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Pressemeldung vom 29.11.2013

Länderöffnungsklausel mit Spielraum: Landrat Manfred Müller schreibt an NRW-Ministerpräsidentin Hannelore Kraft -

Laut dem soeben geschlossenen Koalitionsvertrag beabsichtigt die Bundesregierung, eine so genannte Länderöffnungsklausel im Baugesetzbuch einzuführen. Diese würde es ermöglichen, länderspezifische Regeln über Mindestabstände von Windkraftanlagen zur Wohnbebauung festzulegen. Solche Möglichkeiten gab es bisher nicht. Landrat Manfred Müller bittet die Ministerpräsidentin des Landes NRW, Hannelore Kraft, in einem Schreiben darum, umgehend davon Gebrauch zu machen, sobald die neue gesetzliche Regelung steht. Möglicherweise könne das Land NRW hier auch initiativ werden. Als Mindestabstand könne er sich das Siebenfache der Gesamthöhe einer Windkraftanlage vorstellen. Da die neueste Generation von Windkraftanlagen eine Gesamthöhe von etwa 200 m habe, müsste rein rechnerisch somit ein Mindestabstand von 1400 m bis 1500 m festgeschrieben werden. Bislang seien im Kreis Paderborn Abstände von 450 bis zu höchstens 1.000 Metern möglich gewesen.

Der Landrat betont in seinem Schreiben gleichzeitig, dass der Kreis Paderborn in der Vergangenheit eine Vorreiterrolle bei der Windenergie eingenommen habe. "Ich unterstütze die Energiewende nachdrücklich" so Müller. „Aber wir müssen angesichts des bereits vorhandenen Bestandes einen Ausgleich zwischen den Zielen der Energiewende und der Wohnqualität für die Menschen herbeiführen". Es gehe auch um den gesellschaftlichen Konsens und um die Akzeptanz für die regenerativen Energien insgesamt. Die Zustimmung dazu könne schwinden, wenn nicht für jetzt noch hinzu kommende Anlagen Mindestabstände gelten würden. Ganz bewusst habe man seinerzeit im Klimaschutzkonzept des Kreises ambitionierte Ziele verankert. So soll bis spätestens 2020 eine vollständige Stromversorgung des Kreisgebiets aus eigenen, regenerativen Energiequellen gelingen. Bis spätestens 2050 könnte die komplette Strom- und Wärmeversorgung vor Ort erfolgen. Bereits jetzt beziehe der Kreis Paderborn zu über 40 Prozent seinen Strom aus erneuerbaren Energien. Zurückzuführen sei dies in erster Linie auf die Inbetriebnahme von immer leistungsstärkeren Windkraftanlagen. So positiv das auch für die CO2-Bilanz sei: Die überaus großzügige Rechtsprechung führe dazu, dass die Grenzen der Belastbarkeit für die Menschen erreicht werden könnten. Die Grenzen der gesellschaftlichen Akzeptanz, die Grenzen für das Landschaftsbild und für die Natur dürften nicht aus dem Blick geraten.

Bereits jetzt stünden 14 Prozent aller Windkraftanlagen in NRW im Kreis Paderborn. Der Kreis Paderborn trage somit einen überproportionalen Anteil an der Energiewende.
Die ersten Anlagen seien zu Beginn der 90er Jahre errichtet worden. Genehmigt worden seien seitdem 400 Anlagen mit einer installierten Leistung von etwas mehr als 500 MW. Für weitere 125 Anlagen lägen weitere Anträge vor. Der Druck der Investoren wachse weiter aufgrund der außerordentlich guten Erträge der Standorte. Deshalb begrüße er auch ausdrücklich die im Koalitionsvertrag festgelegte Absicht, die Fördersätze insbesondere bei windstarken Standorten zu senken, zumal das auch der ehemalige Präsident des Bundesverbandes Erneuerbare Energie e. V., Johannes Lackmann, selbst vorgeschlagen habe. Ganz offensichtlich rechneten sich die Windkraftanlagen auch mit deutlich weniger Einspeisevergütung. Der Strompreis werde derzeitig unnötig stark belastet. Die im Koalitionsvertrag vorgesehenen Mechanismen zur Reduzierung der garantierten Einspeisevergütung, der Zwang zur Selbstvermarktung des erzeugten Stroms, die vorsichtige Einbindung der Windkraft in die so genannte Grundlast finde seine ausdrückliche Zustimmung. Nur so ließen sich die Kosten der Energiewende volkswirtschaftlich verantworten und auch eine größere Zustimmung breiterer Bevölkerungsschichten bei dem Ziel der Stabilisierung der Strompreise erreichen.

