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10. Juni 2016

Wie sicher sind Windkraftanlagen?

Landrat Manfred Müller beantwortet Anfrage der SPD-Kreistagsfraktion zu Risiken, gesetzlichen Grundlagen und möglichen Ermessensspielräumen

Windrad © 3dtool / Fotolia 
Windrad © 3dtool / Fotolia

Zwei Havarien von Windkraftanlagen innerhalb eines halben Jahres lösten im Kreis Paderborn eine Diskussion über die Sicherheit von Windkraftanlagen aus. Landrat Manfred Müller beantwortet die Anfrage der SPD-Kreistagsfraktion zu Risiken, gesetzlichen Grundlagen und möglichen Ermessensspielräumen seitens des Kreises Paderborn als Genehmigungsbehörde in Form einer Sitzungsvorlage für die Kreistagssitzung am kommenden Montag, um 18 Uhr im Großen Sitzungssaal des Paderborner Kreishauses.
Gibt es generell und lokal Erkenntnisse über die Ursachen von Schäden an Windkraftanlagen, welche Konsequenzen ergeben sich daraus und gibt es auch Auflagen zum Einbau von Eisdetektoren, lautete eine der drei Fragen sinngemäß. Jede Schadensbeurteilung erfolge individuell. In jedem Einzelfall werde über Sachverständigengutachten der Nachweis der Standsicherheit angefordert, heißt es in der Antwort des Landrats. So auch im jüngsten Fall: Das am 22. Mai bei einem Unwetter zerstörte Windrad in Dörenhagen ist per Ordnungsverfügung seitens des Kreises Paderborn stillgelegt worden und darf vorerst nicht repariert werden. Ob tatsächlich ein Blitz oder eine Sturmböe dazu führte, dass zwei der tonnenschweren Flügel sich lösten und bis zu 200 m weit ins angrenzende Feld flogen, ist noch völlig offen. Der Betreiber muss zunächst die Standsicherheit der Anlage gutachterlich nachweisen. Zudem hat der Kreis die Wartungsprotokolle angefordert. Von ihrer Auswertung versprechen sich die Fachleute Hinweise, was zur Havarie geführt haben könnte und welche Folgen sich daraus für den Betreiber ergeben. Die Anlage des Typs Tacke TW 600 war im September 1994 genehmigt worden. Im Kreisgebiet (einschließlich Stadt Paderborn) stehen derzeit 13 weitere Windräder desselben Typs. Auch die Wartungsprotokolle dieser Anlagen werden ausgewertet.
Der Einbau von Eisdetektoren wird derzeit seit 2002 auf Basis eines Windkrafterlasses gefordert und im Zuge des Genehmigungsverfahrens überprüft. Bei Eisbildung schalten sich die Anlagen automatisch ab. Dass ein Restrisiko bleibt, sieht auch der Gesetzgeber: Der Erlass fordert vom Betreiber der Anlage, dass auf die verbleibende Gefährdung bei Rotorstillstand bzw. Trudelbetrieb deshalb durch Schilder hinzuweisen ist.

Primäre Grundlage für die Erteilung der Genehmigung von Windkraftanlagen sei das Bundesimmissionsschutzgesetz, heißt es in der Vorlage weiter. Zusätzlich werden andere öffentlich-rechtliche Vorschriften geprüft. Anforderungen an die Standsicherheit und die Abstandsflächen von Windrädern sind in der Bauordnung NRW geregelt. Weitere Vorschriften finden sich im nordrhein-westfälischen Windenergieerlass, der sich wiederum auf eine „Richtlinie für Windenergieanlagen; Einwirkung und Standsicherheitsnachweis für Turm und Gründung“ bezieht. Landrat Manfred Müller hatte bereits in einer Mitteilungsvorlage im Februar nach der ersten Havarie einer Windkraftanlage in Neuenbeken den Kreistag darüber informiert, dass diese ab der Fassung in 2004 wiederkehrende Prüfungen in Zuständigkeit des Betreibers vorsieht. In der Richtlinie sind die dafür zugelassenen Institute namentlich aufgeführt. Das Oberverwaltungsgericht NRW sieht die regelmäßige Prüfung und Wartung der Rotorblätter und anderer Bauteile sowie den Einsatz von Unwucht Sensoren als geeignete und ausreichende Maßnahme an, um eine unzulässige Gefährdung von Menschen auszuschließen. Weitergehende Forderungen seien derzeit weder im Bundesimmissionsschutzgesetz noch im Baurecht vorgesehen.

Im Fernstraßengesetz seien die Abstände zu Bundesautobahnen und Bundesstraßen zu Ortsdurchfahrten geregelt. In den jeweiligen Straßen- und Wegegesetzen des Landes NRW finden sich die geforderten Abstände zu Landesstraßen, Kreisstraßen, Gemeindestraßen und sonstigen öffentlichen Straßen, heißt es in der aktuellen Sitzungsvorlage. Die jeweils zuständige Straßenbaubehörde werde im Zuge des Verfahrens beteiligt und um Stellungnahme gebeten. Sofern alle gesetzlich geforderten Abstände eingehalten werden, gibt es keinen Grund, an dieser Stelle die Genehmigung zu versagen. „Der Beurteilungs- und Ermessenspielraum ist im Genehmigungsverfahren auf Grund der Vorgaben der Regelwerke sehr gering, bei § 6 BImSchG handelt es sich um einen gebundenen Rechtsanspruch“, heißt es wörtlich in der Sitzungsvorlage. Einfach formuliert heißt das: Wenn alle Voraussetzungen erfüllt sind, muss die Behörde den jeweiligen Verwaltungsakt erlassen. Erfüllt also ein Antragsteller alle Bedingungen, hat er einen Rechtsanspruch auf Genehmigung.

Die letzte Frage im SPD-Antrag zielt auf die Frage, wer schadensersatzpflichtig ist und ob es auch den Kreis Paderborn treffen könne, wenn er Anlagen abschalten würde. Für den sicheren Betrieb von Windkraftanlagen und deren Wartung seien in erster Linie die Betreiber verantwortlich. Die Nichteinhaltung ihrer Verkehrssicherungspflichten könne zu Schadensersatzansprüchen führen, heißt es in der Antwort. „Ist der Kreis Paderborn gehalten, auf Grund einer konkreten Gefährdung, etwa einer Materialermüdung, eine Windenergieanlage im Betrieb stillzulegen, ist er hierfür nicht schadensersatzpflichtig, wenn diese Maßnahme zur Abwendung von Gefahren erforderlich ist“, so der Wortlaut in der Sitzungsvorlage. Auf einen pauschalen Verdacht hin darf also grundsätzlich keine Anlage stillgelegt werden. In jedem Einzelfall müsste eine solche konkrete Gefährdung nachgewiesen werden.

 
 
 

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