 mussten 49 Kinder in Obhut genommen werden. Die deutliche Steigerung auf 64 Fälle in 2013 entspricht auch der hohen Zunahme bei den Meldungen einer Kindeswohlgefährdung: Diese stiegen von 261 Meldungen in 2012 sprunghaft auf 345 Meldungen im vergangenen Jahr an. Gegenüber dem Jahr 2008 ist das eine Verdoppelung der Meldungen. „Die Öffentlichkeit ist wachsamer geworden. Die Sensibilität in der Bevölkerung für das Thema Kindesschutz hat mit den offensiven Strategien der Jugendämter zugenommen und die Menschen schauen genauer hin. Das ist gut so“, kommentiert der Kreisjugendamtsleiter die Zahlen. Wirksamer Kinderschutz sei eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe. Da dürfe niemand wegsehen.

Die Meldungen der Kindeswohlgefährdung kommen von Einrichtungen wie Kindergärten, Schulen, Krankenhäusern oder Fachkräften. Etwa ein Drittel davon aber auch von Privatpersonen. Viele Jugendliche melden sich selbst. „Sie finden offene Ohren, vertrauensvolle Beratung und Schutz beim Jugendamt, das sich in diesen Fällen als „Anwalt des Kindes“ versteht“, bekräftigt Hutsch.

Sobald eine solche Meldung eintrifft, erfolgt eine so genannte Risikoüberprüfung. Im Paderborner Kreisjugendamt werden fünf Gefährdungsstufen (A bis D) unterschieden. Je nach Einschätzung der Fachkräfte werden dann Maßnahmen eingeleitet: Diese reichen von Erziehungsberatung, Elternkompetenztraining, sozialpädagogische Familienhilfe über Schutzpläne bis hin zur Inobhutnahme.

Die Risikoeinschätzung in den Familien erfolgt nach festen Standards und mit Beteiligung der Eltern, und immer auch in der Reflektion des Teams. „Wer wissen will, was Kindern fehlt, muss wissen, was Kinder für eine gesunde Persönlichkeitsentwicklung brauchen“, betonen die Kinderschutzfachkräfte. Das angewandte Prüfungsspektrum basiere auf den Grundlagen der Entwicklungspsychologie. Eltern dürften bei diesem unangemeldeten Check gerne über die Schultern schauen und selbst die Lage beurteilen, wenn es die Situation zulasse. Basis-Grundbedürfnisse wie Ernährung, Kleidung, Gesundheit, Sicherheit und Schutz bildeten nur das Fundament für eine gesunde und gesicherte Entwicklung. Geborgenheit, Liebe, Wertschätzung, gewaltfreie Erziehung und Bildung seien weitere „Nahrungsmittel“, die mit elterlicher Kompetenz zur Entfaltung kommen. Der Risikocheck des Jugendamtes nehme somit das ganze Sortiment kindlicher Bedürfnisse in seinen Blick.

Die Schutzbedürfnisse von Jugendlichen zeigen sich anders. „Sie kommen manchmal selbst in die Sprechstunde und wollen nicht nach Hause“, weist der Kreisjugendamtsleiter auf eigene Beratungsrechte von Kindern und Jugendlichen hin, die in Gefahrenlagen sogar ohne Einbeziehung der Eltern erfolgen dürfen. „Wir versuchen natürlich im ersten Gang immer die Eltern mit an den Tisch zu bekommen. Wenn sich der Jugendliche aber verweigert, geht der Schutzgedanke vor: Wir bieten erst einmal Schutz und informieren die Eltern über den Konflikt“. Oft kann nach einer Nacht in einer Bereitschaftspflegefamilie ein klärendes Gespräch mit den Eltern den ersten Druck aus dem Kessel nehmen. „Eltern werden immer beteiligt und können auch der Schutzmaßnahme zustimmen, andernfalls geht die Entscheidung an das örtliche Familiengericht, das unsere Entscheidung innerhalb von 24 Stunden überprüft“, erläutert Hutsch. Dabei setze das Jugendamt auf die Einsicht und Mitwirkungsbereitschaft von Eltern. Das sei oft der entscheidende Punkt, um eine Lösung zum Erhalt der Familie mit Unterstützung des Jugendamtes auf den Weg zu bringen. „Letztlich verstehen wir uns als Partner der Familien. Wir möchten helfen, bevor die Situation eskaliert“, bekräftigt Hutsch abschließend.

 

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