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Pressemeldung vom 04.12.2014

„Menschenwürde in der Pflege - noch der Normalfall?“ - Menschen müssen in Würde altern können: Landrat Manfred Müller fordert beim Kongress „Zukunft. Stadt. Kommune“ der WirtschaftsWoche in Berlin mehr Zeit für Pflege und stärkere Bewerbung und Anerkennung des Pflegeberufes –

Kreis Paderborn (krpb). Das Foto zeigt eine Familie mit Kindern und Enkelkindern. Mittendrin der Großvater, und alle lächeln in die Kamera. „So würde ich gern alt werden. In Würde, im Kreise der Familie, liebevoll umsorgt. Und Sie?“, fragte Landrat Manfred Müller zu Beginn seines Vortrags die Teilnehmer des Kongresses der renommierten Fachzeitschrift WirtschaftsWoche in Berlin mit Entscheidungsträgern aus Politik, Verwaltung und Wirtschaft, der sich auch dem Thema Pflege widmete. Die Realität dürfte oftmals eine andere sein. Zunehmend falle die Familie als „Sozialpartner“ älterer Menschen aus. Gleichzeitig steige die Pflegebedürftigkeit in Deutschland: Nach einer Studie der Bertelsmann-Stiftung werde die Zahl der Pflegebedürftigen bis 2030 um 47 Prozent zunehmen. „Menschenwürde in der Pflege – noch der Normalfall?“, lautete das bewusst etwas provokant formulierte Thema des Paderborner Landrats, der eindringlich dafür warb, gemeinsam das hinzubekommen, was das Grundgesetz in Artikel 1 Absatz 1 sinngemäß festschreibt und fordert: Die Würde des Menschen nicht anzutasten, sondern sie zu schützen und zu achten. Der Pflegeberuf müsse aufgewertet, attraktiv beworben und besser bezahlt werden.

Wenn man den Begriff „Pflegeskandal“ eingebe, spucke die Suchmaschine 21.500 Sucheinträge aus. Müller betonte, dass die Meldungen von Vernachlässigungen und Misshandlungen, von psychischer und physischer Gewalt in der Pflege erschreckend seien und zugleich als Alarmsignal gewertet werden müssten. „Häufig seien es aber auch Anzeichen von Überforderungen der Pflegenden, ganz gleich ob Angehörige oder examinierte Hauptberufliche“, so Müller.

Fakt sei, dass immer mehr junge Menschen das Elternhaus verlassen und aus beruflichen Gründen wegziehen. Wenn sie bleiben, gründen sie eigene Familien und sind in der Regel beide berufstätig, um für sich und ihre Kinder einen Lebensstandard zu erarbeiten und zu sichern. „Wir wollen es Menschen ermöglichen, so lange wie möglich zu Hause zu bleiben“, erläuterte Müller. Das entspreche ihren Wünschen und entlaste auch die Sozialkassen sowie die Angehörigen. Denn Pflege koste – Zeit und Geld.
Damit Menschen sich so lange wie möglich selbst versorgen könnten, müssten Städte so geplant werden, dass auch Ältere durch ein ausreichendes Nahverkehrsangebot möglichst lange mobil bleiben und vor Ort einkaufen oder kulturelle und soziale Angebote wahrnehmen könnten. Es gebe viele Alternativen zur stationären Heimpflege. Betreutes Wohnen, Gastfamilien für Senioren, Senioren-WGs oder auch generationsübergreifendes Wohnen seien im Trend und sehr zu begrüßen. Unterstützt werden müssten Angebote wie Besuchs- und Betreuungsdienste, „Essen auf Rädern“ oder auch soziale Dienste wie Einkäufe und Behördengänge. Ohne Ehrenamt sei das nicht zu leisten.

Einen Menschen rund um die Uhr zu kongressversorgen, koste viel Kraft. Aber auch der Pflegebedürftige selbst müsse damit fertig werden, seinen gewohnten Alltag aufgeben zu müssen. Und jene, die in Heimen arbeiten, können ebenfalls an ihre Grenzen kommen. Pflege könne alle überfordern. Der Kreis Paderborn habe deshalb bereits im August 2013 ein Not-Telefon für den Pflegealltag geschaltet, um in Krisensituationen zu helfen und Angebote zu vermitteln. Im Kreishaus sei ein Pflegeberatung eingerichtet, um pflegende Angehörige zu beraten und zu unterstützen.
Pflegekräfte stünden ständig im Spannungsfeld zwischen Zeit und Zuwendung. Ihre Arbeit sei eine menschliche Herausforderung, die enorm belaste. Bereits helfen könne, dass die Gesellschaft das Engagement wahrnehme und ihre Arbeit wertschätze. Fakt sei jedoch auch, dass die Leistung auch finanziell honoriert werden müsse. Würdige Pflege sei nur möglich, wenn es würdige Arbeitsbedingungen gebe. „Dazu zählt auch eine anständige Bezahlung“, bekräftigte Müller.

Bereits jetzt zeichne sich ein Fachkräftemangel ab. Bis 2030 fehlten bis zu 163.000 Pflegekräfte, spätestens ab 2018 könne der Bedarf nicht mehr gedeckt werden. Erschwerend komme hinzu, dass in den nächsten zehn Jahren im stationären Bereich etwa 80.000 erfahrene Kräfte ausscheiden würden (Quelle: Statistisches Bundesamt, IT. NRW und Bundesagentur für Arbeit). „Deshalb müssen wir die Rahmenbedingungen verbessern“, forderte der Landrat. Die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Pflegende sowie ihre Aufstiegsmöglichkeiten (Akademisierung) müssten verbessert, der Beruf verstärkt auf Jobbörsen vorgestellt und beworben, Migrantinnen und Migranten gewonnen werden. „Der Pflegeberuf ist höchst attraktiv, menschlich wertvoll und sehr erfüllend.“
Müller betonte abschließend, dass die Pflege von älteren Menschen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe zu erfüllen sei. „Es geht um die unantastbare Würde des Menschen, die Würde von uns allen. Menschenwürde in der Pflege darf keine kostenpflichtige Zusatzleistung sein“, bekräftigte der Landrat.

 

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