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05. Oktober 2018

Ort des Verbrechens und des Leidens: Ehemalige KZ-Baracke in Niedernhagen wird zu einem barrierefreien Informations- und Dokumentationszentrum ausgebaut

Paderborner Kreistag beschließt Ankauf des Gebäudes –

Umbau der ehemaligen Häftlingsbaracke zu einem Informations- und Dokumentationszentrum 
Historische Aufnahme: Die ehemalige Häftlingsbaracke nach 1945, © Kreismuseum Wewelsburg

Die denkmalgeschützte, ehemalige KZ-Baracke in Wewelsburg wird zu einem barrierefreien Informations- und Dokumentationszentrum umgebaut und künftig für die historisch-politische Bildungsarbeit durch das Kreismuseum Wewelsburg genutzt. Der Paderborner Kreistag hat den Ankauf des Gebäudes mit Teilen des Vorplatzes in seiner jüngsten Sitzung beschlossen. Bis 2020 sollen rund 394.000 Euro investiert werden. Die Baracke soll mit EFRE- und Landesmitteln saniert werden. Der Eigenanteil des Kreises Paderborn liegt bei rund 84.400 Euro. Die originalen baulichen Überreste können auf besondere Weise Bezüge zum Konzentrationslager Niederhagen und dem späteren Flüchtlingslager vermitteln. „Es bietet sich die einzigartige Chance, an dem Baudenkmal sowohl auf die Verbrechen der NS-Zeit als auch auf die Themen Flucht und Vertreibung hinzuweisen“, heißt es in der Konzeption des Kreismuseums. Die Menschen suchten gerade im digitalen Zeitalter solche authentischen Orte auf, die es ermöglichen, Geschichte real zu erfahren.

"Es ist bedeutend für Büren, NRW und Deutschland sowie für die Geschichte der Menschheit, weil es das letzte seit 1948 weniger veränderte bauliche Zeugnis der Zeit ist."


Die EFRE-Mittel für die erste Ausbaustufe noch in diesem Jahr in Höhe von 80 Prozent sind bereits bewilligt. Die Gelder beantragt hatte die Stadt Büren, die ursprünglich plante, einen Teil der Häftlingsbaracke zu einem Informations- und Dokumentationszentrum auszubauen. Ein Teil der früheren KZ-Häftlingsküche, die seit 1954 als Feuerwehrgerätehaus und Fahrzeughalle dient, sollte weiterhin von der Freiwilligen Feuerwehr genutzt und dafür umgebaut werden. Dann kam der Baustopp: Der Landschaftsverband Westfalen-Lippe (LWL) stellte das Gebäude nach einer bauhistorischen Untersuchung unter Denkmalschutz, weil das Innere des Gebäudes ein bauliches Relikt aus der NS-Zeit ist. Die Holzbaracken wurden bis Mitte der 1960er Jahre abgerissen, an ihrer Stelle wurden neue Wohnhäuser und eine Gewerbesiedlung errichtet. Die steinernen Gebäude des Konzentrationslagers blieben erhalten: das ehemalige Torhaus, die Wäscherei, die ehemaligen SS-Garagen und ein Teil des früheren Krematoriums. Der Anbau der ehemaligen Häftlingsküche wurde zunächst als Wohnraum für Flüchtlinge, dann für Sozialwohnungen genutzt. „Es ist bedeutend für Büren, NRW und Deutschland sowie für die Geschichte der Menschheit, weil es das letzte seit 1948 weniger veränderte bauliche Zeugnis der Zeit ist“, so der LWL. Der Paderborner Kreistag beschloss deshalb auch, mit der Stadt Büren über eine mögliche Übernahme der ehemaligen Häftlingsküche bzw. des Feuerwehrgerätehauses zu verhandeln, um den Gesamtkomplex als überregional bedeutsames Baudenkmal für die Gedenkstättenarbeit zu nutzen. Aktuelle Aufnahme der ehemaligen Häftlingsbaracke
Die Baracke soll mit ihren drei Wohnungen und einem Kellerraum als „Ge-Denk-Ort“ konzipiert werden. Dabei wird das Gebäude selbst zum Ausstellungsobjekt. Doch die ursprüngliche Häftlingsbarracke soll nicht rekonstruiert werden. Aufgearbeitet werden alle Nutzungsphasen bis zur Gegenwart: Nach der Auflösung des KZ Niederhagen 1943 zogen die restlichen KZ-Häftlinge in eine Werkstattbaracke auf dem Industriehof. Das leerstehende Barackenlager wurde seit 1944 als Umsiedlungslager der Volksdeutschen Mittelstelle (Vomi-Lager) für „Volksdeutsche“ umfunktioniert, die aus den besetzten Ostgebieten ins Deutsche Reich deportiert wurden. Nach dem Krieg wurden die Baracken als „DP-Camp“ für ehemalige Zwangsarbeiter aus der Region genutzt. Ab 1946 wurden Flüchtlinge und Vertriebene in den leerstehenden Baracken untergebracht. Der gemeinsame Nenner ist die Zwangsmigration: Alle Insassen bzw. Bewohner wurden zwangsweise verhaften und deportiert, zwangsweise zur Flucht getrieben oder vertrieben. Wer waren all diese Menschen? Wie begegneten ihnen die Dorfbewohner? Die inhaltliche Auseinandersetzung mit diesen Fragen ermöglicht es, den Bogen bis zur Gegenwart, zur aktuellen Migrationsproblematik und Flucht aus Krisengebieten zu schlagen. Besuchergruppen, die bisher das Mahnmal auf dem ehemaligen Appellplatz besucht haben, können sich künftig die umgestaltete Baracke ansehen. Es wird keine Wandtafeln sondern eine zeitgemäße Präsentation mit Medientischen, Hörstationen und Projektionen geben. Die Baracke wurde bereits während der KZ-Zeit mit einem Luftschutzkeller erbaut. Dieser Keller kann später für Foto-, Sonder- oder Kunstausstellungen genutzt werden. Das Kreismuseum Wewelsburg wird in den nächsten Monaten Anwohner und Interessierte zu Informationsgesprächen einladen, um die Pläne vorzustellen.



 
 
 

Hintergrund zum KZ Niederhagen bei Wewelsburg:
Der Reichsführer der SS, Heinrich Himmler, hatte die Wewelsburg mit dem Ziel gepachtet, sie zu einem Führungszentrum seiner Organisation umzubauen. Die Pläne waren gigantisch. In letzter Konsequenz hätte das Dorf Wewelsburg weichen müssen. Um genug Arbeitskräfte für den Ausbau zu bekommen, wurde in unmittelbarer Nachbarschaft das KZ Niederhagen errichtet. 1285 Häftlinge starben an den qualvollen Arbeits- und Lagerbedingungen.

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