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09. Januar 2020

Jung und männlich – im Pflegeheim der Renner

Bildungs- und Integrationszentrum ermöglicht Schülern Praktika am Wochenende - 2020 nimmt erstmals Pflegeeinrichtung aus Delbrück teil

Siglinde Eichstädt, Bewohnerin im Martinstift ist 92 Jahre alt und freut sich schon auf ihren 100 Geburtstag. Schüler Sami hilft ihr und den anderen Bewohnern während seines Praktikums.  Bildrechte: Kreis Paderborn, Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Meike Delang 
Siglinde Eichstädt, Bewohnerin im Martinstift ist 92 Jahre alt und freut sich schon auf ihren 100 Geburtstag. Schüler Sami hilft ihr und den anderen Bewohnern während seines Praktikums. Bildrechte: Kreis Paderborn, Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Meike Delang

Teenager, die freiwillig am Wochenende arbeiten? „Manche Eltern halten das für ein Gerücht, aber so etwas gibt es wirklich!“, lacht Petra Münstermann vom Bildungs- und Integrationszentrum des Kreises Paderborn, die selbst Mutter eines Teenagers ist. Beim Projekt „Schule und Betrieb am Samstag“ (SchuBS) machen Schülerinnen und Schüler der 9. und 10. Klasse genau das: An zehn beziehungsweise 20 Wochenenden lernen sie in Pflegeeinrichtungen oder Technikbetrieben den Arbeitsalltag kennen. Finanziert wird das Projekt vom Kreis Paderborn und der Agentur für Arbeit.
„Pflege und Technik sind beides Bereiche, in denen Auszubildende und Fachkräfte dringend gesucht werden. Deshalb geben wir den Schülern aller weiterführenden Schulen mit SchuBS die Möglichkeit, diese Berufe intensiver kennenzulernen, als das bei einem kurzen Schulpraktikum möglich ist“, erklärt Münstermann. Mit den vielen interessanten und spannenden Erfahrungen, die die Schüler bei SchuBS machen, werden sich später dann einige von ihnen für eine Ausbildung in dieser Richtung entscheiden, hoffen die Verantwortlichen. Rund 110 Schüler nehmen jedes Jahr an dem Programm teil. Einer von ihnen: Esmatullah Jafari (17), den alle nur Sami nennen.
Sami kam vor drei Jahren aus Afghanistan nach Deutschland. Wie viele seiner deutschen Altersgenossen steht er vor der großen Frage, was einmal aus ihm werden soll. „Mein Traum ist es Polizist zu werden. Dafür brauche ich aber die deutsche Staatsangehörigkeit. Als SchuBS dann in unserer Klasse vorgestellt wurde, habe ich mich entschlossen, daran teilzunehmen. Denn bei beiden Berufen, Polizei und Pflege, geht es darum, Menschen zu helfen“, erzählt der 17-Jährige, der nach drei Jahren in Deutschland bemerkenswert gut die Sprache gelernt hat. Und noch etwas hat Sami mit seinen deutschen Altersgenossen gemein: die anfängliche Scheu vor den älteren Bewohnern der Pflegeeinrichtungen.
„Pflege ist etwas sehr Intimes. Wir müssen die Schüler erst an unsere Bewohner heranführen. Anfangs sind sie erst sehr still und zurückhaltend. Dann verändert sich ihr Verhalten und sie lernen auf die älteren Menschen zuzugehen“, berichtet Regina Wegener, Pflegedienstleitung im Ev. Martinsstift in Bad Lippspringe. Seit fünf Jahren nimmt die Einrichtung am SchuBS-Projekt teil, hat auch schon eine Teilnehmerin später als Auszubildende übernommen. Wenn sich Ausbildungssuchende bei ihr bewerben und ein SchuBS-Zertifikat vorlegen können, ist das für sie ein gutes Signal. „Die Schüler haben freiwillig in ihrer Freizeit daran teilgenommen. Außerdem ergibt sich daraus eine ganz andere Gesprächsbasis. Die Bewerber wissen dann schon, was ihnen gefallen oder auch weniger gefallen hat“, so Wegener. Eine Einschätzung, die Petra Münstermann von vielen Arbeitgebern zurückgespiegelt bekommt. „SchuBS-Teilnehmer haben gezeigt, dass sie diszipliniert und verlässlich sind. Für viele Arbeitgeber ist das ein absoluter Pluspunkt bei der Bewerbung“, so die Pädagogin.
Jung und männlich – damit war Sami auch im Pflegeheim ein Renner. „Sami hat eine wunderbar freundliche Ausstrahlung“, erzählt Ausbilderin Wegener und damit kam er bei den weiblichen Bewohnern des Martinsstifts gut an. So gut, dass sie ihm nach Ende von SchuBS gleich einen Praktikumsplatz anbot und hofft, dass er sich danach vielleicht für eine Pflegeausbildung entscheidet. „Mit alten Leuten hatte ich vorher noch nicht so viel Erfahrung“, erzählt Sami. Pflege ist ihm dagegen leider nicht fremd. „Vor einigen Jahren starb meine Mutter. Sie war sehr krank, mein Vater musste arbeiten und so pflegte ich sie“, erzählt der 17-Jährige, der allein nach Deutschland kam. Beim SchuBS-Praktikum machte ihm dann auch die Aufgaben am meisten Spaß, bei der er die meiste Verantwortung übernehmen durfte: das Waschen und Ankleiden der Bewohner. Aber auch die Beschäftigung mit den Senioren, das gemeinsame Spazierengehen, die Unterhaltungen über Fußball oder das Leben der Bewohner hat ihn beeindruckt.
Ob er nach dem Schulabschluss eine Ausbildung als Pfleger beginnen will? Da ist sich Sami noch nicht sicher. Jetzt macht er erstmal sein Schulpraktikum im Martinstift und kann sich dabei weiter um die Bewohner kümmern, die ihm ans Herz gewachsen sind. „Die Erkenntnis, dass der Beruf nichts für einen ist, kann natürlich auch ein mögliches Fazit aus dem SchuBS-Praktikum sein“, so Münstermann vom Bildungs- und Integrationszentrum. Aber auch mit dieser Erkenntnis seien die jungen Schülerinnen und Schüler einen großen Schritt weiter bei der schwierigen Suche nach der passenden Berufswahl.
Im März startet der diesjährige SchuBS-Durchgang. In verschiedenen Pflegeeinrichtungen können Schüler ihr freiwilliges Praktikum absolvieren. Dieses Jahr ist erstmals auch eine Pflegeeinrichtung aus Delbrück dabei. Bewerbungen sind ab sofort möglich.

 
 
 

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