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13. Juni 2019

Landrat Manfred Müller zum Urteil des Bundesverwaltungsgerichts: „Jetzt mit Hochdruck an praxisreifen Lösungen arbeiten, um das Kükentöten zu beenden“

Paderborns Landrat Manfred Müller: „Wirtschaftliche Interessen rechtfertigen zukünftig nicht mehr das Töten männlicher Küken. Es bleibt lediglich übergangsweise erlaubt, bis praxisreife Alternativen gefunden sind“.

„Wirtschaftliche Interessen rechtfertigen zukünftig nicht mehr das Töten männlicher Küken. Es bleibt lediglich übergangsweise erlaubt, bis praxisreife Alternativen gefunden sind“.  
Landrat Manfred Müller: „Jetzt mit Hochdruck an praxisreifen Lösungen arbeiten, um das Kükentöten zu beenden“.

Ist das in Deutschland praktizierte millionenfache Töten von männlichen, nicht zur Schlachtung geeigneter Küken mit dem Tierschutzgesetz (TierSchG) vereinbar? Dieses fordert in §1 Satz 2, dass niemand ohne vernünftigen Grund einem Tier Schmerzen, Leiden oder Schäden zufügen darf. Anders formuliert: Können wirtschaftliche Interessen unterm Strich eine solche Tötung rechtfertigen? Denn schließlich geht es ja auch darum, Lebensmittel für den Menschen auf den Markt zu bringen. Genau mit dieser Frage hat sich das Bundesverwaltungsgericht beschäftigt und im heutigen Revisionsverfahren eine Entscheidung getroffen. Paderborns Landrat Manfred Müller: „Wirtschaftliche Interessen rechtfertigen zukünftig nicht mehr das Töten männlicher Küken. Es bleibt lediglich übergangsweise erlaubt, bis praxisreife Alternativen gefunden sind“. Die heutige Entscheidung schaffe Rechtssicherheit für alle Beteiligten, für die Behörden und Brütereien. Gleichzeitig betont der Landrat, dass jetzt mit Hochdruck daran gearbeitet werden müsse, die vorhandenen Alternativen praktikabel umzusetzen, um das Kükentöten zu beenden.

Landrat Manfred Müller: „Wir haben diesen Rechtsstreit verloren, aber durch die grundlegende Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts hat der Tierschutz auf Dauer gewonnen".

Das Gericht hat entschieden, dass „das Interesse an speziell auf eine hohe Legeleistung gezüchteten Hennen für sich genommen kein vernünftiger Grund i.S.v. § 1 Satz 2 des Tierschutzgesetzes (TierschG) für das Töten der männlichen Küken aus diesen Zuchtlinien sei. Dem Leben eines männlichen Kükens werde damit jeder Eigenwert abgesprochen. Das sei nicht vereinbar mit dem Grundgedanken des Tierschutzgesetzes, für einen Ausgleich zwischen dem Tierschutz und menschlichen Nutzungsinteressen zu sorgen. Im Lichte des im Jahr 2002 in das Grundgesetz aufgenommenen Staatsziels Tierschutz beruhe das Töten der männlichen Küken für sich betrachtet nach heutigen Wertvorstellungen nicht mehr auf einem vernünftigen Grund. „Das ist eine bahnbrechende Aussage eines Gerichts im Sinne des Tierschützes, die weitreichende Konsequenzen haben dürfte“, sagt dazu Landrat Manfred Müller. Da voraussichtlich in Kürze Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei zur Verfügung stehen werden, beruhe eine Fortsetzung der bisherigen Praxis bis dahin aber noch auf einem vernünftigen Grund, so das Bundesverwaltungsgericht in seiner Pressemitteilung. Eine sofortige Umstellung, also Aufzucht der männlichen Tiere bis zur serienmäßigen Einführung der Verfahren zur Geschlechtsbestimmung im Ei, sei den Betrieben nicht zuzumuten.