In den vergangenen drei bis vier Jahren sei die Zahl der Genehmigungsverfahren im Kreis Paderborn signifikant angestiegen. Zunehmend würden auch Standorte außerhalb der Konzentrationszonen beantragt. Die daraus resultierenden Ablehnungen der Anträge seien zu annähernd 100 % beklagt worden. Mit nahezu ebensolchem Erfolg: Maßgeblicher Grund hierfür sei, dass das Oberverwaltungsgericht des Landes NRW die gemeindlichen Konzentrationsflächenpläne für unwirksam erklärt habe. Dabei handele es sich nicht nur um „alte“ Planungen, die den heutigen Anforderungen nicht mehr gerecht würden. Betroffen seien auch solche, die bereits aufgrund vorheriger obergerichtlicher Entscheidungen angepasst worden seien. Die Unwirksamkeit der Flächennutzungspläne habe im Kreis Paderborn zu einer Flut von neuen Anträgen geführt.

Mit dem Tempo, mit dem die Rechtsprechung die Anforderungen an eine rechtssichere Konzentrationsflächenplanung heraufgesetzt habe, könnten die Städte und Gemeinden in ihren Flächennutzungsplanverfahren kaum noch Schritt halten. Eine Planung, die nach heutigem Erkenntnisstand alle Voraussetzungen erfüllt, werde zwei bis drei Jahre später einer obergerichtlichen Prüfung unterzogen. Die Kommunen müssten also schon heute wissen, wie die Anforderungen an eine rechtssichere Flächennutzungsplanung in der Zukunft aussehen werden. Das könne kein Kommunalparlament leisten. Gerade das letzte Urteil das Oberverwaltungsgerichtes Münster vom 01.07.2013 zur Flächennutzungsplanung der Stadt Büren habe wieder neue Maßstäbe gesetzt: So müsse nun zwischen so genannten „harten“ und „weichen“ Tabukriterien unterschieden werden. Die Verunsicherung bei den Stadt- und Gemeinderäten, die die Verantwortung für die Bauleitplanung tragen, sei groß. Das sei jedoch nicht nur ein Paderborner Problem. Auch hier wünsche er sich Vorgaben, die ein höheres Maß an Rechtssicherheit schaffen würden. Nur wenn eine Chance bestehe, rechtssichere Flächennutzungsplanung zu betreiben, könne auch die verfassungsmäßig garantierte Planungshoheit der Städte und Gemeinden gewahrt bleiben. Der Gesetzgeber sei hier gefragt.

Landesweit festgeschriebene Mindestabstände von Windenergieanlagen zur Wohnbebauung zielten bereits in diese Richtung. Müller betont in seinem Schreiben, dass die Bürgerinnen und Bürger des Kreises Paderborn bereits einen großen Beitrag zur Energiewende leisteten. Und noch werde diese durch die Mehrheit der Bevölkerung mitgetragen. Aber der zunehmende Protest der Bürger, der sich insbesondere an zu geringen Abständen der Windkraftanlagen zur Wohnbebauung entlade, nehme zu. "Die Energiewende ist richtig. Dafür stehe ich selbst immer wieder ein. Aber wir müssen die Akzeptanz erhalten!" Die Menschen dürften nicht das Gefühl bekommen, ihre Lebensqualität werde beeinträchtigt. „Ich bitte Sie, Ihre durch den Koalitionsvertrag gegebenen Gestaltungsmöglichkeiten für die Bürgerinnen und Bürger in NRW zu nutzen“, heißt es abschließend in dem Schreiben.

 

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