„AT WAR“: Kreis Paderborn zeigt Fotografien der getöteten Journalistin Anja Niedringhaus bis zum 28. Juni im Paderborner Kreishaus
Paderborner Fototage - Anja Niedringhaus „AT WAR“ mit zwei Sonderveranstaltungen und Sondereröffnungszeiten
- Einführung durch Kunsthistoriker Dr. Michael Jähne am Sonntag, 21. Juni, 15 Uhr, im Foyer des Paderborner Kreishauses
- Vortrag von Dr. Jule Hillgärtner am Dienstag, 23. Juni, 18 Uhr im Großen Sitzungssaal des Paderborner Kreishauses
Halbzeit bei den Paderborner Fototagen: Der Kreis zeigt die Ausstellung „AT WAR“ mit Schwarz-Weiß-Aufnahmen von Anja Niedringhaus noch bis zum 28. Juni im Paderborner Kreishaus. Die Fotojournalistin wurde für ihre Arbeit mehrfach ausgezeichnet. Anja Niedringhaus wurde am 4. April 2014 in Afghanistan, als sie mit einem Konvoi der Wahlbehörde in der Provinz Khost unterwegs war, um die Wahl zu dokumentieren, erschossen. Zwei Veranstaltungen und Sonderöffnungszeiten laden dazu ein, sich die Ausstellung anzusehen und die Werke der Journalistin kennenzulernen. Ihre Bilder erzählen jenseits von spektakulären Situationen Geschichten von Menschen. Unvoreingenommen spiegeln sie Gefühle wie Trauer, Angst, Enttäuschung, Zuneigung und Begeisterung, aber auch Leid, Gewalt, Zerstörung und Tod. „Dieses perfekte Können zum schnellen Sehen und das Begreifen von deren Bedeutung mache die Kraft und Eindringlichkeit der „Message“ in ihren Bildern aus“, sagt Kunsthistoriker Dr. Michael Jähne. Auf vielfachen Wunsch wird er noch einmal am Sonntag, 21. Juni, um 15 Uhr im Foyer des Paderborner Kreishauses in der Aldegreverstraße 10 – 14 in die Ausstellung „AT WAR“ einführen. Am Sonntag, 21. Juni ist die Ausstellung von 10 bis 18 Uhr geöffnet.
Jule Hillgärtner (Dr. phil.) ist Autorin des Buches "Krieg darstellen". Den Fotografien von Anja Niedringhaus begegnete sie zum ersten Mal im Rahmen von Ausstellungsvorbereitungen im Spätsommer 2001. Mit Anja Niedringhaus war sie immer wieder in Kontakt. Die Bilder begründeten ihre medienwissenschaftliche Auseinandersetzung mit dem Thema der Kriegsberichterstattung. Am Dienstag, 23. Juni, um 18 Uhr, im Großen Sitzungsaal des Paderborner Kreishauses wird sie dazu einen Vortrag halten. Alle Interessierten sind herzlich eingeladen. Der Eintritt ist frei. Die Ausstellung kann an diesem Abend bis 20 Uhr besichtigt werden.
Hillgärtner hat Theater-, Film- und Medienwissenschaft sowie Kunstpädagogik in Frankfurt am Main studiert, war seit 2005 als freie Kuratorin und Koordinatorin für moderne und zeitgenössische Kunst vor allem in Frankfurt tätig, unter anderem für das Museum für Moderne Kunst, die Städelschule und den Frankfurter Kunstverein. Die promovierte Medienwissenschaftlerin ist seit November 2014 Leiterin des Kunstvereins Braunschweig.
Hintergrund: Zeitgenössische Positionen der Fotografie in der lokalen Welt und der globalen Gegenwart auszuloten, ist Ziel einer Veranstaltungsreihe, die aus einem Seminarprojekt von Professor Dr. Inga Lemke und Studierenden der Universität Paderborn hervorgegangen ist. Im Rahmen der 3. Paderborner Fototage werden eine Reihe von Vorträgen und Silogespräche angeboten. Die Veranstaltung mit Dr. Jule Hillgärtner im Paderborner Kreishaus zählt dazu.
Pressemitteilung vom 3. Juni:
Kreis Paderborn (krpb). „Wenn ich es nicht fotografiere, wird es nicht bekannt“: Dieser Satz von Anja Niedringhaus steht für ihr Lebenswerk. Sie wollte, dass die Welt erfuhr, was Krisen und Kriege, u.a. in Afghanistan, Kuwait, Libyen und dem Irak, anrichten. Sie setzte es sich zur Aufgabe, den Alltag der Opfer zu zeigen, die das wahre Gesicht des Krieges ausmachen. Sie war sich bewusst, dass Bilder keine Kriege verhindern. Aber sie war überzeugt, dass diese Aufnahmen den Schrecken dokumentieren. Sie damit Bewusstsein schaffen, was Menschen einander antun können und wie wertvoll Frieden ist. Am 4. April 2014 wurde Anja Niedringhaus, einen Tag vor der Präsidentschaftswahl in Afghanistan, erschossen. Der Kreis zeigt die Ausstellung „AT WAR“ mit Schwarz-Weiß-Aufnahmen im Rahmen der Paderborner Fototage noch bis zum 28. Juni im Paderborner Kreishaus.
