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Pressemeldung vom 08.07.2011

Stellungnahme des Kreises Paderborn zu den Fragen des Caterers in Bad Lippspringe

Am 19. Juni 2011 wurden dem Paderborner Kreisgesundheitsamt zwei an dem HUS-Syndrom erkrankte Kinder im Alter von acht und neun Jahren und ein elf Jahre altes Kind gemeldet, das an einer durch EHEC-Erreger verursachten Darminfektion erkrankt war. Auch der Elfjährige entwickelte nach vorübergehender Besserung ein HU-Syndrom. Das HUS ist eine schwere, lebensbedrohliche Komplikation, die durch ganz bestimmte Erreger, vor allem durch EHEC, auftreten und bei schwerem Verlauf zu Blutzellenzerfall und Nierenversagen führen kann. Alle drei Kinder mussten in der Universitätsklinik Münster intensivmedizinisch behandelt werden.

Eine gesetzliche Hauptaufgabe des Kreisgesundheitsamtes nach dem Infektionsschutzgesetz besteht darin, Krankheiten und Infektionsgefahren frühzeitig zu erkennen und wirksam einzudämmen. Ziel aller Bemühungen ist es, mögliche Gefahren abzuwehren und die Bevölkerung wirksam zu schützen. Wenn an einem Ort im Kreisgebiet – wie in Altenbeken – plötzlich drei Kinder durch einen hoch infektiösen Erreger schwer erkranken, muss sofort nach Entstehungs- und Übertragungswegen gesucht werden, um die mögliche Quelle zu finden und zu schließen. Ermittelt wird dabei in alle Richtungen, ohne Ansehen der Person.

Sehr schnell wurden aus den Ermittlungen die Parallelen im Ausbruchsgeschehen deutlich: Alle drei Kinder besuchen die Grundschule in Altenbeken und aßen dort gemeinsam zu Mittag. Nachdem die erste Ansteckungswelle durch kontaminierte Sprossen vorüber war und die Fallzahlen bundesweit zurück gingen, musste die Quelle diesmal mit hoher Wahrscheinlichkeit der Mensch bzw. durch den Menschen kontaminiertes Essen sein. Deshalb wurden bereits einen Tag später, also am 20. Juni, Stuhlprobenröhrchen an die drei Mitarbeiterinnen der Essensausgabe in der Altenbekener Grundschule und die Mitarbeiter des Caterers geliefert, der die Schule mit Essen versorgt. Vorsorglich wurden bei der Betriebsbegehung noch am gleichen Tag – sowohl in der Schule als auch beim Caterer – Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen durch das Paderborner Gesundheitsamt angeordnet. Am 27. Juni trafen die Testergebnisse ein: Der Koch des Caterers und die drei Mitarbeiterinnen in der Essensausgabe der Altenbekener Schule waren im Suchtest auf EHEC positiv. Am 29. Juni wurde die Küchenhilfe des Cateres ebenfalls positiv getestet. Eine weitere Betriebsangehörige erwies sich wenig später ebenfalls als positiv. Das Unternehmen beliefert zudem Kunden über „Essen auf Rädern“ und verkauft Essen im Ladengeschäft. Auch aus diesem Bereich erkrankten zwei Menschen durch EHEC-Erreger. Der 88jährige Mann entwickelte zusätzlich ein HU-Syndrom. EHEC-Erreger können auf vielfältige Art und Weise übertragen werden. Dabei handelt es sich stets um die unbeabsichtigte orale Aufnahme von Fäkalspuren, z.B. beim Verzehr kontaminierter Lebensmittel. EHEC-Erreger werden mit dem Stuhl ausgeschieden und können bereits in geringer Zahl bei oraler Aufnahme (EHEC-Erreger wird gegessen) zu einer Erkrankung führen.

Der Kreis Paderborn muss in einer solchen Situation Rechtsgüter gegeneinander abwägen. Die wirtschaftlichen Interessen des Caterers mussten gegen die Gesundheit der Bevölkerung des Kreises Paderborn abgewogen werden. Das Gut Gesundheit hat immer höchste Priorität. Aufgrund der vielen Kreuzungswege zwischen Küche, Metzgerei und Lagerräumen konnte nicht ausgeschlossen werden, dass der Erreger im Betrieb verschleppt worden war. Also musste die mögliche Quelle bei ausreichendem Verdacht mit aller Konsequenz geschlossen und sämtliche Maßnahmen getroffen werden, um eine weitere Ausbreitung und damit Ausweitung des Geschehens zu verhindern. Deshalb hat der Landrat des Kreises Paderborn, Manfred Müller, die Entscheidung getroffen, den Namen des Caterers am 28. Juni öffentlich zu machen, um die Menschen flächendeckend erreichen und warnen zu können, Produkte dieses Caterers nur durchgegart zu verzehren. Das Gesundheitsamt warnte in dieser Erklärung jene, die dort ebenfalls gegessen hatten, bei möglichen EHEC-Symptomen wie blutiger Durchfall das Krankheitsgeschehen schnellstmöglich abklären zu lassen. Mittlerweile steht auch labordiagnostisch fest, dass sowohl die drei schwer erkrankten Kinder als auch das Küchenpersonal des Caterers nachweislich mit dem gefährlichen EHEC-Erreger O 104: H4 infiziert sind. Vor diesem Hintergrund erfolgt nun die Beantwortung der Fragen:

Wenn man doch angeblich auf der Suche nach der „Quelle“ ist, warum werden unsere Zulieferer nicht genauso untersucht wie wir?

