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Pressemeldung vom 18.01.2012

Stille Helden des Alltags

Stille Helden des Alltags: Im Rahmen des Neujahrsempfangs des Kreises Paderborn am vergangenen Freitag, 20. Januar, wurden drei Ehrenamtliche - stellvertretend für viele - für ihr Engagement offziell durch Landrat Manfred Müller geehrt.

Landrat Manfred Müller:

Ich stelle Ihnen heute Abend Menschen vor, die vor allem eines verbindet: Sie sehen hin. Sie tun etwas, wenn man sie braucht. Sie sagen nicht, „man sollte, man könnte oder hier müsste aber mal was geschehen“. Nein, der Konjunktiv ist ihnen fremd. Sie handeln und wärmen mit ihrem Tun unsere Gesellschaft. Ihr Beispiel soll Anreiz sein, es ihnen gleich zu tun. Deshalb ehren wir unsere stillen Helden des Alltags nicht nur sondern erzählen vielmehr ihre Geschichte. Es ist die Geschichte des Ehrenamts, an der viele schreiben. Jeden Tag. Zeile für Zeile. Franco Castagnetti ist einer von ihnen.



Franco Castagnetti

Die Sprache öffnet Türen. Aus Worten können Wege werden. Herr Castagnetti hat diese positive Macht der Sprache genutzt. Als er 1972 als Italienischlehrer nach Deutschland kam, wollte er nicht einfach nur italienisch lehren. Er half vielmehr seinen italienischen Mitbürgern, sich im neuen Land zurechtzufinden, unterstützte sie bei Problemen in der Familie oder in der Schule. Mit seinen Kursen in Kindergärten sorgte er dafür, dass die Kleinsten bilingual aufwachsen konnten, weil es ihm wichtig war, dass sie in die deutsche Kultur hineinwuchsen und gleichzeitig ihre italienischen Wurzeln behielten. Damit pflegte er bereits in den 80er Jahren eine Form der Integration, wie sie sich erst in diesen Tagen so herausgeschält hat: Als eine Öffnung der Gesellschaft, in der man versucht, Brücken zwischen den Kulturen zu bauen und voneinander und miteinander zu lernen, ohne die eigenen Identität außer acht zu lassen. Dabei kommt der Bildung eine Schlüsselrolle zu, weil sie Verstehen und Entwicklung fördert. Weil sie Lebensperspektiven erschließt, die einen Platz in der Gesellschaft sichern. Herr Castagnetti legte deshalb immer Wert darauf, dass niemand diesen Anschluss verpasste. Er bot Abendkurse an, die zu einem anerkannten Schulabschluss führten, beriet Jugendliche in allen Fragen der Ausbildung, organisierte Sportfeste und Kulturfahrten für italienische, deutsche und andere ausländische Mitbürger. Er engagierte sich im italienischen Verein Paderborn (A.C.R.I.) und im italienischen Pastoralverbund.

Herr Castagnetti macht seit über 40 Jahren das, was wir erfolgreiche Integrationsarbeit nennen. In der Vorschlagsbegründung wird das wärmer formuliert. Dort heißt es, dass Herr Castagnetti ein Mann sei, der anderen hilft und sich für das Gute einsetzt. Dass er ein engagierter und besonderer Mensch sei, der seine Mitbürger nie im Stich lassen würde. Sein Werkzeug ist die Sprache, auch das wunderbare Italienisch, das wir im Zuge der Partnerschaft des Kreises Paderborn mit der Provinz Mantua in den vergangenen Wochen und Monaten wiederholt hören durften. Für mich in besonderer Erinnerung geblieben ist der Moment, als der Text der Partnerschaftsurkunde erst in deutscher, dann in italienischer Sprache vorgelesen wurde. Da haben alle im Raum verstanden, wie sehr wir einander bereichern können. „Eine Sprache mit vielen Konsonanten ist wie ein Kartoffelacker. Eine Sprache mit vielen Vokalen aber ist wie ein Blumenbeet“, hat dazu der italienische Operntenor Enrico Caruso gesagt. Lieber Herr Castagnetti, sie haben in über 40 Jahren viele Beete angelegt und Blumen zum Blühen gebracht. Dafür sagen wir hier und heute: Mille Grazie!




Verein Christliche Krankenhaushilfe im Westfälischen Zentrum für Psychiatrie und Psychotherapie (Vereinsvorsitzende Sylvia Richard und Geschäftsführerin des Vereins, Elisabeth Lehmkuhl)

„Die Achtung des Menschen und seine Existenzberechtigung begründen sich und bestehen alleine durch sein Dasein, sie werden nicht erst durch eine Leistung oder einen besonderen Beitrag des Einzelnen zur Gemeinschaft gegeben.“ Dieser Satz steht im Leitbild des Westfälischen Zentrums für Psychiatrie und Psychotherapie. Er signalisiert bereits, was passieren kann, wenn Menschen über Kosten und Nutzen, über ihre Funktionalität definiert werden. Ihre Seele erkrankt: Menschen, die überfordert werden oder an sich selbst zu hohe Ansprüche setzen, können daran zerbrechen.



