Zum Inhalt (Access key c)Zur Hauptnavigation (Access key h)Zur Unternavigation (Access key u)
Pressemeldung vom 08.03.2013

„Arbeitskräfte wurden angeworben, Menschen kamen“

- Ausstellung „OWL - Heimat für Fremde“ noch bis zum 28. März im Paderborner Kreishaus –

Kreis Paderborn (krpb). Wie fühlt es sich an, in ein fremdes Land zu kommen, die Sprache nicht zu beherrschen, und erst einmal in Turnhallen und Wohncontainern untergebracht zu sein? Millionen von Menschen kennen die Antwort. Nach dem Ende des zweiten Weltkrieges waren sie auf der Suche nach einer neuen Heimat. Im Zuge des so genannten Wirtschaftswunders kamen Millionen von Gastarbeitern in die Bundesrepublik. Die so genannte Aussiedlerwelle erfasste insbesondere auch den Kreis und die Stadt Paderborn. All diese großen Entwicklungsströme sind in Form von Statistiken gut dokumentiert. „Doch die Geschichte der Zuwanderung ist viel mehr als angewandte Mathematik. Hinter den Zahlen verbergen sich zum Teil bewegende Schicksale von Menschen, die es wert sind, erzählt und für die Nachwelt erhalten zu werden“, sagt Landrat Manfred Müller. Eine Ausstellung im Paderborner Kreishaus erzählt einige dieser Geschichten. Portraitiert werden darin Menschen, die beschreiben, wie OWL zu ihrer Heimat wurde. Gezeigt werden zudem Originalfotos und Schautafeln, die anschaulich die Geschichte von Flüchtlingen und Vertriebenen, von „Gastarbeitern“, von Asylsuchenden und Aus- und Übersiedlern dokumentieren.

Die Ausstellung „OWL – Heimat für Fremde“ des Kreisarchivs Paderborn in Zusammenarbeit mit dem Erzbistumsarchiv Paderborn, dem Stadtarchiv Paderborn und dem Universitätsarchiv Paderborn kann noch bis zum 28. März im Foyer des Paderborner Kreishauses in der Aldegreverstraße 10 – 14 besichtigt werden.

Ganze 900 Ausländer lebten 1954 im damaligen Altkreis Paderborn. Das entsprach einem Anteil von 0,55 Prozent der Bevölkerung. Danach stieg ihre Zahl sukzessive an. Der Wirtschaftsaufschwung der 50er Jahre erreichte die Region Paderborn mit Verspätung. Arbeitskräfte wurden nun auch hier dringend gebraucht. Die allermeisten Migranten kamen aus der Türkei, Italien, Jugoslawien und Spanien. Das hatte auch Konsequenzen für den heimischen Speisezettel. Unter der Überschrift „Döner statt Boulette“ werden in der Ausstellung Auszüge aus alten Telefonbüchern gezeigt, die belegen, dass Mitte der 60er Jahre bis auf zwei jugoslawische Restaurants ausschließlich deutsche Küche angesagt war. Gastronomiebetriebe wie die Altdeutsche Bierstube, Dom-Schänke oder auch Kegelklause luden ein zu Speis und Trank. In diesen Tagen bietet etwa die Hälfte der Gastronomiebetriebe ausländische Speisen an.

1983 hatten von insgesamt 228.298 Einwohnern des Kreises Paderborn insgesamt 12.387 ausländische Wurzeln, was einem Anteil von 5,4 Prozent entspricht. Diese verteilten sich aber sehr unterschiedlich auf die Kommunen. An der Spitze standen Bad Lippspringe mit 9,5 % und Paderborn mit 7,9 %, während der Ausländerbevölkerungsanteil in Altenbeken, Büren, Lichtenau und Borchen unter 2 % lag. Nach der tiefgreifenden Politikwende der Sowjetunion unter Gorbatschow stiegen die Aussiedlerzahlen sprunghaft an. Diese so genannte Aussiedlerwelle erreichte auch den Kreis und insbesondere die Stadt Paderborn. Zwischen 1987 und 1992 kamen rund 13.000 Aussiedler in den Kreis. Die Familie Schiller zählt beispielsweise dazu: Sie kam im März 1991 über die Übergangslager Schönberg und Unna-Massen nach Bad Wünnenberg, wo sie zunächst im Wohnpark eine Bleibe fand. Der Vater war in Kasachstan Sportlehrer und arbeitet nun als Trockenbauer. Die Mutter war Lehrerin und arbeitet nach einem Studium jetzt als Diplom-Sozialpädagogin. Auffallend ist: Auch wenn die Lebenswege mitunter sehr verschlungen waren, haben alle der dort Portraitierten ihren Weg gefunden, indem viele die Bildungswege genutzt haben, die der deutsche Staat ihnen bot. Insofern ist die Ausstellung auch eine Mutmacher-Ausstellung.

Dr. Jens Murken vom Landeskirchlichen Archiv der Evangelischen Kirche von Westfalen unterstrich bei der Ausstellungseröffnung, dass durch den hohen Anteil von Migranten OWL im Jahre 2020 der Regierungsbezirk mit dem im Durchschnitt jüngsten Einwohnern in Deutschland sein werde. Ihre Geschichte zu dokumentieren, eröffne die Chance, „Gemeinsamkeiten herauszufinden und Unterschiede zu erklären“, so Murken. Damit könnten Integrationsprozesse lehrreich sein und leichter fallen.

Dechant Benedikt Fischer als Vertretung der katholischen Kirche hob hervor, dass es oft die Kirche war, die durch Pflege ihrer spezifischen Frömmigkeit oder – vor dem zweiten Vatikanischen Konzil – durch die Universalität der lateinischen Liturgie ein Stück Heimat in der Fremde vermittelt habe. Er unterstrich dabei auch die Fürsorge für Flüchtlinge: Die diakonischen Werke der katholischen und evangelischen Kirche seien schon lange in der Beratung und Unterstützung von Flüchtlingen und Asylsuchenden tätig.



Öffnungszeiten der Ausstellung:
montags bis mittwochs 8 bis 15:30 Uhr
donnerstags 8 bis 18 Uhr, freitags 8 bis 12 Uhr

 

Anschrift

Kreis Paderborn
Aldegreverstraße 10 – 14
33102 Paderborn

Kontakt

Telefon: 05251 308 - 0
Telefax: 05251 308 - 8888
E-Mail senden

 
RAL Gütezeichen
Vorbildliches Europa-Engagement als „Europaaktive Kommunen“