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Pressemeldung vom 02.11.2012

Landrat Manfred Müller: "Wir können doch nicht bei den Ärmsten sparen!"

Kreis Paderborn (krpb). Dass das Maß voll ist, sieht auch Landrat Manfred Müller so. „Natürlich haben die Städte und Gemeinden Recht: Die von den Kommunen letztlich über die Kreisumlage zu tragenden Sozialkosten sind viel zu hoch“, sagt Müller. Die in den vergangenen Tagen geäußerten Klagen der Kommunalpolitik über ständig steigende und erdrückende Belastungen seien korrekt wahrgenommen und berechtigt.

Am kommenden Montag wird der Kreishaushalt mit einem Volumen von rund 300 Millionen Euro eingebracht. Drei Viertel davon fließen in den sozialen Bereich. Müller betont, dass die Kosten für Arbeitslosigkeit, Hilfe zur Pflege, Sozialhilfe, Jugendhilfe und für Menschen mit Behinderungen Ausfluss des Sozialstaatsprinzips seien. „Wir können doch nicht bei den Ärmsten sparen“, sagt dazu Müller. Die Kosten des Ausbaus der Kindertagesstätten schlügen ebenfalls erheblich zu Buche. Außerdem bestehe praktisch auf alle Sozialleistungen ein Rechtsanspruch. Die Kreisverwaltung sei in hohem Maße auch eine Sozialbehörde, die ganz nah bei den Menschen sei, so Müller. Im Übrigen komme überall konsequent das Prinzip „Fordern und Fördern“ zum Tragen, das die Empfänger von Sozialleistungen zu eigenen Anstrengungen verpflichte. Die Höhe der Zuwendungen werde durch Bundes- und Landesgesetze bestimmt. „Bund und Land lassen die Kommunen mit diesen Kosten allein. Es ist ungerecht, den Kreis dafür zu schelten, nur weil sich diese Kosten in seinem Haushalt ansammeln“, moniert Müller.

Müller erinnert beispielhaft an den Soziallastenansatz im Gemeindefinanzierungsgesetz, dem Verteilmaßstab bei den Schlüsselzuweisungen für die Gemeinden, der die Arbeitslosigkeit abbilde. Diese Schlüsselzuweisungen fließen direkt an die Städte und Gemeinden. Bezahlt werde die Arbeitslosigkeit jedoch vom Kreis vor Ort, z.B. in Form von SGB II - Kosten der Unterkunft, die dann per Kreisumlage auf die Gemeinden verteilt würden. Vor diesem Hintergrund lohne sich ein differenzierter Blick in die Städte und Gemeinden. So seien etwa in Bad Lippspringe die Sozialkosten mit 305 Euro je Einwohner am höchsten. Wäre dieser Betrag der Kreisdurchschnitt, müsste die Kreisumlage sogar noch um über 30 Millionen Euro höher ausfallen, um die Kosten der Unterkunft, Sozialhilfe, Hilfe zur Pflege etc. bezahlen zu können. Diese Kosten seien beispielsweise in der Badestadt von 4,1 Mio. € (2009) auf 4,6 Mio. € (2011) deutlich gestiegen. Hintergrund ist die besondere Bevölkerungsstruktur in Lippspringe und die 318 Plätze in den vier Seniorenheimen. Dafür erhalte gerade Bad Lippspringe über den Soziallastenansatz einen finanziellen (unzureichenden) Ausgleich, den sie im eigenen Haushalt veranschlage, obwohl die Kosten im Kreishaushalt anfielen. Viel schlimmer aber seien eigentlich die Gemeinden dran, die viel niedrige Sozialkosten (vgl. Hövelhof: 95 Euro, Lichtenau 82 Euro), aber dennoch hohe Umlagebeiträge zahlen müssten.

„Vor diesem Hintergrund ist es schon verwunderlich, dass gerade die Stadt, die eine der Hauptursachen für die hohe Kreisumlage setzt, sich so laut darüber beschwert“, erklärt Müller. Die Kurstadt habe aufgrund der besonderen Lage zudem drei Millionen Euro vom Kreis aus dem Konjunkturpaket erhalten. Bad Lippspringe erhalte im kommenden Jahr voraussichtlich – vorbehaltlich der Zustimmung des Jugendhilfeausschusses und Kreistages – allein für den HOT-Umbau 75.000 € aus Jugendhilfemitteln.

Die Höhe der Landschaftsumlage könne der Kreis ebenfalls nicht beeinflussen. Eine mögliche Steigerung auf über 60 Millionen Euro für den Kreis Paderborn sei bereits angekündigt und werde im Kreishaushalt enthalten sein. Dahinter verbergen sich zu 85 % die Kosten für Behindertenwerkstätten, für ambulante und stationäre Unterbringung.