Die Ausstellung sei nicht nur eine Hommage an eine „herausragende und so unendlich mutige“ Fotografin“, sagte Landrat Manfred Müller bei der Ausstellungseröffnung. Die Fotografin nehme den Betrachter vielmehr an die Hand und mit auf eine Reise in eine Welt voller Gewalt, Opfer und Leid. Dabei gehe es nicht ums Erschaudern. Vielmehr beinhalteten diese Aufnahmen ein Vermächtnis. „Die Fotos sind Anklage, pure Emotion, aber eben auch Mahnung zu Frieden und Menschlichkeit“, so Müller.
Kunsthistoriker Dr. Michael Jähne unterstrich, dass Anja Niedringhaus eindringliche Bilder geschaffen habe, „die so sind, wie sie sein müssen, um zu wirken. „Humanistische Gesinnung und Engagement finden sich zusammen mit künstlerischer Gestaltung und Beherrschung des eigenen Mediums“, so der Kunsthistoriker in seiner Einführung. Ihre Bilder seien klar und übersichtlich strukturiert, was ihre Lesbarkeit erhöhe. Der Betrachter könne die Szene zunächst schnell und in Gänze erfassen. „Die Virtuosität eines Fotografen zeigt sich im schnellen und sicheren Erfassen und Festhalten einer Situation, ja letztlich auch einer Komposition, die fokussiert und fixiert, was in einem Bild als Wesentliches, als Essenz komprimiert, eine Aussagen mit wenigen „Strichen“ als Kern zusammenfasst“, so Jähne wörtlich. Anja Niedringhaus habe die Fähigkeit besessen, ein Geschehen, eine Situation in ihrem vielschichtigen Bedeutungszusammenhang zu erfassen und in einem Bild festzuhalten, so dass eine weitergehende, umfassendere Bedeutung erfahrbar sei. Dieses perfekte Können zum schnellen Sehen und das Begreifen von deren Bedeutung mache die Kraft und Eindringlichkeit der „Message“ in ihren Bildern aus. In ihren Aufnahmen spiegele sie sich selbst – ihr Wesen, ihre Weltsicht, ihr Engagement, ihre Humanität.
So zeigt ein Foto beispielsweise ein Kettenkarussel herkömmlicher Art. Sechs Plätze sind besetzt. Im Mittelpunkt ist ein Junge zu sehen, der eine Maschinenpistole hält und auf offenbar unten Stehende zielt – „eine Geste kindlichen Überlegenheitsgefühls, die aber von einem erschreckend unkindlich ernsten Gesichtsausdruck begleitet wird“, wie Jähne es formuliert. „Das Wissen eines Kindes um die Instrumente der tatsächlichen Ausübung von Macht lässt frösteln und um die Zukunft des Kindes fürchten“, so der Kunsthistoriker wörtlich. Trotz der Dynamik des Motivs vermittele sich Stillstand, Aussichtslosigkeit – alle Karusselfahrer hingen unentrinnbar an und in den Fäden.
Ein weiteres Motiv zeigt einen Soldaten in voller Ausrüstung, der einen barfüßigen, weit nach vorn gebeugten und an den Händen gefesselten Gefangenen abführt. Die Gesichtszüge des Soldaten seien zur Maske erstarrt. Man könne das Gesicht auch eigentlich nicht als brutal bezeichnen, eher erstarrt und leer…fest entmenschlicht“, so der Kunsthistoriker. Wer ist Täter, wer ist Opfer? Nein, hier habe der Krieg zwei Opfer hervorgebracht.
Alle Bilder in der Ausstellung tragen Titel und/oder Angaben ihrer Orte. Diese Angabe seien verzichtbar, meint Jähne. Denn es sind die Bilder, die zum Besucher sprechen. In diesem Sinne könne man der Ausstellung nicht genug „sehende“ Betrachter wünschen.
Das Werk von Anja Niedringhaus wurde mehrfach ausgezeichnet. In 2005 wurde ihre Arbeit mit der wohl bedeutendsten Auszeichnung im Bereich des Journalismus, den Pulitzer-Preis für aktuelle Fotoberichterstattung gewürdigt.
Bildquelle der Fotos: Oliver Krato für den Kreis Paderborn
Daten der Ausstellung / Öffnungszeiten Kreisverwaltung Paderborn:
„AT WAR“ von Anja Niedringhaus
29. Mai bis 28. Juni 2015 im Foyer des Paderborner Kreishauses
Aldegreverstraße 10 – 14
33102 Paderborn
montags bis mittwochs von 8 - 15.30 Uhr
donnerstags von 8 - 18 Uhr
freitags von 8 - 12 Uhr
Achtung: Die Ausstellung ist zusätzlich am Sonntag, 21. Juni, von 10 bis 18 Uhr sowie am Dienstag, 23. Juni, bis 20 Uhr geöffnet.
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