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18. Mai 2018

Beschädigte Windkraftanlage in Borchen-Etteln: Gutachter attestiert Standfestigkeit des Fundaments, große Teile des Turms werden abgebaut

- noch keine Entscheidung über Wiederaufbau -

Havarie Windkraftanlage 
Havarierte Windkraftanlage im März 2018

Wiederholtes menschliches Versagen, starker Wind und das noch nicht aktive Sicherheitssystem in der Phase des Aufbaus der Windkraftanlage: „Am 8. März führte genau diese fatale Kombination zur Havarie der Windkraftanlage des Typs Enercon E-115 in Borchen-Etteln“, bilanziert der Technische Dezernent des Kreises Paderborn, Martin Hübner, nach Auswertung der dem Kreis Paderborn vorgelegten Gutachten. Geprüft werden sollte der Unfallhergang und welche Bauteile nicht mehr verwendet werden dürfen bzw. welche Teile der Anlage unter welchen Voraussetzungen weiter genutzt werden können. Die Rotorblätter und Gondel sind zerstört, müssen also komplett ausgetauscht werden. Am Turm selbst wurden Risse in den oberen Segmenten, Kratzer und Abplatzungen festgestellt. Dem Kreis Paderborn liegt nun auch die gutachterliche Stellungnahme zur Überprüfung der Standfestigkeit der Anlage (Fundament und Turm) vor. Das Fundament weise keine erkennbaren Schäden auf, welche die Standsicherheit negativ beeinflussen könnten, heißt es im Bericht. Deshalb könne bei einem Wiederaufbau das Fundament aus statisch-konstruktiver Sicht ohne Einschränkung verwendet werden. Die Ingenieure des Gutachterbüros haben zudem die Segmente des Turms abschnittsweise überprüft und kommen zum Ergebnis, dass die unteren Segmente (22,8 m) stehen bleiben können. Der Turm hat eine Gesamthöhe von 147 m. (Die Nabenhöhe beträgt 149 m).

Beide Gutachten stammen von öffentlich bestellten und vereidigten Sachverständigen mit entsprechender Qualifikation. Zur Ermittlung der Schadensursache und des Schadensumfangs wurde die Firma 8.2 Consulting AG mit Sitz in Aurich beauftragt. Zur Überprüfung der Standfestigkeit der Anlage wurden die unabhängigen Prüfstatiker des Ingenieurbüros H & P mit Sitz in Aachen beauftragt. Die Zertifizierungsurkunden liegen dem Kreis Paderborn vor.

Zum Unfallhergang heißt es in dem ersten Gutachten, dass sicher sei, dass zwei der drei Rotorblätter sich zum Zeitpunkt des Aufbaus nicht in jenen Sollstellungen befand, die in der Montageanleitung definiert sind. Die hier festgelegten Winkel stellen sicher, dass der Wind nur minimalste Angriffsfläche hat. Stattdessen befanden sich alle drei montierten Rotorflügel in Betriebsposition, als der bis dahin festgestellte Rotor (Ausbolzen) gelöst wurde, um das so genannte Trudeln zu erlauben. Dieses Verfahren ist aus statischen wie aus mechanischen Gründen notwendig. Die Aufbauanleitung sieht ein so genanntes 4-Augen-Prinzip vor: Erst wenn zwei Mitarbeiter des Aufbauteams unabhängig voneinander überprüft haben, dass alle Rotorflügel korrekt stehen, darf die Arretierung gelöst werden. Die Frage, warum der Bolzen gelöst wurde, obwohl die Flügel voll im Wind standen, kann erst nach Befragung der Beteiligten beantwortet werden. Fest steht zudem, dass am 8. März starker Wind (bis zu 21,8 m/Sek.) herrschte. Die Anlage begann zu rotieren. Der Gutachter spricht von einem Überdrehzahlunfall und weist gleichzeitig darauf hin, dass in der Aufbauphase „Sicherheitsfunktionen technisch konstruktiver Art“ noch nicht aktiv sein können. Denn die Anlage ist während der Aufbauphase weder an das öffentliche Stromnetz angeschlossen noch „intern elektrifiziert bzw. verkabelt“, wie die Firma Enercon in ihrer seitens des Kreises Paderborn angeforderten Stellungnahme erläutert, so dass die sonst aktiven elektrischen Sicherheitssysteme noch nicht greifen können. Erst wenn die Anlage sich in Betrieb befindet, ist sie „mit einem mehrfach redundanten und unabhängigen Sicherheitssystem ausgestattet, die nach der Inbetriebnahme eine Überdrehzahl verhindern. Diese Systeme sind zertifiziert und werden regelmäßig im Wartungssystem geprüft“, so die Firma Enercon.