Bei der ersten Erkrankungswelle spielten nach derzeitigem Forschungsstand mit dem EHEC-Erreger kontaminierte Sprossen, also Handelswaren, eine Rolle. Mit dem EHEC-Erreger belastete Sprossen waren auch über einen Obst- und Gemüsegroßhändler in den Kreis Paderborn gelangt. Bei dem aktuellen, begrenzten Ausbruchsgeschehen in Altenbeken musste es diesmal mit hoher Wahrscheinlichkeit der Mensch sein, der Essen zubereitet und potenziell verunreinigen kann. Deshalb stand bald nach den ersten Ermittlungsergebnissen der Küchenbereich im Fokus, also jener Ort, an dem das Essen durch mangelnde Hygiene über Hände oder verunreinigte Küchengerätschaften, Flächen, Töpfe usw. verunreinigt werden kann. Handelswaren kommen in diesem Zusammenhang kaum in Betracht, weil dann über die Zuliefererschiene überall in der Region weitere Erkrankungsherde aufgeflammt wären. Für weitere Zulieferer, z.B. zu Fleisch- und von Molkereiprodukten, konnten keine epidemiologischen Zusammenhänge festgestellt werden, zumal es sich um ein lokal sehr eng begrenztes Geschehen handelt.

Selbst geringe Erregermengen reichen, um das Essen zu verunreinigen. Die Kontamination kann auch beim Umfüllen und Portionieren durch unsaubere Hände oder Küchengeschirr geschehen. Das Ausbruchsgeschehen in Altenbeken war in einer Telefonkonferenz dem Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit NRW und dem Robert Koch-Institut vorgestellt worden. Der Weg über die Küche des Caterers war vor allem vom RKI als sehr wahrscheinlich eingestuft worden. Diese Einschätzung deckte sich auch mit den Ergebnissen des Kreisgesundheitsamtes und des Amtes für Verbraucherschutz und Veterinärwesen des Kreises Paderborn. Das Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit NRW hat dem Paderborner Kreisgesundheitsamt soeben schriftlich bestätigt, dass auch dort davon ausgegangen wird, dass die Quelle im Küchenbereich des Caterers anzusiedeln ist.

Wie sinnvoll erscheint vor diesem Hintergrund die Vernichtung unseres gesamten Warenbestandes?

Der gesamte Warenbestand wurde von dem Unternehmen freiwillig – also ohne behördliche Anordnung – vernichtet, nachdem sich der Betriebsinhaber mit seinem Rechtsbeistand und dem zur fachlichen Unterstützung beauftragten Hygieneinstitut beraten hatte. Die Entscheidung des Unternehmens wurde durch die Kreisbehörden sehr unterstützt. Einvernehmen bestand darin, hier einen „sauberen Schnitt“ zu tätigen. Nicht zuletzt auch, um die Reinigungs- und Desinfektionsmaßnahmen so gründlich und früh wie möglich abschließen und damit den Betrieb wieder aufnehmen zu können.

Warum wird von Seiten des Kreisamtes mit Vehemenz behauptet, eine unserer Essenslieferungen sei belastet gewesen, wenn sie doch wissen, dass es nicht unser (bei uns hergestelltes Essen) gewesen sein kann, sondern nur die Kaltlieferungen, die gar nicht aus unserem Hause stammen? Warum wurde das nie kommuniziert?

Sämtliche Rückstellproben seit dem 14. Juni sind negativ, also EHEC frei. Die drei nach Pfingsten erkrankten Kinder in Altenbeken müssen sich jedoch aufgrund der Inkubationszeit in der Woche vor Pfingsten, also zwischen dem 6. und 10. Juni, mit dem EHEC-Erreger angesteckt haben. Aus der Essenscharge vor dem 14. Juni existierten jedoch keine Rückstellproben mehr, so dass ein Beweis – weder in die eine noch die andere Richtung - geführt werden kann. Weder die Warm- noch die Kaltlieferungen standen im Kern des Verdachts. Also nicht das Lebensmittel an sich sondern viel eher die Verunreinigung bei der Portionierung bzw. Verpackung und Umfüllung. Ein verunreinigter Topf oder eine verunreinigte Kelle oder ein verunreinigter Schwamm durch die Hand eines so genannten Ausscheiders können das Lebensmittel verunreinigen. Geringe Mengen reichen.

