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01. Juli 2019

Windkraft in Borchen: Wieder auf Anfang, alles offen, Gericht muss Flächennutzungsplan inzident prüfen

Aktualisierte Informationen - Stand 11. Juli.

Karte mit jenen Anlagen, die vor dem Verwaltungsgericht Minden beklagt werden 
Die Karte zeigt jene drei Anlagen, deren Ablehnung durch einen Vergleich hätte bestandskräftig werden können, s. rote Umrahmung. Die grün eingekreiste Windkraftanlage hätte mit erheblichen Betriebseinschränkungen an den Start gehen können, wenn die Gemeinde rechtzeitig dem Vergleichsvorschlag zugestimmt, also ihr gemeindliches Einvernehmen erteilt hätte.

Aktualisierung vom 11. Juli mit ergänzenden Informationen zur Vorgeschichte und zum Inhalt des Vergleichsvorschlag des Verwaltungsgerichts Minden:

Der Kreis Paderborn hatte im Januar 2018 den Bau von vier Windkraftanlagen in Etteln aus artenschutzrechtlichen Gründen abgelehnt. Alle beantragten Windräder befinden sich in der Nähe von Rotmilan-Brutplätzen. Deshalb seien „Kollisionen mit den Rotoren der Anlagen zu erwarten“, heißt es im ablehnenden Bescheid des Paderborner Kreisumweltamtes. Die Pressemitteilung des Kreises Paderborn vom 19. Januar 2018 finden Sie hier.

Das Verwaltungsgericht Minden hat die Rechtmäßigkeit der Ablehnung durch den Kreis Paderborn überprüft und die eigentlich geplante, mündliche Verhandlung am Montag, 17. Juni 2019, zu einem Erörterungstermin umgewandelt: Das Verwaltungsgericht schlug vor, eine Windkraftanlage mit erheblichen Betriebseinschränkungen, also Abschaltzeiten, zu genehmigen, die anderen drei abzulehnen. Der Vergleich kann nur zustande kommen, so das Gericht, wenn die Gemeinde Borchen zu diesem Vorschlag ihr Einvernehmen erteilt, also einverstanden ist.


Bereits am Tag des Erörterungstermins, am 17. Juni, hat der Sprecher des Investors den Inhalt des Vergleichsvorschlags dem Westfälischen Volksblatt (WV) mitgeteilt, nachzulesen am 18. Juni im WV. Der Kreis hat sich bewusst bedeckt gegeben.

Der Kreis Paderborn hat nach Prüfung des Vergleichsvorschlags, am 18. Juni mittags per Fax und per Post den Bürgermeister der Gemeinde Borchen, Reiner Allerdissen, über diesen Vergleichsvorschlag des Gerichts informiert bzw. die Gemeinde im Sinne des Vergleichsvorschlags auch formal angehört. Der Kreis hat in dem Schreiben aufgezeigt, welche Optionen die Gemeinde hat und welches Risiko sie eingehen würde, wenn sie dem Vergleich nicht zustimmt. Gleichzeitig bot der Kreis in diesem Schreiben dem Bürgermeister an, sich bei Fragen an die Fachleute des Kreises zu wenden.

Der Bürgermeister wird in einem Artikel des Westfälischen Volksblatts vom 2. Juli zitiert, in dem er sich enttäuscht zeigt, dass er vom Kreis nicht persönlich informiert wurde und von dem Vergleichsvorschlag aus der Zeitung erfahren habe.

Fakt ist: Der Kreis Paderborn hat mit o.a. Schreiben vom 18. Juni, also einem Tag nach dem Erörterungstermin vor dem Verwaltungsgericht Minden, den Bürgermeister persönlich informiert, alle Argumente dargelegt und um Erteilung des Einvernehmens gebeten. Gleichzeitig hat der Kreis dem Bürgermeister mitgeteilt, dass das fehlende Einvernehmen der Gemeinde im Falle einer Versagung ersetzt werden würde. Auch die Beweggründe des Kreises Paderborn für diese Vorgehensweise wurden in diesem Schreiben eingehend erläutert:

Ein Vergleich hätte Rechtssicherheit für vier Anlagen gebracht und zwar auch für den Fall, dass der Flächennutzungsplan möglicherweise zukünftig von den Gerichten für unwirksam erklärt werden könnte. Seit mindestens 2012 hat in Nordrhein-Westfalen nicht ein einziger Flächennutzungsplan einer gerichtlichen Prüfung Stand gehalten.

In dem Zeitfenster zwischen dem Erörterungstermin vor dem Verwaltungsgericht Minden am 17.06. und dem Inkrafttreten des neuen Borchener Flächennutzungsplanes wäre die Erteilung des gemeindlichen Einvernehmens, also ein „Ja“ der Gemeinde zu dem Vorschlag des Gerichts, rechtskonform möglich gewesen.

Es lag in der alleinigen Verantwortung der Gemeinde Borchen, dieses Zeitfenster zu nutzen oder verstreichen zu lassen. Der Bürgermeister hat bewusst das Risiko einer unmittelbaren gerichtlichen Prüfung des neuen Flächennutzungsplanes in Kauf genommen. Gleichzeitig hat er damit die Möglichkeit, die Ablehnung von zumindest drei der vier Anlagen rechtskräftig werden zu lassen, verstreichen lassen.

Das Verwaltungsgericht Minden hatte im Oktober 2016 den (alten) Flächennutzungsplan für unwirksam erklärt. Die Pressemitteilung des Kreises und weitere Infos finden Sie hier.

