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08. April 2020

„Wir dürfen Familien mit Problemen nicht alleine lassen“

Kinderschutz in Zeiten von Corona

Leiter des Kreisjugendamtes Günther Uhrmeister, Kreis Paderborn. Foto: © Kreis Paderborn 
Leiter des Kreisjugendamtes Günther Uhrmeister, Kreis Paderborn. Foto: © Kreis Paderborn
Diese Tage richtet sich die öffentliche Aufmerksamkeit vornehmlich auf ältere Menschen und die Frage, wie diese Risikogruppe vor einer Ansteckung vor Corona geschützt werden kann. Doch der Kreis Paderborn richtet seine aufmerksamen Augen auch auf eine weitere gefährdete Gruppe: Kinder aus problematischen Familienverhältnissen.

„Gerade jetzt müssen wir alle Türen im Kindesschutz offenhalten.
Wir dürfen Familien mit Problemen nicht alleine lassen und müssen auch die stillen Hilferufe wahrnehmen“, mahnt Landrat Manfred Müller.
 

Auch in Zeiten des Kontaktverbotes gehen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kreisjugendamtes jeder Meldung einer Kindeswohlgefährdung nach.

„Wenn besorgte Menschen uns benachrichtigen, besuchen unsere Kinderschützer weiterhin die Familien“, erklärt Jugenddezernent Dr. Ulrich Conradi. Zu ihrem Schutz und den Schutz der Familie tragen die Kreismitarbeiter Schutzmasken und bringen auch Masken für die Familien mit. Die Gespräche werden mit Abstand geführt, am besten eignet sich dafür – soweit vorhanden – der Garten oder Balkon. Die Krise ist mit Blich auf die zusätzlichen Vorsichtsmaßnahmen für alle Beteiligten auch eine Chance, sich auch in der der Kinderschutzprüfung mit noch mehr wechselseitigem Respekt zu begegnen. „Wir sprechen weiterhin mit allen Familienmitgliedern, den Kindern und den Erwachsenen. Keinesfalls werden wir die Standards des Kinderschutzes aufweichen, auch wenn wir jetzt unter schwierigeren Bedingungen arbeiten“, so Dr. Conradi.

Aber nicht nur das Jugendamt ist in diesen Tagen besonders gefragt. In allen Kommunen des Kreises Paderborn gibt es Netzwerke für frühe Hilfen und den Kindesschutz. Auch sie achten jetzt ganz besonders auf Hilferufe und gehen auf die Familien zu: Lehrer, Schulsozialarbeiter, Erzieher und auch unsere Beratungsstellen kennen ihre Sorgenkinder und wir wissen von vielen engagierten Pädagogen, die jetzt trotz Schließung der Einrichtungen bei den Familien anfragen, wie es läuft“, freut sich der Jugendamtsleiter Günther Uhrmeister über eine Kultur des präventiven Kindesschutzes im Kreis.

Zurzeit verzeichnet der Kreis keine auffallende Veränderung in der Zahl der Gefährdungsmeldungen – weder sinkend noch steigend. Trotzdem sei konzentrierte Achtsamkeit jetzt besonders gefragt und auch Zivilcourage im Kindesschutz, trotz und gerade wegen der sozialen Abstandsregeln. Es gebe viele gute Initiativen im Kreis Paderborn, angefangen von der Online-Kita in Hövelhof bis hin zu kreativen Kontaktformen in den frühen Hilfen. Und noch besser: „Wir sind aktiv, wir agieren und wir warten nicht ab, bis etwas passiert. Das ist genau das, was wir im Kindesschutz jetzt brauchen“, sieht der Landrat auch gute Nachrichten in der Krise und ein stabiles Bündnis für den Kindesschutz.

Neben der Überprüfung von akuten Meldungen der Kindeswohlgefährdung betreut das Kreisjugendamt rund 500 Familien mit Problemlagen. Diesen Familien werden unterstützt, indem ihnen zum Beispiel Familienhelfer an die Seite gestellt werden, die regelmäßig die Familien besuchen. Sozialarbeiter wie Thomas Röhl aus Paderborn bleiben im Auftrag des Jugendamtes weiter an den Familien dran: „Die Face-to-Face-Begegnung ist für uns Familienhelfer unerlässlich. In Zeiten der Kontaktsperre ist Kreativität gefragt. Das reicht vom Video-Chat bis hin zum Hausbesuch am Fenster.“ Auch Aktivitäten der Familienhelfer mit den Kindern an der frischen Luft seien – mit dem nötigen Abstand – weiterhin möglich. „Und viele Eltern sind in der aktuellen Lage natürlich dankbar, wenn wir mit den Kindern für ein paar Stunden etwas unternehmen“, so Röhl.

Kindeswohlgefährdung kann in den besten Familien vorkommen und Gewalt hat viele Formen, sichtbare körperliche Gewalt genauso wie psychische Gewalt, die oft erst auf den zweiten Blick erkennbar ist. Vor allem Familien, die sich schon in „gesunden Zeiten“, zurückgezogen haben, wegen Krankheiten weniger belastbar sind oder Kinder haben mit besonderen erzieherischen Anforderungen, die haben jetzt weniger Reserven. Die fehlende Tagesstruktur und das erzwungene Auf-einander-Hocken kann zu Stress führen und lässt Konflikte schneller eskalieren. Aber es gibt auch die andere Seite der Medaille: „Für viele ist der Streit im Moment nicht mehr so wichtig, die Gesundheit geht vor!“ beschreibt der Jugendamtsleiter eine positive Nebenwirkung der Krise.

Auch für die Sicherheit und die Arbeitsfähigkeit seiner Kinderschutz-Mitarbeiter hat der Kreis vorgesorgt. Die Mitarbeitenden sind nun in drei Teams aufgeteilt, die zu unterschiedlichen Schichten ihren Dienst versehen und sich dabei nicht begegnen. „So ist sichergestellt, dass, selbst wenn ein Mitarbeiter eines Teams mit Corona infiziert ist, zwei Teams weiter für den Schutz der Kinder im Einsatz sind“, erklärt Dr. Conradi.

In diesen Zeiten zeige sich, wie unverzichtbar die Arbeit der Jugendämter sei, betont Landrat Müller:
„Unsere Kinderschützer sind nach wie vor 24 Stunden am Tag und sieben Tage in der Woche erreichbar und im Einsatz!“

Der Notruf an das Kreisjugendamt ist tagsüber über die Krisennummer

möglich, Nachts, an Wochenenden oder Feiertagen ist das Kreisjugendamt über die Rufnummer der Kreisfeuerwehrzentrale zu erreichen unter:

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Aldegreverstraße 10 – 14
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