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10. November 2017

Ausstellung bis 8.12.2017 in Paderborn

„Der Kommunismus in seinem Zeitalter“ - Versprechen und Abgründe des Kommunismus

(von links nach rechts) Alfons Bölte und Christoph Marx vom Ludwig-Erhard-Berufskolleg, Dr. Johannes Oeldemann, Vizepräsident der Deutsch-Russischen Gesellschaft Paderborn, Stephan Hilsberg, Vinzenz Heggen, stellvertretender Landrat des Kreises Paderborn bei der Ausstellungseröffnung „Der Kommunismus in seinem Zeitalter“ (Foto: © Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Kreis Paderborn, Michaela Pitz) 
(von links nach rechts) Alfons Bölte und Christoph Marx vom Ludwig-Erhard-Berufskolleg, Dr. Johannes Oeldemann, Vizepräsident der Deutsch-Russischen Gesellschaft Paderborn, Stephan Hilsberg, Vinzenz Heggen, stellvertretender Landrat des Kreises Paderborn bei der Ausstellungseröffnung „Der Kommunismus in seinem Zeitalter“ (Foto: © Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Kreis Paderborn, Michaela Pitz)

Geschichte ist der Schlüssel zum Verständnis des heutigen Daseins in Deutschland. Nur wer sie kennt, kann Lehren aus ihr ziehen und den Weg einer gereiften Zivilisation fortsetzen: Die Deutsch-Russische Gesellschaft und das Ludwig-Erhard-Berufskolleg (LEBK) zeigen anlässlich des 100. Jahrestages der Oktoberrevolution 1917 in Russland eine Ausstellung, die sich mit dem Aufstieg und Niedergang, den Versprechen und Abgründen des Kommunismus auseinandersetzt. 200 zeithistorische Fotos auf 25 Tafeln veranschaulichen eine Bewegung, die zunächst die Massen mobilisierte und die Menschen dann furchtbar enttäuschte. Was der Kommunismus für den Alltag bedeutete, schilderte eindringlich Stephan Hilsberg, parlamentarischer Staatssekretär a. D., der sich in den 80er Jahren in der Oppositionsbewegung in der DDR engagierte und nach dem Mauerfall Mitglied der ersten frei gewählten Volkskammer der DDR war. Hilsberg gründete die Ost-SPD. Grau sei die DDR gewesen. Angst habe den Alltag der Menschen bestimmt. Und Hilsberg schätzt sich glücklich, dass er nach der Wende 19 Jahre dem Deutschen Bundestag als SPD-Abgeordneter angehörte und „endlich frei gestalten konnte“, so Hilsberg.

 

Die Ausstellung stehe unter dem Motto „Erinnern“, sagte Schulleiter Alfons Bölte bei der Eröffnung. Es gehe darum, den jungen Menschen Denkanstöße mit auf den Weg zu geben, denn sie seien die Zukunft. Geschichtslehrer Christoph Marx hatte die Ausstellung initiiert, um den Schülerinnen und Schülern ein Kapitel der Weltgeschichte näherzubringen, das bislang so seltsam unbekannt geblieben ist und doch so gravierende Folgen hatte. Ihre Inhalte werden parallel im Unterricht behandelt. Der stellvertretende Landrat des Kreises Paderborn, Vinzenz Heggen, lobte das LEBK ausdrücklich dafür: „Sie gehen einen vorbildlichen Weg und holen wichtige Themen der Geschichte in die Schule“, stellte Heggen heraus. Die Schule befindet sich in Trägerschaft des Kreises Paderborn.

 