Der Kreis Paderborn hatte die Anlage nach dem Unfall am 8. März per Ordnungsverfügung stillgelegt und den Hersteller mit Verfügung vom 13. März aufgefordert, Gutachten zur Unfallanalyse, Schadenshergang und –ausmaß sowie zur Standsicherheit vorzulegen. Der Betreiber durfte die offensichtlich beschädigten Teile der Anlage, die Rotorblätter und Gondel, abbauen. Hier war nach dem Unfall eine Frist bis zum 6. April gesetzt worden, um eine günstige Wetterlage abzuwarten bzw. durch erste Überprüfungen der Statik sicherzustellen, dass beim Abbau niemand verletzt wird. Nach der Auswertung der gutachterlichen Stellungnahme zur Standsicherheit kann der Betreiber der Anlage den Turm bis auf 22,8 m abbauen.

Landrat Manfred Müller betont, dass der Kreis Paderborn noch keine Genehmigung zum Wiederaufbau erteilt habe. „Der Gutachter spricht von einem menschlichen und organisatorischen Versagen. Ich will daher wissen, was die Firma an Maßnahmen ergreift, um zu verhindern, dass beim Aufbau des Windrades sich etwas derart Vergleichbares wiederholt“, bekräftigt Müller. Die Firma Enercon hat auf die Frage, was die Firma tut, um eine solche Fehlbedienung auszuschließen, bereits reagiert. In einer ersten Stellungnahme dazu heißt es, dass Enercon den Unfall am 9. März dem Gewerbeaufsichtsamt in Emden mitgeteilt habe und im Dialog mit der dortigen Behörde die notwendigen Maßnahmen festlege. Enercon habe bereits eine Reihe von Sofortmaßnahmen ergriffen. So seien alle Mitarbeiter noch einmal eindringlich auf die Einhaltung des Prozessschrittes „Ausbolzen“ hingewiesen worden. Verfahrensabschnitte seien bereits geändert worden. Alle Aufbauteams würden noch einmal geschult. Das geänderte Verfahren sei bereits mit Datum 21. März auf allen Enercon Baustellen weltweit eingeführt.

Der Kreis Paderborn prüft derzeit, unter welchen Auflagen das Windrad wieder aufgebaut werden kann. Fest steht bereit jetzt, dass vor der Inbetriebnahme die gesamte Anlage noch einmal gutachterlich überprüft werden muss.

 
 
 


Pressemitteilung vom 8. Mai 2018

Beschädigte Windkraftanlage in Borchen-Etteln: „Anlage bleibt stillgelegt“

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Pressemitteilung  vom 7. Mai 2018

Zerstörte Windkraftanlage in Borchen-Etteln: Gutachter sieht erhebliche Gefahr für Tiergesundheit

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Pressemitteilung vom 22. März 2018

Beschädigte Windkraftanlage in Etteln: Kreis Paderborn trifft Entscheidung nach Vorliegen des angeordneten Gutachtens

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Pressemitteilung vom 12. März 2018

Beschädigte Windkraftanlage in Etteln darf bis zur Klärung der Ursache nicht wiederaufgebaut werden, Kreis Paderborn fordert zudem unabhängiges Gutachten zur Überprüfung der Standfestigkeit

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Das Regionalbündnis Windvernunft hat in einem offenen Brief an Landrat Manfred Müller eine Reihe von Fragen gestellt. Die Antworten in Form eines Rückantwortschreibens finden Sie hier.

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