Langjähriger Kreisgesundheitsamtsleiter Dr. Georg Alles in den Ruhestand verabschiedet

Schlagzeilen machte sein Einsatz in der EHEC-Krise, wo er monatelang bis in die Nachtstunden hinein mit detektivischer Akribie den Weg des Erregers nachzeichnete. Die Medien tauften ihn seinerzeit den „EHEC-Jäger“. Als im vergangenen Jahr 152 Kinder und elf Erwachsene schlagartig an Brechdurchfall erkrankten, suchte und fand er die Quelle und löste innerhalb weniger Wochen den bislang größten bekannten Listerienausbruch in der Geschichte der Bundesrepublik. Nun verlässt der leitende Kreismedizinaldirektor die Kommandobrücke des Gesundheitsamtes. „Mit Hartnäckigkeit und Überzeugungskraft haben Sie sich um das gekümmert, was Ihnen so sehr am Herzen lag. Die Gesundheit der Menschen des Kreises Paderborn“, sagte Landrat Manfred Müller bei der Verabschiedung. Er habe Krisen und Tagesgeschäft mit ärztlicher Kunst, menschlicher Integrität, hoher Empathie, Verantwortungsbewusstsein und persönlichem Einsatz bewältigt. Dabei habe er sich nie im Mediziner-Latein verstrickt sondern gut geerdet die Sorgen der Menschen im Blick behalten.

Nach dem Studium der Medizin in Frankfurt arbeitete Alles zunächst als Arzt bei der Bundeswehr in Hamm, später im Dienste der Stadt Hamm. Nach der Promotion in 1990 folgte in 1993 die Anerkennung als Facharzt für das öffentliche Gesundheitswesen. Von 1991 bis 2002 leitete Alles in stellvertretender Position das Gesundheitsamt des Kreises Fulda. Im Mai 2002 wechselte er in den Kreis Paderborn und übernahm dort die Leitung des Kreisgesundheitsamtes.

Alles selbst betrachtet es als großes Glück, dass er bis zum Alter von 65 Jahren als Arzt habe arbeiten können. Die vielen Krisen, die angesichts der Häufigkeit eigentlich jede Statistik sprengen, boten aus seiner Sicht auch die Chance, die Öffentlichkeit zu informieren, wie man sich am besten schützt und Krankheiten vorbeugt.
Die Masernwellen nutzte er beispielsweise, um auf die Gefährlichkeit der angeblich harmlosen Kindererkrankung hinzuweisen. Mit Erfolg: 97 Prozent aller Kinder bei den Schuleingangsuntersuchungen sind doppelt geimpft und damit geschützt. Mit dieser Durchimpfungsrate steht der Kreis deutschlandweit an der Spitze. „Impfen ist wie Anschnallen im Auto“, pflegte er stets zu sagen. Die EHEC-Krise nahm er zum Anlass, auf die Bedeutung der Hygiene in Küchen und Toiletten hinzuweisen. Dabei stellte er immer wieder die Rolle der Medien heraus, ohne die es nicht gehe. „Denn ich kann mich nicht auf einen Marktplatz stellen und dort alles verkünden“, so der Mediziner.

Alles setzte sich auch dafür ein, dass alle Kinder im Kreisgebiet zusätzlich zu den pflichtigen Schuleingangsuntersuchungen bereits im Kindergartenalter von den Ärzten des Gesundheitsamtes untersucht werden. So könnten Fehlentwicklungen rechtzeitig bis zum Schulstart korrigiert werden. Überhaupt liegt ihm die Prävention sehr am Herzen: Die Menschen dürften nicht von ihrem in die Wiege gelegten Gesundheitskonto zu früh und zu viel abheben. Das Leben sei mehr Marathon als Kurzstreckenlauf.

Wann immer es Probleme oder gar Todesfälle von Frühchen durch Keime gab, schlug sich das auch im Kreis Paderborn nieder. „Wir haben die Begehungen intensiviert und in Zusammenarbeit mit den Kliniken Hygienestandards heraufgesetzt und den Kampf gegen multiresistente Erreger geführt“, sagt Alles.

Alles stellt heraus, dass er die vielen Aufgaben des Gesundheitsamtes nur mit seinem Team von 60 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern habe leisten können, auf das er sich stets verlassen konnte. „Sie sind hoch motiviert und haben insbesondere auch in den vielen Krisen wie Ehec und zuletzt dem Listerienausbruch, wo es immer darum geht, die Quelle zu finden und zu schließen, Überdurchschnittliches geleistet“, betont er. Er stellt heraus, dass er auch auf die gute Zusammenarbeit mit den anderen Ämtern der Verwaltung bei der Bewältigung von Krisen bauen konnte. Insbesondere das Amt für Verbraucherschutz und Veterinärwesen und das Gesundheitsamt hätten eine Art Tandem bei der Aufklärung vieler Ausbruchsgeschehen gebildet. Trotz des ganzen Stresses sei es wichtig, Mensch zu bleiben. „Wertschätzung und Respekt, Begegnung auf menschlicher Augenhöhe“, das seien die Grundzutaten für ein Miteinander, das dazu beitrage, selbst gesund zu bleiben und Überdurchschnittliches zu leisten.

Der Landrat betonte abschließend, dass Alles sowohl intern auch außerhalb des Kreishauses hohes Ansehen genoss. Die Hochachtung vor seinen Leistungen und seiner Amtsführung, vor der Art, wie er auf Menschen zugehe und sich kümmere, habe er in vielen Gesprächen mitnehmen können. Die Art und Weise, wie er gesundheitliche Krisen bewältigt habe, sei überregional bewundert worden. „Sie haben das Bild des leitenden Amtsarztes neu gezeichnet. Hier wurde Gesundheit nicht verwaltet sondern gestaltet. Sie haben sich um die Menschen des Kreises Paderborn verdient gemacht“, bekräftigt Müller.

Nach seinen persönlichen Plänen befragt, lächelt er. „Erst einmal Zeit für die Erholung, für Regeneration“. Danach sehe man weiter. „Ich bin und bleibe Arzt und kümmere mich jetzt mehr um meine Familie und Freunde, die in dieser ganzen Zeit oft zu kurz gekommen sind“, so Alles.