Der Kreis Paderborn hatte im Oktober 2013 auf Veranlassung des Ministeriums vier ortsansässigen Brütereien die Tötung männlicher Eintagsküken untersagt.

Legehennen werden gezüchtet, um möglichst viele Eier zu produzieren. Legehuhnrassen setzen kaum Fleisch an und werden deshalb nicht zum Verzehr angeboten. Hähne legen bekanntlich keine Eier. Die Landwirtschaft kann männliche Küken nicht nutzen. Deshalb tötet man sie unmittelbar nach dem Schlüpfen. Das damalige rot-grüne NRW-Umweltministerium wollte im September 2013 per Erlass diese seit Jahren umstrittene Praxis beenden. Der Kreis Paderborn untersagte per Ordnungsverfügung, im Oktober 2013, im Auftrag des Ministeriums den Betrieben das Töten männlicher Eintagsküken. Das systematische und massenweise Töten männlicher, nicht zur Schlachtung geeigneter Küken, verstoße gegen das Tierschutzgesetz, hieß es in der Begründung. Rein ökonomische Gründe genügten nicht als „vernünftiger Grund“ im Sinne des Tierschutzgesetzes. Der „vernünftige Grund“ sei ein unbestimmter Rechtsbegriff, der von den Verwaltungsbehörden ausgelegt und angewendet werden müsse. Wie das zu geschehen sei, hänge auch von sich ändernden gesellschaftlichen Bewertungen und Anschauungen ab, die im Laufe der Zeit wandelbar seien. Ethischen Fragen des Tierschutzes käme eine wachsende Bedeutung zu. Dies belege auch die Aufnahme des Tierschutzes als Staatsziel in das Grundgesetz und die Landesverfassung NRW.

Den betroffenen Betrieben wurde in der Ordnungsverfügung eine Übergangsfrist bis zum Januar 2015 eingeräumt, um Verfahren und Stallkapazitäten anzupassen. Eine Brüterei aus dem Kreis Paderborn klagte gegen die Verfügung. Das Oberverwaltungsgericht (OVG) Münster gab 2016 unter Abwägung der ethischen Gesichtspunkte des Tierschutzes und den menschlichen Interessen an der Legehennenzucht den klagenden Betrieben Recht. Die Versorgung der Bevölkerung mit Eiern und Fleisch sei zu gewährleisten. Die klagenden Betriebe müssten rentabel arbeiten dürfen. Die Aufzucht der ausgebrüteten männlichen Küken sei mit einem unverhältnismäßig großen Aufwand verbunden.

Der Kreis Paderborn hat das Verfahren seit 2013 im Auftrag des Landesministeriums geführt. „Wir haben aber von Anfang an dem Ministerium deutlich gemacht, dass dieses Problem nicht kurzfristig gelöst werden kann, denn irgendwo müssen die Küken ja hin. Und wir haben immer betont, dass es keinen Sinn macht, das nur in NRW zu verbieten“, bekräftigt der Landrat. Denn dann werde das Problem in andere Bundesländer oder ins Ausland verlagert. „Das wiederum schadet unserer heimischen Geflügelwirtschaft, und dem Tierschutz ist damit überhaupt nicht gedient“, so Müller.


Landrat Manfred Müller: „Ich denke, dass wir uns alle darin einig sind, dass Lebewesen nicht zum Abfallprodukt der Landwirtschaft deklariert werden dürfen und wir alle wieder lernen müssen, das wirklich wertzuschätzen, was auf den Teller kommt".


Im Koalitionsvertrag der Großen Koalition stehe die erklärte Absicht, das Töten von Eintagsküken bis Mitte der Legislaturperiode zu beenden und spezifische Ausstiegsszenarien zu entwickeln. Die Wissenschaft arbeitet bereits seit Jahren daran, die Geschlechtsbestimmung bereits im Ei zu erkennen. Das würde das Kükentöten beenden. Ausstiegsszenarien zu entwickeln müsse auch bedeuten, die gängigen, auf maximale Effizienz getrimmten Zuchtmethoden zu überprüfen.


 
 
 

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