Die Patienten im Westfälischen Zentrum haben erst einmal ihren Alltag verloren. Wie muss es sich anfühlen, wenn man diese schwierige Zeit auch noch allein durchstehen muss, weil Angehörige weit weg leben, zu beschäftigt sind für einen Besuch oder der Partner vielleicht bereits gestorben ist? In einer solchen Phase zählt jedes freundliche Wort, jede Geste. Die 65 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Vereins Christliche Krankenhaushilfe füllen genau diese Lücke. Sie stehen seit über 30 Jahren vor allem auch alleinstehenden und älteren Patienten im Westfälischen Zentrum zur Seite. Sie sorgen dafür, dass die Patienten am Gottesdienst teilnehmen, ihren Glauben praktizieren können. Sie betreiben die Caféteria täglich von 14 bis 18 Uhr. An 362 Tagen im Jahr, wie in der Vorschlagsbegründung betont wird.

Die Patientencaféteria, sehr geehrte Damen und Herren, ist nicht nur ein Ort, an dem man einen Kaffee trinkt. Sie ist ein Hauch von Alltag, steht für ein Stück Normalität im Klinikbetrieb und erinnert daran, dass da draußen das Leben wartet.

Ich darf heute Abend ganz herzlich die langjährige Vorsitzende des Vereins Christliche Krankenhaushilfe, Frau Sylvia Richard, und die Geschäftsführerin, Frau Elisabeth Lehmkuhl, begrüßen, die diesen Verein gegründet hat und sich noch heute um die Finanzen kümmert. Liebe Frau Richard, liebe Frau Lehmkuhl, Sie tragen dazu bei, dass Menschen in einer für sie so schweren und bedrohlichen Zeit wieder Appetit auf den Alltag entwickeln. Sie schenken ihre Zeit, damit andere wieder die Farben sehen. Damit verändern sie unser gesellschaftliches Klima. Sie beweisen in ihrer täglichen Arbeit, wie sehr ein Lächeln ganze Welten zu bewegen vermag. Sie zeigen in vorbildlicher Weise, dass hier im Kreis Paderborn die Mitmenschlichkeit ein Zuhause hat. Dafür sagen wir Ihnen von ganzem Herzen: Danke.



Norbert Schulte aus Salzkotten-Upsprunge

Was haben Klimaschutz und Kathedralen gemeinsam? Für beides braucht man einen langen Atem. Ganze Generationen bauten an diesen mächtigen Kirchen, die über die Jahrhunderte nichts an ihrer Bedeutung verloren. Diese Menschen wussten, dass sie die fertige Kathedrale wahrscheinlich nie sehen würden. Aber sie wussten, dass sie an monumentalen Bauwerken mitwirkten und etwas für eine Zukunft taten, die ihre Kinder erleben würden. So ist es auch mit dem Klimaschutz. So ist es auch mit dem Heimatschutz, letztlich ein Kind des Klimaschutzes, der immer vor Ort beginnt. Stein um Stein.

Norbert Schulte ist so ein Mensch mit langem Atem. Der sein Stück Heimat gestalten und auch für seine Kinder und Enkelkinder bewahren möchte. Seit 43 Jahren führt er die Dorfchronik von Upsprunge. Seit 22 Jahren ist er als Ortsheimatpfleger tätig. Mit enormem Einsatz, auch mit Schaufel, Besen und Rasenmäher, heißt es in der Vorschlagsbegründung. Er habe sich verdient gemacht um die Erforschung der Dorfgeschichte und Geschichte der Kirchengemeinde St. Petrus. Persönlich eingesetzt habe er sich zudem für den Erhalt und die Erneuerung von Wege- und Flurkreuzen sowie bei der Schaffung eines Kindergartens in der ehemaligen Schule, heißt es weiter. Die Begrünung des Ortes und die Neupflanzung heimischer Obstbäume bezeichnet er als eine Herzensangelegenheit. Dass dieses ehrenamtliche Engagement von Herzen kommt, zieht sich wie ein roter Faden durch seine Biographie. Er war Messdiener, Küster und Lektor. Seit 1964 ist er Mitglied der St. Hubertus Schützenbruderschaft und hat dort beispielsweise auch die Jugendabteilung mit aufgebaut. Er war Mitglied der freiwilligen Feuerwehr Usprunge, zuletzt Oberfeuerwehrmann. Dazu kommen langjährige Vereinsmitgliedschaften im Musik-, Sport- und Bürgerverein. Er schrieb viele Einzelaufsätze zur Heimatpflege, zur Orts- und Vereinsgeschichte, wirkte mit bei der Herausgabe von Jubiläumszeitschriften, organisierte Heimatnachmittage und die turnusmäßig statt findenden Upsprunger Märkte. Er initiierte die Erarbeitung eines Leitbildes für Upsprunge und ist der Motor bei der Teilnahme am Wettbewerb „Unser Dorf hat Zukunft“. Wir erinnern uns: In 2005 siegte Upsprunge auf Kreisebene, ein Jahr später konnte die Silbermedaille auf Landesebene errungen werden. Mit der Gründung eines plattdeutschen Kreises möchte er das Upsprunger Plattdeutsch für spätere Generationen aufzeichnen. Er ist ehrenamtlicher Geschäftsführer der Bürgerstiftung Salzkotten und „steht jedem Verein in Upsprunge mit Rat und Tat zur Verfügung. Wir Upsprunger würden uns freuen, wenn Herr Schulte für sein Wirken entsprechend geehrt würde“, heißt es abschließend in einem Schreiben. Ja, genau das haben wir jetzt vor. Denn hier legt ein engagierter Mensch Stein um Stein, um einen Ort zu schaffen, der Halt und Zukunft bietet. 


Die komplette Neujahrsrede des Landrates steht hier zum Download bereit.

 

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