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07. Oktober 2016

Prinzip „Fordern und Fördern“: Landrat Manfred Müller informiert im Paderborner Kreistag zur Situation der Flüchtlinge im Kreis Paderborn

Seit Dezember 2015 ist die Zahl der anhängigen Asylverfahren im Kreis Paderborn sprunghaft von rund 1.250 auf 3.600 angestiegen.

Landrat Manfred Müller (Foto: Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Kreis Paderborn, Anna-Sophie Schindler) 
Landrat Manfred Müller (Foto: Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Kreis Paderborn, Anna-Sophie Schindler)

Seit Dezember 2015 ist die Zahl der anhängigen Asylverfahren im Kreis Paderborn sprunghaft von rund 1.250 auf 3.600 angestiegen. Besonders ab März zeigt die Kurve steil nach oben. Der Anstieg ist zurückzuführen auf die kreiseigene Registrierungsstelle, die von Mitte Februar bis Ende August 2.798 Asylanträge aus dem Kreisgebiet aufgenommen und zur abschließenden Entscheidung an das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) weitergeleitet hat. Zusätzlich wurden 315 Anträge für den Kreis Höxter, 130 für den Kreis Lippe und 189 für den Hochsauerlandkreis bearbeitet. Etwa 270 Flüchtlinge haben sich der Aufforderung zur Asylantragstellung entzogen.
In einer Phase, als der Berg an unbearbeiteten Anträgen im Kreis Paderborn wie überall in der Bundesrepublik immer weiter anwuchs, hatte Paderborns Landrat Manfred Müller dem BAMF Hilfe angeboten. Im Ergebnis war eine bundesweit einmalige Kooperationsvereinbarung geschlossen worden. Mittlerweile sorgen so genannte Ankunftszentren für eine beschleunigte Aufnahme von Asylanträgen. „Das kommt den neu ankommenden Flüchtlingen zugute. Es kann jedoch nicht sein, dass die Altanträge deshalb unbearbeitet bleiben“, kritisierte Landrat Manfred Müller in der gestrigen Kreistagssitzung. Es sei nicht hinnehmbar, dass jene, die bereits seit Monaten darauf warteten, einen Asylantrag zu stellen, weiter hinten anstehen müssten. Zudem müssten die Entscheidungen des BAMF über Verbleib oder Rückführung schneller getroffen werden. Von den insgesamt 3.527 Asylanträgen (davon Stadt Paderborn 1.480) seien bislang lediglich 1.085 abschließend entschieden worden. Auch die Rückführung abgelehnter Asylbewerber unter der Federführung der örtlich zuständigen Ausländerbehörden des Landes NRW müsse beschleunigt werden. Müller betonte zudem, dass die eigentliche Arbeit der Integration erst jetzt beginne. Dabei müsse das Prinzip „Fördern und Fordern“ gelten. Die ankommenden Menschen müssten die Demokratie und den Rechtsstaat akzeptieren, die Gleichberechtigung von Mann und Frau, religiöse Toleranz ausüben und die Bereitschaft mitbringen, an der Integration mitzuwirken. Wenn beispielsweise der Besuch von Sprachkursen abgebrochen werde, so müsse das Konsequenzen haben.

„Von der Versorgung bis zur Integration“: Unter dieses Thema stellte Landrat Manfred Müller in der jüngsten Kreistagssitzung im Paderborner Kreishaus seine Ausführungen zum Thema „Flüchtlinge“. Gleichzeitig lagen Anfragen aus den Fraktionen der CDU, SPD, der FBI und der LINKEN/PIRATEN vor.

Derzeit (Stand 30.9.2016) leben 3.601 Asylbewerber (Altenbeken 146, Bad Lippspringe 195, Bad Wünnenberg 191, Borchen 200, Büren 356, Delbrück 437, Hövelhof 68, Lichtenau 140, Paderborn 1516, Salzkotten 348, 4 ohne Angabe) im Kreis Paderborn. Hiervon kommen ca. 2000 Menschen aus Ländern wie Eritrea, Irak, Iran, Syrien und Somalia, die damit eine hohe Bleibeperspektive haben. Im Zeitraum Januar bis September 2016 haben im Kreis Paderborn ca. 560 Menschen einen positiven Asylbescheid erhalten. Ein Teil der im gleichen Zeitraum abgelehnten Asylbewerber werde „geduldet“. Ordnungsamtsleiter Herbert Temborius erläuterte die Gründe für mögliche Duldungen. In erster Linie seien dies fehlende Pässe bzw. Passersatzpapiere, was eine Rückführung erst einmal unmöglich mache, weil das Herkunftsland erst ermittelt werden bzw. sich dann bereit erklären müsse, die Flüchtlinge zurück zu nehmen. Auch gesundheitliche Gründe könnten dazu führen, den Status „Duldung“ zu bekommen. Insgesamt setze der Kreis Paderborn auf freiwillige Ausreisen bei so genannten sicheren Herkunftsstaaten. Dazu werden Gespräche geführt, die finanzielle und organisatorische Hilfestellungen beinhalten. Erst danach würden die Rückführungen eingeleitet, zumal diese sehr aufwendig und für alle Beteiligten belastend seien. Im Zeitraum Mitte Januar bis Mitte September seien kreisweit bislang 74 Flüchtlinge zurückgeführt worden.

