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Pressemeldung vom 29.08.2011

Inklusion: „Ein langer Weg mit vielen Fragezeichen“ - Experten diskutierten in Paderborn über das gemeinsame Lernen von Schülern mit und ohne Behinderung -

Kreis Paderborn (krpb). Wie muss ein Bildungssystem beschaffen sein, damit behinderte und nicht behinderte Kinder in einem Klassenzimmer bzw. an einer Schule unterrichtet werden können? Wie muss eine Schule aufgestellt sein, damit die Bildungs- und Erziehungsbedürfnisse aller Schüler befriedigt werden können? In Paderborn diskutierten Vertretung aus Kindergärten und Schulen, Schulaufsicht und Verwaltung, Politik und Wirtschaft über das Thema Inklusion, so der Fachbegriff.

Im Bildungsbereich versteht man unter Inklusion einen uneingeschränkten Zugang und die unbedingte Zugehörigkeit aller Kinder – ob mit oder ohne Lernbeeinträchtigung in Form von körperlichen oder psychischen Problemen - zu allgemeinen Kindergärten und Schulen. Der Direktor der Abteilung für Schule von der Bezirksregierung Detmold, Michael Uhlich, beschrieb den Weg zur Inklusion als einen „langen Weg, der mit vielen Fragezeichen verbunden ist“, so Uhlich. Denn in NRW betritt man damit erst einmal Neuland.

Um mögliche Antworten zu finden, wurden im Rahmen der Tagung Praxisbeispiele und Beiträge von Wissenschaftlern vorgestellt. Ziel war es, „Wissenschaftler, Lehrer, Erzieher und Eltern ins Gespräch zu bringen“, so der Leiter des Bildungsbüros des Kreises Paderborn, Dr. Oliver Vorndran. Dieser zeigte sich erfreut über das große Echo, das die Tagung fand. Über 100 Teilnehmer konnten begrüßt werden, „das Interesse ist offensichtlich groß“, so Vorndran. Professor Dr. Jutta Schöler von der TU Berlin berichtete, dass sie italienisch gelernt habe, um sich im „Inklusionsland“ Italien informieren zu können. Dort, im Süden Europas, ist man seit Jahrzehnten der Meinung, dass es Aufgabe der Schulen sei, den Bedürfnissen aller Schüler nachzukommen, Sonder- bzw. Förderschulen somit nicht erforderlich seien. Den Begriff „Lernbehinderung“ könne man nicht ins Italienische übersetzen, weil man ihn dort schlicht nicht kenne, sagte Schöler. Auch in skandinavischen Ländern fehle der Begriff, weil es keine besonderen Schulen für Kinder mit Handicaps gebe. Sie sprach sich dafür aus, dass Schulen sich in Zukunft für alle Kinder in ihrem Erziehungsbereich verantwortlich sähen und außerdem als Ansprechperson für Kindergärten im Umkreis fungieren sollten. „Die Einbeziehung behinderter Kinder bietet die Chance, sich mit Verschiedenheit und Vielfalt auseinanderzusetzen“, so Schöler. Modellschulen mit inklusivem Profil seien bereits in großer Zahl vorhanden.

Eine davon ist die Ketteler Schule Bonn. Ute Henning stellte in ihrem Vortrag das Konzept der Bonner Schule vor, in der alle Kinder ohne Einschränkung wohnortnah beschult würden. Ziel ihres Weges sei es, Lernerfolge zu ermöglichen und Kinder stark zu machen. „Heterogenität ist Normalität“, betonte Henning. Beide Expertinnen stellten die Bedeutung der Zusammenarbeit mit den Eltern heraus. Sie berichteten, dass Schulen, die mit inklusiven Unterricht anfingen, „übernachgefragt“ seien – „vor allem von mittelschichtorientierten, bildungsorientierten Eltern“. Die Lehrerinnen und Lehrer müssten rechtzeitig durch geschicktes Steuern der Schulaufsicht auf das Eintreffen von behinderten Kindern gezielt vorbereitet und fortgebildet werden. So könne Inklusion gelingen und Berührungsängste aufgefangen werden.

Ulrike Stein vom Staatlichen Schulamt Jena-Stadtroda und Andreas Amend von der Stadt Jena berichteten, dass die Stadt Jena auf die Vernetzung von Schule und Jugendhilfe gebaut habe. Zuvor habe man ein gemeinsames „Bildungsleitbild“ entwickelt und vom Rat verabschiedet. Mit der Umsetzung des Inklusionskonzepts sei im Jahr 2010 begonnen worden. Jena weise ähnliche Schulstrukturen auf wie die Stadt Paderborn. In den Schulen helfen ca. 80 Integrationshelfer beim gemeinsamen Unterrichten. schöler

Prof. Klaus Klemm von der Uni Duisburg-Essen präsentierte umfangreiches Datenmaterial über die voraussichtlich benötigten Ressourcen inklusiver Beschulung in NRW in den nächsten zehn Jahren. Er setzt in seinen Kernüberlegungen im Hinblick auf den NRW-Integrationsplan auf den „Demographiegewinn“, also auf über 2000 frei werdende Stellen im sonderpädagogischen Bereich bis ca. 2020. Demnach würden in Klassen mit inklusiv beschulten Kindern durchschnittlich über zehn Lehrerwochenstunden zur Verfügung stehen. Mittelzuweisungen für Lehrerstellen in NRW würden an inklusiv arbeitenden Schulen budgetiert werden, erläuterte der Experte. Die Schulen müssten dementsprechende Nachweise inklusiver Beschulung erbringen, um die Mittel zu bekommen.

Schulträger müssten nicht immer perfekte und teure Lösungen anbieten. „Wenn wir wissen, dass ein Kind mit Rollstuhl einige Jahre in der Schule verbringt, kann auch eine geliehene Metallrampe Barrieren in der Schule beseitigen“, so Professorin Schöler.

Die Dokumentation der Fachtagung zum Nachlesen gibt`s auf den Internetseiten des Kreises Paderborn unter www.bildungsregion-paderborn.de

Bildunterzeile: Professor Dr. Jutta Schöler warb für die die Einbeziehung behinderter Kinder, da dies die Chance biete, sich mit Verschiedenheit und Vielfalt auseinander zu setzen

Die Dokumentation der Fachtagung Inklusion finden Sie hier.

 

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