15. Oktober 2020

Afrikanische Schweinepest in Brandenburg – Kreis Paderborn bereitet sich weiter auf den Krisenfall vor

- Keine Lebensmittel in der freien Natur entsorgen, verendete Wildschweine sollten umgehend den Kreisveterinären gemeldet werden

In Brandenburg sind weitere Fälle der Afrikanischen Schweinepest (ASP) aufgetreten. Das TSIS (Tierseucheninformationssystem) registriert aktuell 69 Fälle der ASP bei Wildschweinen (Stand: 15.10.2020). Auch wenn die Tierseuche über 500 km vom Kreis Paderborn entfernt grassiert, sind auch die Landwirte im Kreis Paderborn „zutiefst besorgt“, sagte Kreislandwirt Johannes Giesguth bei einem gemeinsamen Treffen in den Räumen der Landwirtschaftlichen Kreisverbandes in Paderborn. Ein Übergreifen auf Hausschweinbestände hätte katastrophale Folgen für die Landwirtschaft und die fleischverarbeitende Industrie. Bereits durch die ersten Fälle in Brandenburg bei Wildschweinen haben viele Länder einen Importstopp verhängt,

„die Preise für Schweinefleisch sind reflexartig gefallen“, bekräftigte Giesguth.

Für den Menschen ist die Tierseuche ungefährlich. Auch vom Verzehr von gegebenenfalls kontaminiertem Fleisch gehe keine Gefahr für die Gesundheit aus, sagt das Bundesministerium für Ernährung und Gesundheit. Für Schweine ist die ASP allerdings in jedem Fall tödlich. Bislang gibt es noch keinen einsatzfähigen Impfstoff, um Hausschweine vor einer Infektion wirksam zu schützen.

Übertragen wird die ASP von Tier zu Tier. Aber niemand glaubt ernsthaft, dass die Wildschweine in Brandenburg bis nach Paderborn wandern. Durch intensive Kadaversuche, Einzäunung des Kerngebietes, Jagdruhe sowie Betretungs- und Ernteverbote sind die Behörden in Brandenburg bemüht, das Schwarzwild nicht weiter zu beunruhigen und in die Flucht zu treiben. Doch es ist der Mensch, der das Virus verbreiten könnte, beispielsweise durch virenbehaftete Transportfahrzeuge, Kleidung, Schuhe oder auch Schlacht- und Speiseabfälle. Genau diese Art der möglichen Ansteckung bereitet den Behörden in der Reisezeit und auch den Herbstferien große Sorgen.

„Ein einziges weggeworfenes oder mitgebrachtes Wurstbrot reicht“, warnt Dr. Elisabeth Altfeld, Leiterin des Amtes für Verbraucherschutz und Veterinärwesen. Das Virus ist nicht nur hoch ansteckend sondern auch äußerst widerstandsfähig: In Fleisch- und Wurstwaren kann es sich monatelang halten, in Gefrierfleisch sogar bis zu sechs Jahre. „Speisereste, die Reisende oder Fernfahrer an Tankstellen, Raststätten oder Autobahnparkplätzen wegwerfen, sind eine Gefahr. Werden infizierte Fleisch- und Wurstreste von Wildschweinen gefressen, tragen diese dann den Virus in sich und können ihn weiterverbreiten“, warnt Altfeld.

Deshalb sollten Lebensmittelreste auf keinen Fall achtlos in die freie Landschaft geworfen werden. Auch sollten Jäger von Jagdreisen nach Brandenburg absehen, um das ASP- Virus nicht wissentlich zu verschleppen.