Pressemitteilung vom 1. Juli 2019


Windkraft in Borchen: Wieder auf Anfang, alles offen, Gericht muss Flächennutzungsplan inzident prüfen

Durch das Inkrafttreten des Flächennutzungsplanes (FNP) der Gemeinde Borchen am 25. Juni ist eine neue Rechtslage eingetreten: Der in der mündlichen Verhandlung am 17. Juni seitens des Verwaltungsgerichts Minden vorgeschlagene Vergleich, eine statt der vier abgelehnten Windkraftanlagen mit erheblichen Betriebseinschränkungen doch noch zu erstreiten, ist vom Tisch, da sich jetzt alle vier Windkraftanlagen außerhalb der im neuen FNP ausgewiesenen Konzentrationszonen befinden. Dieser Vergleichsvorschlag hätte Rechtssicherheit für alle Beteiligten bringen können. Jene Anlage, die aus Sicht des Gerichts hätte genehmigungsfähig sein können, wäre von Etteln ca. 3.5 km, von Dörenhagen ca. 2,6 km und damit weit von den Häusern entfernt gelegen.

Vergleich vom Tisch: Gesamte Planung der Gemeinde steht auf dem gerichtlichen Prüfstand

Der Betreiber hatte bei der mündlichen Verhandlung sein Einverständnis „zähneknirschend“ signalisiert und im Gegenzug die Rücknahme der Klagen gegen drei weitere abgelehnte Anlagen angekündigt. Wohl auch mit dem Ziel, wenigstens eine Anlage, wenn auch mit erheblichen Auflagen, erstreiten zu können und damit an der nächsten Ausschreibungsrunde zum 1. August teilnehmen zu können. Um einen solchen Vergleich schließen zu können, müsse aber zuvor die Gemeinde Borchen ihr Einvernehmen erteilen, so die Richterin. Der Kreis Paderborn hatte am 17. Juni deshalb den Bürgermeister der Gemeinde Borchen, Reiner Allerdissen pflichtgemäß um Erteilung des Einvernehmens gebeten, wie es ein so komplexes Verfahren vorsieht, und in dem Schreiben auch auf die Konsequenzen hingewiesen, die ein „Nein“ der Gemeinde nach sich ziehen könnte. Der Bürgermeister hat erst am 26. Juni vorsorglich das so genannte Einvernehmen verweigert. Auch das spielt jetzt keine Rolle mehr. Denn eingetreten ist genau das, was im Schreiben vom 17. Juni dem Bürgermeister detailliert erläutert worden war: Durch Inkrafttreten des FNP muss das Verwaltungsgericht Minden jetzt prüfen, ob der neue Flächennutzungsplan dem Planungsvorhaben der klagenden Betreiberin entgegensteht. Und das bedeutet, dass die Richterin inzident auch den neuen FNP prüfen muss. Also geht es jetzt nicht mehr nur um vier Anlagen sondern vielleicht auch mehr, weil die gesamte Planung der Gemeinde Borchen auf dem Prüfstand stehen dürfte. Der Kreis Paderborn hat dem Bürgermeister der Gemeinde Borchen, Reiner Allerdissen, bereits mitgeteilt, dass „eine Erledigung des gegen die Ablehnung der 4 Anlagen Etteln-Ost… im Wege eines Vergleichs, Genehmigung einer Anlage, Rücknahme der Klagen gegen drei abgelehnte Anlagen, nicht mehr möglich ist“. Damit habe sich auch das Schreiben vom 17. Juni erledigt. „Gegenstand des verwaltungsgerichtlichen Verfahrens ist jetzt weiterhin die Ablehnung aller 4 Anlagen, die das Verwaltungsgericht nunmehr erneut – vor dem Hintergrund der geänderten Rechtslage – auf ihre Rechtmäßigkeit prüfen wird“, heißt es im Schreiben an den Borchener Bürgermeister.

Ein Vergleich als Mittel zur Streitbeilegung zu schließen ist vor Gericht gängige Praxis.

Wie berichtet, lehnte der Kreis Paderborn im Januar 2018 den Bau von vier Windkraftanlagen in Etteln aus artenschutzrechtlichen Gründen ab. Alle beantragten Windräder befinden sich in der Nähe von Rotmilan-Brutplätzen. Deshalb seien „Kollisionen mit den Rotoren der Anlagen zu erwarten“, heißt es im ablehnenden Bescheid des Paderborner Kreisumweltamtes. Somit sei von einem signifikant erhöhten Tötungsrisiko auszugehen. Gegen den ablehnenden Bescheid des Paderborner Kreisumweltamtes hatte der Betreiber geklagt. Einen Vergleich als Mittel zur Streitbeilegung zu schließen ist vor Gericht gängige Praxis. Kurz vor der mündlichen Verhandlung wurde dann auf Anforderung des Gerichts eine neue Raumnutzungsanalyse seitens des Betreibers aus dem Jahr 2017 vorgelegt, die weder dem Gericht noch dem Kreisumweltamt bis dahin bekannt war, jedoch die Argumentation des Kreises stützt, dass in dem Gebiet starke Rotmilanaktivitäten registriert wurden. Nicht zuletzt mit Blick auf dieses neue Gutachten schlug die Richterin dann am 17. Juni im mündlichen Verhandlungstermin vor, eine Anlage mit erheblichen Betriebseinschränkungen statt vier zu genehmigen. Zwischenzeitlich genehmigte die Bezirksregierung Detmold den neuen Flächennutzungsplan der Gemeinde Borchen am 25. Juni.

Der Flächennutzungsplan ist ein Planungsinstrument, mit dem Kommunen ihre städtebauliche Entwicklung steuern können. Städte und Gemeinden können darin auch die o.a. Windkonzentrationszonen ausweisen, also jene Flächen, in der Windenergieanlagen vorrangig gebaut werden können.

 
 
 

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