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28. September 2020

„Die Geschichte der Dinge. Zur Herkunft der Objekte in nordrhein-westfälischen Sammlungen“

LWL-Wanderausstellung zur Herkunft von Objekten in nordrhein-westfälischen Sammlungen

Museumsleiterin Kirsten John-Stucke, Dr. Ute Christina Koch (Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) Wissenschaftliche Referentin für das südliche Westfalen LWL-Museumsamt für Westfalen), Verena Burhenne, M.A. (Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) Wissenschaftliche Referentin für das westliche Münsterland LWL-Museumsamt für Westfalen) und die wissenschaftliche Volontärin (LWL) Annette Allerheiligen.  Bildnachweis: Kreismuseum Wewelsburg 
Museumsleiterin Kirsten John-Stucke, Dr. Ute Christina Koch (Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) Wissenschaftliche Referentin für das südliche Westfalen LWL-Museumsamt für Westfalen), Verena Burhenne, M.A. (Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) Wissenschaftliche Referentin für das westliche Münsterland LWL-Museumsamt für Westfalen) und die wissenschaftliche Volontärin (LWL) Annette Allerheiligen. Bildnachweis: Kreismuseum Wewelsburg

Der Fall Gurlitt, Bronzen aus dem ehemaligen Königreich Benin oder die Elgin Marbles von der Akropolis – diese Aufzählung macht die Spannbreite aktueller Provenienzforschung deutlich. Die Provenienzforschung, also das Erforschen der Herkunft und der Geschichte von Objekten, ist Thema der neuen Ausstellung „Geschichte der Dinge. Zur Herkunft von Objekten in nord-rhein-westfälischen Sammlungen“ des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL). Die Schau ist ab dem 27. September im Kreismuseum Wewelsburg in Büren (Kreis Paderborn) zu sehen, anschließend wandert sie durch sieben weitere Museen in Nordrhein-Westfalen.

Evangelische Missionare nahmen als Zeichen der erfolgreichen Christia-nisierung dieses Behältnis für den rituellen Gebrauch mit nach Deutsch-land. Foto: LWL/Kainulainen
Evangelische Missionare nahmen als Zeichen der erfolgreichen Christia-nisierung dieses Behältnis für den rituellen Gebrauch mit nach Deutsch-land. Foto: LWL/Kainulainen

„Zwar treiben mittlerweile Museen und andere Einrichtungen, wie Bibliotheken und Archive, verstärkt die Erforschung von wichtigen Sammlungsstücken voran. Dennoch dringt erst langsam ins Bewusstsein, dass auch heute erworbene Kunstwerke, Wertobjekte oder Alltagsgegenstände Raubgut sein könnten“, sagt Ausstellungskuratorin Verena Burhenne vom LWL-Museumsamt für Westfalen. Dies gelte nicht nur für öffentliche Institutionen, sondern auch für Vereine und Privatpersonen.
Während bei Ausstellungen zum Thema Provenienzforschung meist nur ein Sammlungsbereich, ein Sammler oder ein Museum im Fokus steht, widmet sich die LWL-Ausstellung erstmals in Deutschland dem gesamten Themenbereich: Insgesamt zehn Kapitel beschäftigen sich mit den unterschiedlichen Entzugskontexten wie zum Beispiel NS-verfolgungsbedingtem Entzug, Kolonialismus oder DDR-Unrecht, mit verschiedenen Objektgruppen wie Judaika, aber auch mit Akteuren und Strukturen. Die zentrale Frage: Woher kommt das Objekt? Dabei kann die Ausstellung mit 50 Leihgaben nicht immer Antworten oder konkrete Lösungen präsentieren. Vielmehr laden die Ausstellungsobjekte dazu ein, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und selbst Überlegungen zu Moral und Recht anzustellen.

 
 
Dieser Gedenkkopf eines Oba wurde vermutlich erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts hergestellt und kann deshalb nicht aus einer „Strafexpedition“ der britischen Armee im Jahr 1897 stammen. Foto: LWL/ Kainulainen 
Dieser Gedenkkopf eines Oba wurde vermutlich erst in der Mitte des 20. Jahrhunderts hergestellt und kann deshalb nicht aus einer „Strafexpedition“ der britischen Armee im Jahr 1897 stammen. Foto: LWL/ Kainulainen

Anhand der Leihgaben aus Nordrhein-Westfalen und darüber hinaus erzählt die Ausstellung Lebens- und Erwerbsgeschichten, die schwierige Kapitel der deutschen Geschichte berühren. Die Ausstellungsvorbereitung selbst ist ein Beispiel dafür, wie die aktive Auseinandersetzung damit Zeichen der Völkerverständigung und Versöhnung setzen kann: „Angestoßen durch eine Leihanfrage von uns konnte die Herkunft eines rituellen jüdischen Sedertellers im Hellweg-Museum in Unna recherchiert werden. Die kontaktierten rechtmäßigen Eigentümer bestimmten schnell, dass er als Dauerleihgabe im Museum verbleiben soll“, erzählt Ausstellungskuratorin Ute Christina Koch. Andere Objekte stehen hingegen stellvertretend für problematische Provenienzen. So stammt aus dem Museum Wilnsdorf (Kreis Siegen Wittgenstein) der Gedenkkopf eines Oba, des politischen und rituellen Oberhauptes im Königreich Benin, mit einer unbedenklichen Herkunft. Dieser wurde vermutlich Mitte des 20. Jahrhunderts in Nigeria hergestellt. Zahlreiche weitere „Beninbronzen“ in europäischen Museen stammen jedoch aus einer „Strafexpedition“ der britischen Armee im Jahr 1897 und werden heute von der nigerianischen Regierung zurückgefordert.

