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Pressemeldung vom 16.03.2015

Kooperation statt Kirchturmdenken: „Sei Teil der Lösung, nicht des Problems – Dorfentwicklungskonferenz des Kreises Paderborn in Delbrück Westenholz thematisierte Zukunftsstrategien für den ländlichen Raum –




Kreis Paderborn (krpb). Einwohnerschwund, Leerstände und Schulen, die schließen. Die Dörfer haben es nicht leicht in diesen Tagen. „Raue Zeiten erfordern Zusammenarbeit“, sagte dazu Landrat Manfred Müller zum Auftakt der Dorfentwicklungskonferenz des Kreises Paderborn in Delbrück-Westenholz. Wie diese aussehen kann, war Thema der diesjährigen Tagung. Vorgestellt wurden eine Fülle von Ideen, innovativen Projekten und Kooperationen mit dem Ziel, Lebensqualität auf dem Lande sicherzustellen. Von Kirchturmdenken müsse man sich dabei verabschieden, so das einhellige Fazit der Referenten. Letztlich gehe es darum, sich auf die eigenen Stärken zu konzentrieren, an den Schwächen zu arbeiten, die Menschen vor Ort einzubinden und Allianzen jenseits von Dorfgrenzen zu bilden.

Das Sport- und Begegnungszentrum in Westenholz war gut besucht, denn die Zukunft der Dörfer ist für viele Menschen im Paderborner Land ein Thema. Die Schülerinnen und Schüler des kreiseigenen Gregor-Mendel-Berufskollegs hatten für den Blumenschmuck gesorgt und setzten mit ihrer Frühlingsdekoration optisch bereits jenes Signal, das von Delbrück ausgehen sollte: Aufbruch, Mut zu machen, aktiv an den Lebensbedingungen vor Ort mitzuarbeiten.

Bürgermeister Werner Peitz ließ erst einmal ein Geburtstagsständchen für das Dorf Westenholz anstimmen, das in diesem Jahr sein 600-jähriges Jubiläum feiert. Schon ein solcher Geburtstag zeige, worum es geht. Solche Orte lebten von ehrenamtlichem Engagement, von Menschen, die Verantwortung übernehmen. „Dieses gelebte Selbstverständnis ist der Reichtum aller Dörfer“, betonte Peitz.

Landrat Manfred Müller stellte die Stärken der Region heraus: Ob Kinderbetreuung, Schulversorgung, Infrastruktur, Arbeitsplätze, Freizeitangebote oder gesundheitliches Wohlbefinden: Das alles seien guten Voraussetzungen, die gepflegt werden müssten. Müller betonte, dass die Dorfbewohner heute weltoffen und gleichzeitig traditions- und gemeinschaftsorientiert seien. Das seien die besten Voraussetzungen für Kooperationen. Der Landrat sprach die Flüchtlingsströme an und erinnerte an den Bürgermeister in Sachsen-Anhalt, der angefeindet wurde, weil er sich für Asylbewerber einsetze und schließlich zurücktrat, um seine Familie zu schützen. „So etwas darf es bei uns nicht geben. Das entspricht nicht christlicher Verantwortung“, bekräftigte Müller. Dafür gab es Szenenapplaus.

Eigentlich sollte Renate Rüther-Greaves erzählen, wie es ist, wenn man sein Dorf verlässt und dann zurückkehrt. Aus persönlichen Gründen konnte sie an der Veranstaltung nicht teilnehmen. Ihre Gedanken trug Annette Mühlenhoff vor, Leiterin der Servicestelle Wirtschaft der Paderborner Kreisverwaltung: Rüther-Greaves war nach Großbritannien ausgewandert und kehrte in 2011 nach Bad Wünnenberg-Fürstenberg zurück. Die Dörfer in Großbritannien seien reine Wohngebiete. Zum Arbeiten und Konsumieren gingen die Leute in die Stadt. Im Vergleich dazu seien die Dörfer in der heimischen Region noch gut aufgestellt. Rüther-Greaves hatte zwischenzeitlich studiert, promoviert und brachte eigentlich die besten Voraussetzungen mit, um im Dorf aktiv zu werden. Doch es sei nicht leicht gewesen, wieder Fuß zu fassen. Sie regt an, regionale Datenbanken zu erstellen, denen man entnehmen könne, wo und in welchem Bereich man sich engagieren könne. Gerade Zugezogenen könne man so den Einstieg in die Vereine und damit ihr „Ankommen“ erleichtern. In den Dörfern stecke viel Potenzial. Das müsse entdeckt und gebündelt werden. „Seien Sie Teil der Lösung, nicht des Problems“, gibt sie den Dörfern mit auf den Weg.

„Ohne Kooperation geht es nicht“, sagte Dr. Katrin Bäumer von SPRINT. Eine erfolgreiche Regionalentwicklung setze koordiniertes Handeln der Akteure voraus. Multiplikatoren aus Politik, Wirtschaft und Verwaltung müssten eingebunden werden. Statt Kirchturmdenken sei eine räumlich-funktionale Abgrenzung erforderlich, in der Kreativität, Mut, Know-how und Mittel, Neues auszuprobieren, gefragt seien. Bäumer stellte ein Modellvorhabe des Bundesministeriums für Landwirtschaft und Ernährung zur Erprobung innovativer Konzepte in strukturschwachen, peripheren Regionen vor. Am Beispiel der vier Modellregionen Birkenfeld, Dithmarschen, Holzminden und Uckermark, die jeweils mit 1,8 Millionen Euro unterstützt worden waren, erläuterte sie, wie es konkret gehen könne, die Region voranzubringen. Ziel war es insbesondere, die regionale Wertschöpfung zu erhöhen und Arbeitsplätze zu sichern. Deshalb wurden vor allem auch unternehmerisch denkende Menschen angesprochen.

