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Pressemeldung vom 21.06.2015

Vom Leben in stiller Dunkelheit: Deutsche Gesellschaft für Taubblindheit zeigt Betroffenen Wege aus der Isolation - Informationsveranstaltung für Menschen mit Hör- und Sehbeeinträchtigungen /Taubblindheit im Paderborner Kreishaus -

Kreis Paderborn (krpb). Wie fühlt sich der Sommer an, wenn man weder sehen noch hören kann? Ist das überhaupt vorstellbar, taub und blind zu sein? Etwa 4.000 bis 9.000 Menschen in Deutschland teilen dieses Schicksal. Sie leben in stiller Dunkelheit, ihnen fehlen gleich zwei wichtige Sinne: Sie hören nicht oder kaum und sie sehen nicht oder kaum. Genaue Zahlen gibt es nicht „Denn taubblinde Menschen leben meist sehr zurückgezogen und isoliert“, sagt Hildegard Bruns von der Deutschen Gesellschaft für Taubblindheit. Mal eben den Bus oder Zug nehmen, mal eben die Mails checken oder kurz zum Einkaufen fahren: Für Taubblinde scheint der Alltag nur aus Hindernissen zu bestehen. Weil sie so zurückgezogen leben, werden sie von der Gesellschaft kaum wahrgenommen. Die Deutsche Gesellschaft für Taubblindheit möchte das ändern und taubblinden und hörsehbehinderten Menschen Mut machen, aktiv ihr Leben in die Hände zu nehmen. „Isolation ist keine zwingende Folge der Behinderung. Ein selbstbestimmtes und aktives Leben ist mit angemessener Unterstützung auch für taubblinde und hörsehbehinderte Menschen möglich“, betont Bruns. Im Rahmen des Projektes „Taubblind sein – Selbsthilfe leben lernen“ fand dazu eine Veranstaltung mit Betroffenen, Angehörigen sowie Vertretung n von Selbsthilfegruppen und Einrichtungen im Paderborner Kreishaus statt. Landrat Manfred Müller zeigte sich beeindruckt: „Wenn unsere Veranstaltung hier im Kreis Paderborn dazu beitragen kann, für die Bedarfe taubblinder und hörsehbehinderter Menschen zu sensibilisieren, dann ist das ein Riesengewinn für die Betroffenen selbst und für die Gesellschaft insgesamt“. Denn eine Gesellschaft müsse sich auch daran messen lassen, wie sie mit jenen umgehe, die auf Hilfe angewiesen seien.

Die drei Buchstaben „TBL“ im Schwerbehindertenausweis könnten für die Betroffenen eine wertvolle Hilfe sein. Doch noch gebe es derzeit keine Anerkennung von Taubblindheit als Behinderung eigener Art, erläuterte Bruns. Klare gesetzliche Regelungen fehlten. Entsprechend schwierig sei es für Betroffene, ihren Unterstützungsbedarf zu beantragen bzw. durchzusetzen.
Wie ist es, taub und blind zu sein? Mit Kopfhörer und Simulationsbrille ausgestattet, konnten die Teilnehmer mit Sehkraft und Gehör das erst einmal für sich selbst austesten. „Beängstigend, die Orientierung geht verloren, man traut sich kaum von der Stelle, man fühlt sich völlig allein“, waren die Reaktionen. Mercedes Seidel, Vorsitzende der Selbsthilfegruppe Hör-Sehgeschädigte Bielefeld, kennt das alles aus eigener Erfahrung. Sie leidet an dem so genannten „Usher-Syndrom“. Darunter versteht man eine erblich bedingte Kombination von langsam fortschreitender Netzhautdegeneration und bereits früh einsetzender Innenohrschwerhörigkeit oder Gehörlosigkeit von Geburt an. Seidel ist von Geburt an schwerhörig, seit 13 Jahren nimmt das Sehvermögen ab, jetzt liegt es noch bei ca. 12 %. Sie weiß also um die Einschränkungen. Sie kennt aber auch jene Hilfsangebote, die es ihr ermöglichen, berufstätig zu sein und am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Dieses Wissen möchte sie gemeinsam mit Hildegard Bruns weitergeben, die das Projekt „Taubblind sein - Selbsthilfe leben lernen“ leitet.

So gibt es qualifizierte Taubblindenassistenten, die es ermöglichen, den Alltag zu meistern. Sie begleiten Betroffene z.B. auf Veranstaltungen, bei Einkäufen oder auch zum Arzt. Vorgestellt wurden die unterschiedlichen Kommunikationsformen wie das taktile Gebärden oder das so genannte Lormen. Das ist ein in die Hand „geschriebenes“ Alphabet, das es Taubblinden ermöglicht, mit andere Menschen zu kommunizieren. Zusätzlich gibt es technische Hilfsmittel, die nach der Veranstaltung ausprobiert werden konnten. „ Inklusion und selbstbestimmte Teilhabe sind möglich, es müssen nur die Hilfsangebote ausgebaut bzw. vermögensunabhängig zur Verfügung gestellt werden“, erklärt Bruns abschließend.

Weitere Informationen bei Hildegard Bruns, Heilpädagogin und qualifizierte Taubblinden-Assistentin von der Deutschen Gesellschaft für Taubblindheit gGmbH, Telefon: 01520 1647081 oder h.bruns@gesellschaft-taubblindheit.de

Hintergrund:
„Taubblind sein – Selbsthilfe leben lernen“ ist ein Projekt zur Stärkung und Aktivierung einer familienorientierten Selbsthilfe für taubblinde Kinder, Frauen, Männer und deren Angehörige in Nordrhein-Westfalen. Gefördert und finanziert wird das Projekt von der AOK Rheinland/Hamburg und die AOK NordWest. Taubblinden/hörsehbehinderten Menschen und deren Angehörige sollen Wege aus der Isolation und Hilfe zur Selbsthilfe aufgezeigt werden. Träger des Projektes ist die Deutsche Gesellschaft für Taubblindheit gGmbH.

Weitere Infos zu den Angeboten unter www.gesellschaft-taubblindheit.de.

 

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