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25. Januar 2019

100 Jahre Frauenwahlrecht: „Prinzessinnen und Prinzen sind keine Förderer der Gleichberechtigung“

100 Jahre Frauenwahlrecht - der Weg dorthin war lang, aber er ist lange noch nicht zu Ende. Landrat Manfred Müller und die kommunalen Gleichstellungsbeauftragten luden ein zum Frauenpolitischen Themenvormittag.

Frauenpolitischer Themenvormittag zu 100 Jahren Frauenwahlrecht 
100 Jahren Frauenwahlrecht - (von links nach rechts) Christa Mertens, Mitarbeiterin der Gleichstellungsstelle der Stadt Paderborn, Maria Kuhlenkamp, Fachanwältin für Familienrecht, Simone Böhmer, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Paderborn, Rita Köllner, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Delbrück, Manuela Fischer, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Bad Lippspringe, Landrat Manfred Müller, Irene Lossin, Gleichstellungsbeauftragte der Gemeinde Hövelhof, Andrea Schlichting, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Salzkotten und Rita Junker, Gleichstellungsbeauftragte der Stadt Lichtenau hatten zum Frauenpolitischen Themenvormittag ins Berufskolleg Schloß Neuhaus eingeladen. Bildnachweis: Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Kreis Paderborn, Michaela Pitz

„Ein Hoch auf das, was uns vereint...auf das, was vor uns liegt, dass es das Beste für uns gibt“: Einen besseren musikalischen Einstieg für den Frauenpolitischen Themenvormittag des Kreises Paderborn zu 100 Jahren Frauenwahlrecht hätte Sängerin Kathrin Horstkötter wohl kaum wählen können. Andreas Bourani erinnert in seinem Lied auch an Tage voller Freude und Tränen bis zu diesem einen Moment. Nur dass Frauen nicht Tage sondern viele mühevolle Jahre lang kämpfen mussten, bis sie dieselben staatsbürgerlichen Rechte hatten wie Männer. Die Einführung des Frauenwahlrechts in Deutschland am 12. November 1918 „ist ein Meilenstein in der Geschichte der Gleichberechtigung“, sagte Simone Böhmer, Gleichstellungsbeauftragte des Kreises Paderborn, zu Beginn der Veranstaltung. In diesen Tagen gehe es darum, das Erbe fortzuführen, dieses Geschenk der Geschichte zu nutzen“, bekräftigte sie. Der Weg dorthin war lang. Aber er ist noch lange nicht zu Ende.


„Frauen vernetzt euch. Steht zusammen. Macht eine Ausbildung. Verliert eure persönlichen Ziele nicht aus dem Blick. Und Augen auf bei Partnerwahl“, lautete der Rat von Maria Kuhlenkamp, Fachanwältin für Familienrecht in ihrem Vortrag.

Zum Frauenpolitischen Themenvormittags unter dem Motto „Damenwahl! 100 Jahre Frauenwahlrecht“ eingeladen hatte der Kreis Paderborn in Zusammenarbeit mit den kommunalen Gleichstellungsbeauftragten. Landrat Manfred Müller freute sich über ein bis auf den letzten Platz gefülltes Forum des Berufskollegs in Schloß Neuhaus. Man habe überlegt, ob man das Thema nicht besser „Nur 100 Jahre Frauenwahlrecht“ hätte nennen sollen. Mit gleich drei Veranstaltungen habe der Kreis dieses historische Datum gewürdigt. Wirklich gut zu sein im Job sei keine Frage des Geschlechts sondern der Leistung. Die Kreisverwaltung Paderborn habe einen Frauenanteil von 56 %. Jede dritte Führungskraft sei weiblich. „Die Rahmenbedingungen müssen passen“, bekräftigte der Landrat.

Maria Kuhlenkamp: "Ein Ehemann ist keine Altersversorgung".