Eingeladen zu dem Treffen mit Vertretung n der Land- und Forstwirtschaft sowie der Jägerschaft hatte der Krisenstabsleiter des Kreises Paderborn, Michael Beninde, um den Stand der Vorbereitungen zu prüfen. Als der erste Fall der ASP am 10. September bei einem Wildschwein-Kadaver im Landkreis Spree-Neiße bekannt wurde, „war niemand überrascht. Alle wussten, dass die Tierseuche kommt. Es war lediglich eine Frage der Zeit“, betonte Hubertus Beringmeier, Vorsitzender des Landwirtschaftlichen Kreisverbandes Paderborn und Präsident des Westfälisch-Lippischen Landwirtschaftsverbandes. Bereits seit einigen Jahren grassiert das ASP-Virus in Wildschweinpopulationen in Osteuropa und rückt seitdem immer weiter Richtung Westen. Im September 2018 wurde die erste Infektion in Belgien nur 60 Kilometer entfernt von der deutschen Grenze nachgewiesen. Doch es gibt auch ein positives Beispiel. In Tschechien gelang die Eindämmung des Ausbruchsgeschehens.

„Wir bereiten uns seit Monaten intensiv vor. Hier arbeiten alle gut zusammen“, unterstrich Beringmeier.

Mit der Gründung der Wildtierseuchen-Vorsorge- Gesellschaft sei in NRW ein wichtiges Instrument zur Bekämpfung auch der ASP geschaffen worden. Gesellschafter sind u.a. der Landesjagdverband NRW und die landwirtschaftlichen Berufsverbände in NRW. Die meisten Bauernhöfe seien wilddicht eingezäunt, um eine Verschleppung des Virus in Hausschweinbestände zu verhindern. Mit Blick auf die angespannte Lage auf dem Schweinemarkt auch in Nordrhein-Westfalen rät Beringmeier, der auch gleichzeitig Sprecher für den Bereich der Schweinehaltung im Deutschen Bauernverband ist, den Schweinehaltern, von der Möglichkeit Gebrauch zu machen, bereits jetzt als ASP-Status Betrieb anerkannt zu werden. Sollte der Betrieb im Fall eines ASP-Ausbruchs in einer Restriktionszone liegen, können Schweine unter erleichterten Bedingungen vermarktet werden.

Berthold Antpöhler, Vorsitzender der Kreisjägerschaft Paderborn, wirbt für den Verzehr von Wildschweinfleisch.

„Das Fleisch ist sehr schmackhaft und Bio pur“, betont Antpöhler. Die Jägerinnen und Jäger leisteten ihren Beitrag zur Reduzierung des Schwarzwildbestandes, um dem Virus so wenig „Wirte“ wie möglich zu bieten. Allein im vergangenen Jahr sei der Bestand um 3000 Stück gemindert worden. Allerdings sei der Vermarktungspreis mit 25 Cent je Kilo eine Katastrophe. Die Aufwandsentschädigung von 40 Euro, die der Kreis den Jägern pro Frischling zahle, hob er lobend hervor.

Die Dezimierung der Wildschweinbestände ist ein wirksames Mittel zur Vorbeugung der ASP. Franz-Josef Freiherr von und zu Brenken von der Forstverwaltung Erpenburg, und Mitglied der ASP-Sachverständigengruppe des Landes NRW warnte jedoch vor zu vielen Drückjagden im Wald. Er warb dafür, das Schwarzwild ein bis zwei Mal pro Jahr konzentriert zu bejagen, da es ansonsten in die Felder ausweiche und dort Schäden anrichte.

Kreisjagdberater Franz Lödige unterstrich die Auswirkungen des Klimawandels, der für ein ganzjähriges Futterangebot in Feld und Wald sorge. Lödige warb für ein intensives Zusammenwirken von Jägern und Landwirten. Zum Beispiel ein simpler Kleestreifen in Rapsfelder könne helfen, trotz der hoch stehenden Pflanzen eine Bejagung zu ermöglichen.

„Funde von toten Wildschweinen sollten sofort dem Amt für Verbraucherschutz und Veterinärwesen gemeldet werden“, unterstreicht Kreisveterinärin Dr. Marlies Bölling, telefonisch unter 05251 308-3901 oder
05251 308-3952, per E-Mail veterinaeramt@kreis-paderborn.de.

Die Meldung ermöglicht den Behörden die schnelle Sicherung und Untersuchung des aufgefundenen Wildschweines.

 
 
 

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