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Pressemeldung vom 13.02.2015

Chancengleichheit ohne Rollenklischees beim dritten Frauenpolitischen Themennachmittag des Kreises Paderborn

Kreis Paderborn (krpb). Rosa Söckchen für Mädchen, blaue Stofftiere für Jungs: Nach diesem Prinzip sind ganze Spielzeugabteilungen und Kleiderregale in Kaufhäusern aufgebaut.
Dass die Rosa-Hellblau-Falle das erste Mal im Kinderzimmer zuschnappt, davon sind Almut Schnerring und ihr Partner Sascha Verlan überzeugt. Gemeinsam recherchiert das Journalistenpaar rund um die Themen Schubladendenken und Rollenklischees, die eine ganze Produktindustrie am Leben halten.
Beim dritten Frauenpolitischen Themennachmittag des Kreises Paderborn zu Gast, berichteten die Eltern dreier Kinder nun über die Gräben zwischen den Geschlechtern.

Um an den Kampf engagierter Frauenrechtlerinnen und an die Geburtsstunde des Frauenwahlrechts im Januar 1991 zu erinnern, fand zum dritten Mal in Folge ein Frauenpolitischer Thementag des Kreises Paderborn statt. Rund 100 interessierte Gäste waren gekommen, um mehr zu erfahren über die geschlechtsspezifische Realität in Kinderzimmern, Unternehmen und der Politik sowie Chancengleichheit ohne Rollenklischees.

96 Jahre nach Einführung des Frauenwahlrechts haben Frauen ihren Platz in der Politik gefunden. So scheint es. Der Frauenanteil im Kreistag ist seit der letzten Kommunalwahl im Jahr 2009 von 29 auf 31 Prozent gestiegen, bilanzierte Landrat Manfred Müller. Doch sei dieser Trend nicht überall erkennbar. In einigen Gremien im Kreisgebiet sei der Frauenanteil gleichgeblieben oder gar zurückgegangen. Und: „Es gibt keine Bürgermeisterin bei uns“, erinnerte Müller.
Sicher falle es Frauen nicht leicht, sich einer zeitintensiven, politischen Aufgabe zu widmen, so der Landrat. Denn: wer passt auf die Kinder auf, wenn abends eine Sitzung ansteht? Erst wenn die Familienarbeit geregelt ist, bleibt Zeit für das Engagement.

Die Betreuungsfrage sei auch ein Problem wenn es um die berufliche Karriere geht. Nur die Hälfte der erwerbsfähigen Frauen im Kreis Paderborn arbeitet tatsächlich. Laut einer aktuellen Studie der Bertelsmann-Stiftung ist der Kreis Paderborn in dieser Hinsicht das Schlusslicht in Ostwestfalen. „In einer Region, die sich wirtschaftlich gut entwickelt, brauchen wir qualifizierte Fachkräfte – Männer und Frauen! Und keine Rollenklischees“, betonte der Landrat ausdrücklich.

Das wünscht sich auch die Gleichstellungsbeauftragte der Verwaltung, Christiane Sander. Sie hofft auf „eine zukünftige Gesellschaft, in der es für Männer und Frauen selbstverständlich ist, dass Familienarbeit und Erwerbsarbeit zusammen gemeistert werden“. Die Fachfrau warb an diesem Nachmittag dafür, „unentgeltliche Arbeit genauso wertzuschätzen wie bezahlte Arbeit“.

Finanzielle Schwierigkeiten alleinerziehender Mütter und ihrer Kinder, schlecht bezahlte Minijobs für qualifizierte Frauen und Karriere-Jobs und Führungsaufgaben für Männer. So sehe die Frauenrealität heute aus. „Und so kommt dann auch der Lohnunterschied von 22 Prozent in Deutschland zustande“, so Sander. Ganz skurril werde es, wenn Männer für die gleiche Arbeit bei gleicher Position, Qualifikation und Leistung bis zu 4.800 € jährlich mehr Geld erhalten als Frauen. „Und wie soll sich da das Frauenbild jemals ändern, wenn in der Gesellschaft Rollenklischees ihren festen Platz behalten?“, so Sander.

Almut Schnerring und ihr Partner Sascha Verlan entdeckten bei ihren Recherchen das so genannte „Gender (= geschlechtsspezifische) Marketing“ sowohl bei Kleidung, im Süßwarenregal oder in der Werbung. Seit beliebte Castingshows über den Bildschirm flackern, sei die „Pinkifizierung“ kommerziell erst so richtig erfolgreich geworden. Seitdem gebe es neben aufreizender Unterwäsche in Kindergrößen auch Highheels für Mädchen ab 3 Jahren.

„Indem wir vermeiden zu sehen, was wissenschaftliche Studien längst offensichtlich gemacht haben, tragen wir zur Verbreitung von Rollenklischees bei“, sind die beiden Journalisten überzeugt. Im Gegensatz zu Söhnen müssten Töchter beispielsweise im Haushalt des Öfteren helfen oder ihre Geschwister betreuen. „Und schon lernen Jungen im Kindesalter, dass Fürsorge weiblich ist und sich für Männer nicht lohnt“.
Und elfjährige Mädchen antworten auf die Frage, was sie tun würden, wenn sie Jungen wären: „Auf Bäume klettern, ordentlich Dreck machen und mal richtig laut sein“. Jungen hingegen können dem Rollentausch nichts Positives abgewinnen. Würden sie eines Tages im Körper eines Mädchens erwachen, würden sie „abhauen und sich verstecken“.

Es gehe nicht um „Schuldzuweisungen“, betonte Sascha Verlan. „Auch nicht um Gleichmacherei“, erklärte seine Partnerin. Ihnen sei die „individuelle Freiheit“ wichtig, die es Mädchen erlaubt, „ebenfalls auf Bäume zu klettern und Naturwissenschaftlerin zu werden und Jungen gestattet, auch empfindsam und fürsorglich zu sein, ohne als Weich-Ei zu gelten“.
Ihr Tipp an alle Erwachsenen lautete deshalb: „Aufmerksam zu beobachten, was dem Nachwuchs außerhalb der Rosa-Hellblau-Einteilung gefällt, Mut zu machen, das zu tun, was Freude macht und anstatt Prinzessinnen-Muffins für Mädchen und Piratensuppe für Jungs zu kochen, Rollenbilder auf Trinkpäckchen und Tütensuppen zu umgehen“.

Die Veranstaltung wurde in Zusammenarbeit mit den Gleichstellungsbeauftragten der zehn Städte und Gemeinden des Kreises Paderborn kostenlos angeboten.

Informationen zu den Themen des dritten Frauenpolitischen Thementages finden Interessierte unter www.kreis-paderborn.de/frauenpolitische-themen.

 

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