Wenn doch an der Grundschule Altenbeken so viele EHEC-Fälle auftreten, warum wurden an dieser Schule vor der Desinfektion keine Umgebungsuntersuchungen auf ecoli vorgenommen?

Die am 22. Juni im betreffenden Betrieb entnommenen Tupferproben dienten zur vorsorglichen Abklärung des Hygienezustandes im Betrieb, eine im Rahmen der Eigenkontrollen übliche Methode. Über die am 30. Juni genommenen 40 Tupferproben sollte dokumentiert werden, dass der Betrieb auch gründlich gereinigt und desinfiziert worden war. Auch dies ist in der Lebensmittelbranche gängige Praxis. Die so genannten Tupferproben, die in dem Unternehmen gezogen wurden, dienen der Klärung, ob der Betrieb auch gründlich gereinigt und desinfiziert worden ist. Solche Proben werden also nicht vorher sondern nachher gezogen. Das ist auch in der Altenbekener Schule so durchgeführt wurden. Die Proben waren negativ, also Reinigung und Desinfizierung erfolgreich durchgeführt.

Warum werden in dem nun begonnenen Massentest nur unsere Kunden getestet? Warum wird hier nicht breiter untersucht, zumal auch das Gesundheitsamt von weiteren EHEC-Vorkommnissen insbesondere in Bad Lippspringe weiß, die nicht mit uns in Zusammenhang zu bringen sind. Will man vielleicht gar keine andere „Quelle“ finden? Sucht man nur nach Scheinbestätigungen für die verhängten Maßnahmen?

Der so genannte Massentest wird in Absprache mit dem Robert Koch- Institut und dem Landesinstitut für Gesundheit und Arbeit NRW in einem abgestuften Verfahren durchgeführt. Die Reihenfolge wurde wie folgt festgelegt: Ca. 175 Personen, die in Einrichtungen Essen ausgegeben haben. Ca. 500 Kinder aus 25 Schulen und Kindergärten, die in der Schule gegessen haben. Ca. 235 Kunden, die „Essen auf Rädern“ beziehen. Der Test dient der Klärung des lokalen Ausbruchsgeschehens. Das Robert Koch-Institut erhofft sich insbesondere darüber Aufschluss, wie sich der Erreger vor allem unter Kindern verbreiten konnte.

Im Zuge der ersten Ansteckungswelle im Mai, also wohl über kontaminierte Sprossen, die ein einheimischer Obst- und Gemüsegroßhändler bezogen und an das Hotel- und Gaststättengewerbe, Kantinen sowie Caterer geliefert hat, gab es auch EHEC-Fälle in Bad Lippspringe, die den Kreisbehörden bekannt sind. Bei einem weiteren Caterer waren seinerzeit Proben von Salat und Gemüse gezogen worden, die negativ waren. Am 10. Juni hatten das Robert-Koch-Institut (RKI), das Bundesamt für Verbraucherschutz und Lebensmittelsicherheit (BVL) sowie das Bundesinstitut für Risikobewertung (BfR) bekannt gegeben worden, dass es „die Sprossen“ waren. Also kein Infektionsgeschehen in einer Küche - wie beim jetzigen Geschehen - sondern mit hoher Wahrscheinlichkeit Infizierung über ein Lebensmittel, das EHEC-belastet in den Kreis gelangt ist.

Warum schafft es die Kreisbehörde nicht, die Testergebnisse unserer Mitarbeiter, die uns und laut Laborbestätigung dem Kreisamt bereits seit Montagmittag vorliegen, umgehend zu bearbeiten und die verhängten Arbeitsverbote umgehend wieder aufzuheben. Der Vorgang hat mehr als 1 ½ Tage gedauert und unsere Betriebsaufnahme so lange verzögert. Absicht oder Unvermögen?

Die Testergebnisse sind Montag und Dienstag sukzessive über eine Faxnummer eingetroffen, die das Paderborner Kreisgesundheitsamt dem Labor mitgeteilt hatte. Dabei handelt es sich um ein PC-Fax, auf das sechs Mitarbeiter Zugriff haben, um die Faxe schnellstmöglich entgegen nehmen zu können. Das betroffene Unternehmen aus Bad Lippspringe hat in dieser Phase zusätzlich mehrere Faxnummern des Paderborner Kreishauses genutzt, um seinerseits Laborberichte zu faxen. Diese Berge an Papier mussten von Mitarbeitern des Kreisgesundheitsamtes auseinander sortiert, geprüft und zugeordnet werden.

Ein solches Arbeitsverbot kann erst dann aufgehoben werden, wenn drei unauffällige Stuhlproben in Folge im Abstand von ein bis zwei Tagen abgegeben werden. Auch diese Maßnahme dient der Gefahrenabwehr und dem Schutz der Bevölkerung.

 

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