Mehr als die Hälfte der Flüchtlinge sind jünger als 25 Jahre, allein ein Drittel bis 18 Jahre. Zum 1. März waren 347 Flüchtlingskinder unter 6 Jahren im Kreis Paderborn gemeldet. Davon konnten 155 Kinder zum 1. August 2016 einen Platz in einer Kita bekommen. Derzeit leben 108 unbegleitete minderjährige Flüchtlinge im Kreisgebiet. Diese wurden dem Kreis Paderborn vom Landschaftsverband Rheinland zugewiesen. Die Unterbringung erfolgt primär in Einrichtungen der Jugendhilfe und in Pflegefamilien.

Jugendliche im Alter von 16 bis 18 Jahren besuchen die internationalen Förderklassen der Berufskollegs. Reichen die Sprachkenntnisse aus, können sie in die Regelklassen wechseln, ein Praktikum im Rahmen der Einstiegsqualifizierung oder sogar eine Ausbildung absolvieren.

Landrat Manfred Müller erläuterte, dass er sich insbesondere um die Gruppe der jungen Flüchtlinge zwischen 20 und 30 Jahren sorge, die nicht mehr schulpflichtig seien und darauf drängten, möglichst schnell Geld zu verdienen mit einfacher Arbeit. Oft stünden diese unter dem Druck, Geld an die Familien nach Hause zu schicken. Aus Studien wisse man, dass viele der Flüchtlinge kaum oder nur in Ansätzen eine Berufs- oder Schulausbildung in ihren Herkunftsländern absolviert hätten. „Unser Ziel muss es sein, diese jungen Menschen zu qualifizieren, weil die neuen Technologien Arbeitsplätze komplexer machen. Nur so haben sie auch mittel- bis langfristig eine Chance auf dem Arbeitsmarkt“, betonte Müller.

Landrat Manfred Müller bedankte sich beim Schulamt, den Schulräten und Bildungs- und Integrationszentrum des Kreises Paderborn (BIZ) für die Bemühungen bei der Integration und stellte auch noch einmal das Engagement der Ehrenamtlichen heraus. Das BIZ organisiere beispielweise Fachtagungen für Ehrenamtliche, Fortbildungen für Lehrerinnen und Lehrer in den Internationalen Klassen sowie Einrichtung von Elterngruppen in Familienzentren zur Sprachförderung im Alltag. Er habe zudem den Paderborner Ordnungsamtsleiter Herbert Temborius mit Aufgaben der Integration an den Schnittstellen zwischen Asylverfahren, staatlichem Integrationskurs und Wirtschaft beauftragt. Das Kreisausländeramt werde zudem umstrukturiert, zwei Arbeitsgruppen gebildet. Die eine sei zuständig für Ausländer mit dauerhaftem Aufenthaltsrecht. Die zweite Arbeitsgruppe kümmere sich um die Rückführung von abgelehnten Asylbewerbern.

Im Integration Point erhielten Flüchtlinge Hilfe aus einem Guss. Hier würden die Kompetenzen von Agentur für Arbeit, Jobcenter Paderborn und Kreis Paderborn unter einem Dach gebündelt. Dabei gehe es um Unterstützen beim Ausfüllen von Anträgen, Sprachkurse, Kompetenzcheck und natürlich um die Integration in den Ausbildungs- und Arbeitsmarkt.

Praktika in Unternehmen helfen Jugendlichen, sich am Ausbildungs- und Arbeitsmarkt zu orientieren, erste Erfahrungen zu sammeln und den erhofften Einstieg zu finden. Um den Jugendlichen der internationalen Förderklassen ein solches berufsorientierendes Praktikum zu ermöglichen, befürwortete der Paderborner Kreistag finanzielle Mittel in Höhe von 52.800 Euro zur Finanzierung von sechs Praktikumsakquisiteuren. Im Zeitraum Oktober 2016 bis Juli 2018 sollen diese bei der Vermittlung solcher Plätze helfen. An den Berufskollegs sind derzeit acht internationale Förderklassen mit jeweils 15 Schülerinnen und Schülern eingerichtet, zusätzlich drei Klassen an der Abendrealschule. Zum neuen Schuljahr werden mindestens 91 weitere junge Flüchtlinge an die Berufskollegs wechseln. Bei Bedarf werden daher bis zu zwei weitere Klassen eingerichtet. Geplant ist zudem, drei weitere Klassen am Berufskolleg Haus Widey und Kolping-Schulwerk einzurichten.

Sämtliche Vorlagen können im Kreistagsinformationssystem eingesehen werden.

 
 
 

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