„Mit dieser Ausstellung wollen wir die Besucherinnen und Besucher ermutigen, sich mit diesem Thema, ob im eigenen Lieblingsmuseum oder zu Hause, auseinanderzusetzen“, so Burhenne. „Gerade abseits der ‚großen Kunst‘ übersieht man schnell, dass auch hier ein verfolgungsbedingter Entzug möglich ist“, ergänzt Koch.
 
 
Auch Freimaurer gehörten zu den während der NS-Zeit verfolgten Gruppen. Ob dieses Logenabzeichen der Jo-hannisloge „Victoria zur Morgenröthe“ in Hagen NS-verfolgunsgbedingt entzogen wurde, konnte noch nicht geklärt werden. Foto: LWL/Kainulainen
Auch Freimaurer gehörten zu den während der NS-Zeit verfolgten Gruppen. Ob dieses Logenabzeichen der Jo-hannisloge „Victoria zur Morgenröthe“ in Hagen NS-verfolgunsgbedingt entzogen wurde, konnte noch nicht geklärt werden. Foto: LWL/Kainulainen

„Zwar treiben mittlerweile Museen und andere Einrichtungen, wie Bibliotheken und Archive, verstärkt die Erforschung von wichtigen Sammlungsstücken voran. Dennoch dringt erst langsam ins Bewusstsein, dass auch heute erworbene Kunstwerke, Wertobjekte oder Alltagsgegenstände Raubgut sein könnten“, sagt Ausstellungskuratorin Verena Burhenne vom LWL-Museumsamt für Westfalen. Dies gelte nicht nur für öffentliche Institutionen, sondern auch für Vereine und Privatpersonen.
Während bei Ausstellungen zum Thema Provenienzforschung meist nur ein Sammlungsbereich, ein Sammler oder ein Museum im Fokus steht, widmet sich die LWL-Ausstellung erstmals in Deutschland dem gesamten Themenbereich: Insgesamt zehn Kapitel beschäftigen sich mit den unterschiedlichen Entzugskontexten wie zum Beispiel NS-verfolgungsbedingtem Entzug, Kolonialismus oder DDR-Unrecht, mit verschiedenen Objektgruppen wie Judaika, aber auch mit Akteuren und Strukturen. Die zentrale Frage: Woher kommt das Objekt? Dabei kann die Ausstellung mit 50 Leihgaben nicht immer Antworten oder konkrete Lösungen präsentieren. Vielmehr laden die Ausstellungsobjekte dazu ein, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen und selbst Überlegungen zu Moral und Recht anzustellen.

„Uns war von Anfang an wichtig, möglichst die ganze Bandbreite darzustellen, also verschiedene Entzugskontexte oder auch Objektgruppen bis hin zu Alltagsgegenständen.“ Ein Katalog vertieft und erweitert die Themenbereiche und zeigt ausgewählte Ausstellungsobjekte. Darüber hinaus hat die Geschichtsmanufaktur Dortmund ein museumspädagogisches Begleitprogramm für Erwachsene und die Sekundarstufe II entwickelt.

 
 

Hintergrund

Mit der Unterzeichnung der „Washingtoner Erklärung“ im Jahr 1998 verpflichtete sich die Bundesrepublik Deutschland, die während der Zeit des Nationalsozialismus beschlagnahmten Kunstwerke der Raubkunst zu identifizieren, deren Vorkriegseigentümer oder Erben ausfindig zu machen und eine „gerechte und faire Lösung“ zu finden. Über 30 Jahre nach dieser Unterzeichnung wird deutlich, dass die Anstrengungen deutlich verstärkt werden müssen, um dieser Verpflichtung gerecht zu werden. In einem Projekt zur Provenienzforschung in NRW nahm die Museumsberatung des Landschaftsverbandes Rheinland (LVR) zusammen mit dem LWL-Museumsamt in den Jahren 2017 bis 2019 besonders die kleineren und mittelgroßen Museen in den Blick.
Von Beginn an war geplant, im Rahmen einer Wanderausstellung nicht nur die Ergebnisse dieses Projekts vorzustellen, sondern den Besuchern das Thema Provenienzforschung mit Objekten näherzubringen.

Die Wanderausstellung haben Ute Christina Koch und Verena Burhenne vom LWL-Museumsamt für Westfalen geplant und organisiert. Die Inhalte des Medientisches zu den Bergungsorten in Nord-rhein-Westfalen hat Annika Flamm von der LVR-Museumsberatung beigesteuert.

„Geschichte der Dinge. Zur Herkunft von Objekten in nordrhein-westfälischen Sammlungen“
Eine Wanderausstellung des LWL-Museumsamtes für Westfalen
in Kooperation mit dem LVR-Fachbereich Regionale Kulturarbeit, LVR-Museumsberatung
Kreismuseum Wewelsburg, Burgwall 19 in 33142 Büren
27. September bis 6. Dezember 2020

Kontakt

Landschaftsverband Westfalen-Lippe

Pressekontakt:

Markus Fischer,
Tel.: 0251 591 235

 
 
 

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