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Pressemeldung vom 05.03.2013

„Kein Kind möchte gerne böse sein!“ - Dr. Martina Cappenberg bot im Berufskolleg in Schloß Neuhaus erschütternde Einblicke in traumatisierte Kinderseelen –

Kreis Paderborn (krpb). „Verpiss Dich!“ Zwei Worte, die verletzen, vor allem wenn sie auf zarte Kinderseelen treffen. „Stellen Sie sich einmal vor, Sie sind acht Jahre alt und kommen gerade mit einem „Sternchen“ aus der Schule. Und dann strecken Ihnen Mama oder Papa nicht freudestrahlend ihre schützende Arme entgegen. Sie schauen nicht mal hoch und die Botschaft lautet lapidar: „Verpiss Dich!“ Bedrückende Stille füllte das Forum im Berufskolleg Schloss Neuhaus beim Vortrag von Dr. Martina Cappenberg am Samstagmorgen. Die blinde Traumaexpertin warf vor mehr als 100 Pflegeeltern einen tiefen Blick in traumatisierte Kinderseelen. Veranstalter waren der Sozialdienst katholischer Frauen (SKF) und der Pflegekinderdienst des Paderborner Kreisjugendamtes.

Was passiert mit Kindern, wenn die Eltern nicht Beschützer sind, sondern als Bedrohung erlebt werden? Diese unglaubliche Frage, die aber in Einzelfällen zur Lebenswirklichkeit unserer Gesellschaft gehört, beantworte Cappenberg bei einer Fachtagung mit Pflegeeltern unter dem Aspekt, Entwicklungschancen traumatisierter Kinder richtig zu erkennen und auch zu nutzen. Dazu gehöre das Verstehen dieser Kinder, die sich selbst meistens über einen längeren Zeitraum ohnmächtig, ausgeliefert und völlig schutzlos erlebt hätten. Sie hätten nie gelernt, selbst Kontrolle über ihr Leben zu haben, sie hätten oft sogar Todesängste gelitten und Angstabwehrmechanismen entwickelt, die später falsch verstanden als „Störungen“ interpretiert würden. „Oftmals haben Kinder sich sogar mit dem Aggressor identifiziert“, weiß Cappenberg. In der Konsequenz würden sie sich dann selbst die Schuld geben, wenn sie geschlagen würden.

„Je mehr ein Kind Angst erlebt hat, desto größer muss es sich machen, um die selbstempfundene Erniedrigung zu bewältigen. Deshalb werden die Signale traumatisierter Kinder oftmals falsch verstanden“, erläuterte Cappenberg. Ein unverstandenes Opfer könne für einen Täter gehalten werden, wenn es selbst im sozialen Kontakt mit anderen Kindern nur mit seinen „Aggressionen“ wahrgenommen werde. Aber, „alles hat seinen guten Grund, kein Kind möchte gerne böse sein“, lautete daher das eindringliche Credo der Referentin. „Nicht das Verhalten traumatisierter Kinder ist falsch, sondern das, was es erlebt hat“. Es gebe nach ihrer Erfahrung daher keine Kinder, die sich aussuchen würden, verhaltensgestört zu sein. Daher werde das Verhalten dieser Kinder noch immer zu leicht verkannt. „Es ist nie Ausdruck von Boshaftigkeit, sondern immer von Not !“, so der Hilferuf, den Cappenberg stellvertretend für ihre Schutzbefohlenen in das Publikum rief.

Die Zuhörerinnen und Zuhörer reagierten mit konzentrierten Fragen und Alltagsbeschreibungen, denn gerade Pflegeeltern „sind Experten in eigener Sache“, wissen auch die Berater der Pflegekinderdienste von SKF und Kreis, die diesen Tag ins Leben gerufen hatten. „Die Resonanz und die Diskussionen des Tages waren ein großer Gewinn für alle“, resümierten Anke Beniers und Ingrid Müller für die Kooperationsveranstalter. Auch sie wissen gemeinsam mit den Pflegefamilien nur zu gut, dass das Verhalten eines traumatisierten Kindes „letztendlich immer ein Ausdruck dafür ist, schlicht überleben zu wollen“, so Beniers und Müller.

Pflegefamilien kümmern sich gemeinsam mit dem Paderborner Kreisjugendamt und Beratern um die positive Entwicklung von derzeit 180 Pflegekindern im Kreis Paderborn.

 

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