Die Fachanwältin für Familienrecht, Maria Kuhlenkamp skizzierte einige rechtliche Stationen der Gleichberechtigung nach Einführung des Frauenwahlrechts und Verankerung der Gleichberechtigung 1949 im Grundgesetz. Vor allem die jüngeren Frauen im Forum zeigten sich sichtlich erschüttert: 1959 Abschaffung des so genannten Gehorsamkeitsparagraphen im Bürgerlichen Gesetzbuch, der beinhaltete, dass ausschließlich der Mann alle ehelichen Angelegenheiten regelte, beispielsweise auch Wohnort und Wohnung aussuchte. Bis 1958 konnte ein Mann den Anstellungsvertrag seiner Frau ohne ihre Zustimmung fristlos kündigen. Auch wenn er ihr erlaubte, zu arbeiten, verwaltete er ihren Lohn. Ohne Zustimmung ihres Ehemannes konnte eine Frau kein Konto eröffnen. Das änderte sich erst 1962. 1960 dann Freigabe der Antibabypille, 1974 Neuregelung des § 218 a, wonach Schwangerschaftsabbrüche unter den dort genannten Voraussetzungen straffrei ist. Seit 1994 können beide Ehepartner ihren alten Familiennahmen behalten. Reste davon finden sich immer noch im Ehealltag: „Was glauben Sie, in wie vielen Familien das Konto immer noch auf den Namen des Mannes läuft, und sie lediglich über eine Vollmacht verfügt“, sagte Kuhlmann, um dann warnend hinzuzufügen: „Eine Vollmacht kann man jederzeit widerrufen“. Bei den so genannten Minijobbern sind auffallend viele Frauen darunter. Hauptverdiener ist der Mann. Die Frau erwirbt kaum Rentenansprüche, die Altersarmut ist vorprogrammiert, kommt es zur Trennung. „Ein Ehemann ist keine Altersversorgung“, bekräftigte Kuhlenkamp. Erzieherinnen müssten deutlich besser bezahlt werden, das ist die sinnvollste Investition in die Zukunft unserer Gesellschaft“, betonte sie. Dafür gab es Szenenapplaus. Die Referentin forderte eine Frauenquote und eine Reformierung des Steuerrechts zugunsten der Frauen. Die Fachanwältin für Familienrecht riet gerade jungen Frauen, bei der Partnerwahl genauso sorgfältig zu sein wie bei der Entscheidung für einen Beruf. Einstellungen lerne man von Kindesbeinen an. „Prinzessinnen und Prinzen sind keine Förderer der Gleichberichtigung“, sagte Kuhlenkamp.

Über die Liebe, das Leben und die Gewürze dazwischen

Die Kabarettistin Jutta Seifert hatte eine literarisch-musikalische Revue rund um die Frauenfrage, „die Liebe, das Leben und die Gewürze dazwischen“ versprochen. Wer hier seichte Unterhaltung erwartet hatte, lag völlig falsch. Ein eindringlicher Blick ins Publikum reichte, und jeder spürte sofort: Das hier wird eine Ansage. Seifert skizzierte 100 Jahre Frau sein mit hintergründigem Humor, Tiefgang und einer Portion Selbstironie und bot dabei große Schauspielkunst. Wenige Requisiten reichten ihr, um unterschiedliche Frauen-Portraits auf die Bühne zu bringen. Die 50er Jahre: Die ehemaligen Trümmerfrauen sollten sich den Staub aus den Kleidern schüttelten, um wieder ganz in der Rolle der Frau und Mutter aufzugehen? Seifert zitierte aus einem Frauenmagazin, das Ratschläge für die perfekte Ehefrau zum Besten gab: „Vermeiden Sie jeden Lärm. Schalten Sie den Staubsauger aus, wenn er heimkommt. Hören Sie ihm zu. Vergessen Sie nicht, dass seine Themen immer wichtiger sind als ihre“. Ihre laute Botschaft des Abends lautete: Der Blick zurück hilft, sich auf die eigenen Stärken zu besinnen und sich nicht reduzieren zu lassen auf das, was andere als vermeintlich weiblich apostrophieren.


 
 
 

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