In Birkenfeld sei ein Kooperationsdreieck aus Schule, Wirtschaft und Hochschule entstanden. Praktika, Projektwochen, Ausbildungsmessen und Unternehmerstunden dienen dazu, junge, qualifizierte Menschen zu binden sowie Fach- und Führungskräfte zu gewinnen. Dazu zählte auch der Aufbau einer Internetplattform „Made in BIR“ als gemeinsame Informations- und Wissensbasis.

Dithmarschen entwickelte den Talentekompass: Ziel ist es, dass Kinder und Jugendliche sehr früh durch den Aufbau von Bildungsketten die Unternehmen der Region kennenlernen und ihr Bildungsniveau erhöhen. Mehr als 50 regionale Unternehmen boten Führungen an bzw. schufen praxisnahe Bildungsangebote für Kindergärten, Schulen und Ausbildung. Erlernte Fähigkeiten werden in einen Talentekompass eingetragen.
In Holzminden ging es in erster Linie um neue Wege im Tourismus. Insbesondere der Wander- und Radtourismus sollte gefördert, Wellnessoasen für Erholungssuchende geschaffen werden. Die Bürger waren dazu aufgerufen, Ideen zu benennen und mit anzupacken. Die Höhe der Zuschüsse richtete sich danach, wie viele Bürger sich an einem Projekt beteiligten.

Die Kräuterregion Uckermark konzentrierte sich auf das, was die Region zu Hause hat: Und so wurde eine „Kräuter-Wertschöpfungskette“ aus der Taufe gehoben regionale Agrarerzeugnisse produziert und vermarktet. Dazu zählt auch eine Online-Bestellplattform für Verbraucher und Großkunden.
Die ausführlichen Projektbeschreibungen findet man unter www. land-zukunft.de.

Brigitte Strunz, Integrationsbeauftragte der Stadt Delbrück, versteht sich als Netzwerkerin. Auch die interkulturelle Öffnung gelinge am besten in Kooperation. Wobei sie lieber von Zusammenarbeit spricht. Da brauche man nicht unbedingt ein Vertragswerk, da reiche manchmal auch ein „Jow, machen wir“, um Türen zu öffnen. Von den rund 30.000 Einwohnern der Stadt Delbrück haben ca. 1.800 einen ausländischen Pass, ca. 4000 eine Zuwanderergeschichte. In Delbrück arbeiten Migrantenselbstorganisationen, Schulen, Firmen, Einzelhändler, Kirchen und Vereine auf vielfältige Weise zusammen. Ein erfolgreiches Projekt ist beispielsweise die „Weltreise“. Gruppen von vier bis sieben Grundschulkindern sind einen Nachmittag in Begleitung eines Paten zu Gast bei einer Familie, die aus einem anderen Kulturkreis stammen. Diese Weltreise wurde bereits sieben Mal durchgeführt. Teilgenommen haben 422 Kinder, 91 Familien und 91 Paten.

Marcus Husemann von der die Dörfergemeinschaft am Thuerne, Bad Münstereifel, berichtete, dass sich die sieben Dörfer mit insgesamt 2000 Einwohnern im April 2012 zur Vereinsgründung entschlossen, um Kräfte zu bündeln. Es sei gelungen, auch viele Bürger, die bislang nicht in Vereinen waren, für die Zusammenarbeit in diversen Arbeitsgruppen zu gewinnen. Gemeinsam gelang es, Wanderwege neue auszuzeichnen, Themenführungen sowie GPS-Schulungen anzubieten. Überrascht hätte alle Beteiligten vor allem der Erfolg der Arbeitsgruppe Mobilität. Auf dem Lande, so könnte man meinen, stünde vor jedem Haus mindestens ein Auto. Weit gefehlt: Für die sieben Dörfer wurde ein elektrisches Auto angeschafft, das von Vereinsmitgliedern gefahren wird. Vor allem ältere Bürger nutzen die Fahrgelegenheit, „aber nicht nur, um mobil zu sein“, so Husemann. Das Auto habe sich eher als eine Art sozialer Marktplatz erwiesen, wo man miteinander ins Gespräch komme.

Die Besucherinnen und Besucher der Dorfkonferenz hatten auch die Möglichkeit, am so genannten Markt der Möglichkeiten teilzunehmen. Hier wurden gute Beispiele aus der Region vorgestellt. Der „GlaubensGarten“ will zur Landesgartenschau 2017 in Bad Lippspringe einen besonderen Ort der interreligiösen Begegnung schaffen. Im Mittelpunkt wird das "Haus des Lichts" stehen, dessen Dach der Form nach einem weit aufgespannten Schirm ähneln soll. Das Haus soll betont offen gestaltet und Raum bieten für unterschiedliche Veranstaltungen wie Gebete, Gottesdienste, Vorträge oder musikalische Darbietungen. Unter dem Namen Paderbunt wollen sich die Initiativen für Flüchtlinge in und um Paderborn besser vernetzen. Im Rahmen des Netzwerks geht es darum, eine Anlauf- und Koordinierungsstelle für Menschen zu bieten, die sich für Flüchtlinge engagieren wollen.

Moderiert wurde die Veranstaltung von Christina Schulze Bisping vom Ministerium für Klimaschutz, Umwelt, Landwirtschaft, Natur- und Verbraucherschutz NRW. Für das musikalische Rahmenprogramm sorgte „HenkersMahlzeit“, eine westfälische Folkband aus Paderborn.

 

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