Stephan Hilsberg wurde 1956 als Sohn eines Pfarrers geboren. Die Familie saß am Frühstückstisch, als der Vater erzählte, dass in der Stadt eine Mauer gebaut worden sei. Die Mutter habe aufgeschrien. Nachmittags nach dem Kaffee sind sie in die Stadt gegangen. Sie sahen Stacheldraht, Soldaten mit Gewehr im Anschlag, Menschen, die aus den mehrstöckigen Häusern nach drüben schauten, „es war bizarr“, sagte Hilsberg. Dieses ganze Gerede mit dem bösen Westen, vor dem sie beschützt werden müssten, habe niemand geglaubt. Es herrschte Mangel an allem, die tollen Klamotten, Kaffee und Zigaretten, das alles gab es drüben. Und als Kind wollte man Spielzeug aus dem Westen. Das sah wesentlich besser aus und ging nicht so schnell kaputt. Wann genau er sich auflehnte, kann er zeitlich exakt nicht festmachen. Aber die Unfreiheit, die herrschte, die Angst, die alle lähmte, das alles setzte ihm zu. Er habe den SED-Staat als Unglück empfunden. Er galt als frech und aufsässig, durfte kein Abitur machen, nicht studieren, obwohl er sich das so sehr gewünscht habe. Seinen Beruf, Facharbeiter für Informatik, habe er zwar gern ausgeübt. Wahre Erfüllung habe er darin jedoch nicht gefunden. Die DDR habe ihn und viele Menschen ausgebremst. Ich habe meinen Preis zahlen müssen“, sagte er. Dann der Blick zurück: Hilsberg betonte, dass nicht Karl Marx und Friedrich Engels den Kommunismus erfunden hätten. Sie seien ideele Wegbereiter gewesen. Entstanden sei er vielmehr im Herzen Europas, genauer in Westeuropa. Was man in diesen Tagen als Wende bezeichne, war in jenen Jahren Revolution. Im Februar 1917 begann mit dem Sturz des Zaren die Russische Revolution. Die Machteroberung der Bolschewiki in Petrograd, dem heutigen Sankt Petersburg, am 7. November 1917, sei mit der Hoffnung verbunden gewesen, dass nun bald demokratischer Frieden herrsche könne. Am Anfang habe eine Utopie gestanden: Bauern seien enteignet worden, damit jeder alles zur gleichen Zeit besaß. Mit Privilegien sollte aufgeräumt werden. So durften Kinder von Ärzten kein Abitur machen. Diese marxistische Ordnung habe sich unter dem Beifall der deutschen Öffentlichkeit und mit Unterstützung der Reichsregierung in Berlin vollzogen. In Lenin sah man jemanden, der die Hoffnungen der Menschen erfüllen könne. Und so sorgte Deutschland dafür, dass Lenin aus der Schweiz in einem verplombten Waggon ins heutige St. Petersburg reisen konnte. Hilsberg skizzierte die deutsch-russischen Verbindungen in der Folgezeit und die unheilvolle Liaison zwischen Hitler und Stalin. Er erzählte von den Internierungslagern, die es auch in der sowjetischen Besatzungszone gab.

 

In den Manifesten der Kommunisten fehlten Begriffe wie Freiheit, Rechtsstaatlichkeit und Gewaltenteilung, all das, was uns heute ausmacht“, sagte Hilsberg. Es habe gleichwohl immer wieder Hoffnung gegeben. Als Beispiel nannte er den Prager Frühling in 1953. In der damaligen Tschechoslowakei herrschte plötzlich Meinungs- und Pressefreiheit. Journalisten durften wieder schreiben, was sie wollten. Man habe einen Sozialismus mit menschlichem Antlitz schaffen wollen. Als dann die Panzer rollten, war das Entsetzen der Menschen, die sich ihnen in den Weg stellten, ihre Enttäuschung greifbar, so Hilsberg. Und dann natürlich Glasnost und Perestroika: Michail Gorbatschow bezeichnete er als Lichtgestalt, der die marode Sowjetunion modernisieren und sie zum Westen öffnen wollte. Ohne ihn sei der Mauerfall nicht denkbar gewesen. Zumindest in Deutschland sei ein System, das die Menschen derart bevormunde und sie verkümmern lassen, nicht lebensfähig, sagte er abschließend. Die Ausstellung „Der Kommunismus in seinem Zeitalter“ erzählt davon und will gleichzeitig daran erinnern, was passieren kann, wenn Politik sich gegen die Menschen wendet. Sie ist noch bis zum 8. Dezember, montags bis freitags von 8 bis 16 Uhr, im LEBK in Paderborn zu sehen.

 

Herausgeber der Ausstellung sind die Bundesstiftung zur Aufarbeitung der SED-Diktatur und das Deutsche Historische Museum Berlin. Ihr Autor ist der Frankfurter Historiker Gerd Koenen.

Ausstellungsdaten:

„Der Kommunismus in seinem Zeitalter“

7. November bis 8. Dezember, jeweils von 8 bis 16 Uhr

Ludwig-Erhard-Berufskolleg, Schützenstraße 4, Paderborn

 
 
 

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