Der Kreishaushalt bestehe nun einmal zum übergroßen Anteil aus fixen Kosten des Sozialstaats, die zu tragen eine solidarische Pflicht sei, bekräftigt der Landrat. Die erbetenen Vorschläge aus den Gemeinden zur Einsparung im Kreishaushalt seien kaum vorgetragen worden. Das liege wohl auch daran, dass der Kreis im Wesentlichen auf der Basis vorgeschriebener Leistungs- und Ordnungsgesetze agiere und größere, beeinflussbare Ausgaben (z.B. Flughafen, Kammerspiele, Wewelsburg, Almetalbahn) immer generell mit den Kommunen abstimmen würde. Ohne konkrete Vorschläge könnten aber auch die Vorwürfe nicht aufrechterhalten werden. „Ein bisschen muss der Kreis offenbar die „Prügelknabenfunktion“ übernehmen, weil er stellvertretend für die hohen sozialen Lasten gescholten wird“, meint Müller. Ihm sei schon bewusst, dass Kosten für einen Sportplatz vor Ort „gute Ausgaben“ und Aufwendungen für das Kreisgesundheitsamt, das so vorbildlich die „EHEC-Epidemie“ bekämpft habe „schlechte Ausgaben“ darstellten, weil es „Kreiskosten“ seien. Er habe ein wenig mit Augenzwinkern zur Kenntnis genommen, dass innerhalb einer Stunde Bürgermeister sich über die Kreisumlage aufregten und kurz darauf um finanzielle Unterstützung für örtliche Projekte aus dem Kreishaushalt bäten. Alle Gemeinden profitierten durch Radwege, Kreisverkehre und die Touristikzentrale. Konkret in Frage gestellt würden diese „vor Ort hilfreichen Projekte“ kaum, weil sie natürlich dem Bürger zugute kommen.

Müller betont, dass er viel Verständnis für die bedrohliche Situation der Kommunen habe. Durch das Neue Kommunale Finanzmanagement seien Pensionsrückstellungen und Abschreibungen als zusätzliche Kosten hinzugekommen. Landschaftsverband, Kreise und die Gemeinden selbst müssten neben gestiegenen Sozialkosten diese Zusatzkosten schultern. Der Druck auf den Kreishaushalt sei aber nicht neu. Neue Ausgabenblöcke seien im Montag einzubringenden Etat nicht enthalten. Die Verwaltung werde seit Jahren auf Effizienz getrimmt und der Druck auf die Mitarbeiter deutlich erhöht. Der Kreis habe in den vergangenen Jahren trotz gestiegener Aufgaben aufgrund seines selbst auferlegten Konsolidierungskonzeptes erheblich Personal in einer finanziellen Größenordnung von saldiert etwa 1 Mio.€ abgebaut und seine Verwaltungsabläufe weiter verbessert. Ganz bewusst sei man einen eigenen Weg gegangen und habe auf die vorhandenen Prüfungen zurückgegriffen. Die Einschaltung eines externen Gutachters, der die gesamte Kreisverwaltung untersucht, sei angesichts der vielen vorliegenden Untersuchungen nicht sinnvoll und zu teuer. Extern soll noch der Sozialbereich untersucht werden, nachdem bereits im technischen Dezernat eine solche Betrachtung vorgenommen worden war. Diese habe jedoch im Wesentlichen die Effizienz bestätigt. In manchen Bereichen, wie etwa beim Jugendamt, gehöre die Kreisverwaltung zur Spitze in NRW. Fast alle Bereiche der Verwaltung seien mittlerweile optimiert worden. Dennoch gebe es sicher noch manches zu tun. „Daran arbeiten wir“, bekräftigt Müller.

Die Forderung der Kommunen, die allgemeine Rücklage des Kreises zu verzehren, sei unzulässig. Es gebe einen entsprechenden Erlass der obersten Kommunalaufsicht, dem Innenministerium. An diese Erlasslage müsse der Kreis sich halten. Minden-Lübbecke, Lippe, Gütersloh, Höxter und Soest hätten - entgegen mancher Behauptung – ihre allgemeine Rücklage ebenfalls nicht angegriffen und es werde bewusst ein Restbestand in der Ausgleichsrücklage übrig behalten. Überhaupt seien diese „Rücklagen“ kein Sparstrumpf, in denen noch Geld sei, sondern lediglich fiktive Buchungen gegen das Eigenkapital, das beim Kreis im Wesentlichen aus Berufskollegs, Straßen, Förderschulen, dem Kreishaus und der Wewelsburg bestehe. Die Folge sei am Ende die Finanzierung von Personalkosten auf Pump per Kassenkredit.

Im Rahmen der Fortsetzung des Bürgerforums findet am kommenden Donnerstag, den 8. November um 17 Uhr im Großen Sitzungssaal des Paderborner Kreishauses eine öffentliche Informationsveranstaltung zum Kreishaushalt statt. Sie ist bereits seit mehreren Monaten geplant. Dazu sind die Teilnehmer des Bürgerforums aus dem Vorjahr, aber auch alle interessierten Bürgerinnen und Bürger sowie Ratsmitglieder der Städte und Gemeinden eingeladen.

 

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