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Pressemeldung vom 20.07.2012

„Das lässt einen nicht kalt“ – Maßnahmen gegen Fremdenhass, Gewalt und Menschenfeindlichkeit: Neuntklässler der Hauptschule Salzkotten besuchen im Rahmen eines Projekts des Kreisjugendamtes Paderborn das ehemalige Konzentrationslager Buchenwald

Kreis Paderborn (krpb). Es ist der 24. Oktober 1941. Mit einem Runderlass verkündet das Reichssicherheitshauptamt einen neuen Straftatbestand. Wer „in der Öffentlichkeit freundschaftliche Beziehungen zu Juden“ zeigt, wird „aus erzieherischen Gründen vorübergehend in Schutzhaft“ genommen oder „in schwerwiegenden Fällen bis zu einer Dauer von drei Monaten in ein Konzentrationslager, Stufe 1“ eingewiesen. In Berlin wurde bereits vor Monaten für den Einkauf von Lebensmitteln von und für Juden „die Stunde von 4.00 h bis 5.00 h nachmittags festgesetzt“. Später ist ihnen das Halten von Haustieren untersagt, sie sind von der Belieferung mit Zeitungen und Zeitschriften ausgeschlossen, im März 1942 wird ihnen in Dresden der Kauf von Blumen verboten.

Was wäre wenn? Wenn diese Gesetze am morgigen Tag in Kraft treten würden? 47 Neuntklässlerinnen und Neuntklässler der Hauptschule Salzkotten blickten in den letzten Monaten zurück in eine Zeit, die geprägt war von Todesangst, Leid und Schmerzen, von Ausgrenzung und Fremdenhass. Im Rahmen eines Projektes des Kreisjugendamtes Paderborn sammelten sie bewegende Eindrücke in der Dauerausstellung "Ideologie und Terror der SS" in der Wewelsburg sowie bei einem Besuch des ehemaligen Konzentrationslagers und der Gedenkstätte Buchenwald in Thüringen.

Mit dem Auftrag, sich in die jüdischen Menschen von damals hineinzuversetzen, brachten die Jugendlichen ihre Gedanken und Gefühle zu Papier, verfassten Briefe, Hilferufe und Gedichte an fiktive Freunde und Bekannte.

Direkt vor Ort erlebten die Schülerinnen und Schüler ein Stück deutsche Geschichte. "Diese Erkenntnisse und Erfahrungen gilt es nun in die Gegenwart zu tragen, um so fremdenfeindliche, diskriminierende Tendenzen in der heutigen Gesellschaft wahrnehmen, ihre Ursachen erkennen und sich dagegen wenden zu können", erklärt Hermann Hutsch, Leiter des Kreisjugendamtes Paderborn die Zielsetzung des Projektes und der Gedenkstättenfahrten.

Durch Lehrer, Mitarbeiter des Kreisjugendamtes Paderborn und sozialpädagogische Fachkräfte des Jugendbegegnungszentrums Simonschule in Salzkotten für das Thema Nationalsozialismus und rechte Tendenzen in der heutigen Zeit sensibilisiert, diskutieren die Jugendlichen bereits vorab im Unterricht sowohl über die nationalsozialistische Rassenlehre, ihre Folgen für Deutschland und Europa als auch die Schicksale tausender Menschen und was man tun kann, damit dieses Geschehen sich niemals wiederholt.

„Wir sind auch Menschen. Genau wie ihr. Wir sind auch sterblich, genau wie ihr. Ihr seid nichts anderes“, so der Versuch eines Schülers, sich in die Gefühlswelt der jüdischen Menschen von damals hinein zu versetzen. „Ich hätte mir Gedanken gemacht, ob ich weiterleben soll oder nicht“, bringt ein Mitschüler seine Gedanken zu Papier.

„Die Jugendlichen arbeiten an einem besonderen Projekt mit, das bewusst nachdenklich stimmen und aufrütteln soll“, betont auch Carlos Tomé vom Kreisjugendamt Paderborn, der die Jugendlichen begleitete und in einem Workshop im Jugendbegegnungszentrum Simonschule in Salzkotten gemeinsam mit Lehrern und sozialpädagogischen Fachkräften des Jugendbegegnungszentrums Simonschule Erfahrungen und Eindrücke der Schüler aufarbeitete.

Erschüttert und nachdenklich beim Anblick des KZ Geländes in Buchenwald, des ehemaligen Krematoriums und Leichenkellers, wurde auch der 16-jährige Sebastian. „Jeder kennt ein Stück Geschichte. Doch selber zu sehen, zu fühlen, sich Gedanken zu machen darüber, wie man damals Menschenleben ausgelöscht hat, lässt einen nicht kalt. So etwas berührt einen“, beschreibt der Schüler seine Gefühle. Für seine Mitschüler Marvin und Marcel ist es „schrecklich, dass sich damals niemand getraut hat, sich zu wehren“.

In der Schule, im Workshop, aber auch Projektgemeinsam mit Freunden und der Familie arbeiteten die Jugendlichen ihre Eindrücke auf. „Meine Uroma hat das selber erlebt“, berichtet ein Schüler schockiert. Eine Mitschülerin setzte sich „eine Stunde lang in den Bus.“ Sie habe die Musik aufgedreht und einfach nachgedacht.

Auf die Frage, wie verhindert werden kann, dass sich diese Geschichte wiederholt, haben die Jugendlichen viele Antworten. Wichtig sei, immer wieder über die Vergangenheit aufzuklären. Damit die Menschen „genau wissen, was damals geschehen ist“. Hilfreich seien auch „Fahrten wie diese. Wenn veranschaulicht wird, wie grausam das war.“

Bereits seit dem Jahr 2000 bietet das Kreisjugendamt Paderborn Schulen im Rahmen des Konzeptes "Maßnahmen gegen Fremdenhass, Gewalt und Menschenfeindlichkeit" die Möglichkeit, im Klassenverband die Vergangenheit zum Thema werden zu lassen. Neben den Gedenkstättenfahrten finden auch Soziale Trainingskurse oder Theaterveranstaltungen zur Thematik statt.

Weitere Informationen zu diesem Projekt und weiteren Angeboten erhalten interessierte Lehrerinnen und Lehrer beim Kreisjugendamt Paderborn unter 05251 308 613 (Carlos Tomé).

Bildunterzeile Bild rechts:

Austausch von Eindrücken und Gedanken - Carlos Tomé vom Kreisjugendamt Paderborn (links) und Ulla Dittrich vom Jugendbegegnungszentrum Simonschule (rechts) mit Schülern der Hauptschule Salzkotten

 

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Aldegreverstraße 10 – 14
33102 Paderborn

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