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31. Oktober 2016

Landrat Manfred Müller: „Wir sitzen alle in einem Boot“

Die Kreisumlage muss nicht ganz so deutlich angehoben werden wie ursprünglich geplant.

Grund ist die Ankündigung des Landschaftsverbandes Westfalen-Lippe (LWL), den Hebesatz der Landschaftsumlage um 0,9 Prozentpunkte und nicht wie ursprünglich kalkuliert um 1,15 Prozentpunkte anzuheben. Die Landschaftsumlage ist jener Betrag, den die Mitglieder des LWL, also die kreisfreien Städte und Kreise und somit auch der Kreis Paderborn zahlen müssen. Statt 77,6 Millionen Euro muss der Kreis Paderborn nach dieser neuen Modellrechnung 76,7 Millionen, also knapp eine Million Euro weniger an den LWL überweisen.

Gut 70 Prozent des Kreishaushalts sind Sozialhilfeleistungen, die gesetzlich begründet und somit gesetzt sind. Dort kann nicht gespart werden. Dazu zählen beispielswiese die Hilfe zum Lebensunterhalt, die Hilfe zur Pflege und Eingliederungshilfe für behinderte Menschen. Die Kreise müssen diese Hilfen durch die von den kreisangehörigen Städten und Gemeinden zu erhebende Kreisumlage finanzieren. „Ich teile Ihre Sorgen und Ihre Einschätzung, dass die explodierenden Sozialkosten kaum noch von den Kommunen zu schultern sind und wir hier dringend Entlastung brauchen“, erklärt Landrat Manfred Müller in einem Schreiben an die zehn Bürgermeister des Kreises Paderborn. Mit großem Verständnis reagiert er auf den „Brandbrief“ der Bürgermeister, die „mit dem Rücken an der Wand stehen“, so der Wortlaut des Schreibens, und auf Einsparen seitens des Kreises pochen. Gleichzeitig bitten sie den Landrat, auf den Gesetzgeber einzuwirken, damit die Kommunen nicht weiter belastet werden. Ihnen drohe das Abrutschen in die Haushaltssicherung. Deshalb würden sie das „Einvernehmen zum Kreishalt ausdrücklich nicht erteilen“. „Wir haben bereits in der Bürgermeisterkonferenz über die Sorgen der kommunalen Familie gesprochen, zu der aber auch der Kreis Paderborn zählt“, erklärt Müller. Die so genannte Benehmensherstellung sei ein Instrument der frühzeitigen Information und Kommunikation. Ein Einvernehmen sei damit nicht gemeint. Der Haushalt des Kreises Paderborn bedürfe somit nicht der Zustimmung der Bürgermeister. Gleichwohl könne man über alles sprechen. „Wir sitzen hier in einem Boot“, betont Müller.

© srphotos / Fotolia.com 
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„Ich bin ganz bei Ihnen, dass man in so einer Lage die Ausgabenseite im Blick haben muss. Das gilt für den Haushalt des Landschaftsverbandes Lippe, das gilt für den Haushalt des Kreises Paderborn, und selbstverständlich auch für Ihre Haushalte“, schreibt Müller wörtlich. Gemeinsam müsse man sich zum Beispiel stärker in der Pflege nach dem Prinzip „ambulant vor stationär“ einsetzen, weil das viel kostengünstiger sei. Hier hätte er sich oftmals ein stärkeres Engagement der Städte gegen derzeit nicht benötigte, zusätzliche Heimplätze gewünscht. Gleichzeitig erinnert der Landrat daran, dass er zusammen mit den Bürgermeistern sich bereits in einem gemeinsam unterzeichneten Schreiben gegen die avisierte, „extrem hohe Steigerungsrate“ des LWL positioniert habe. Die heutige Ankündigung des LWL, die ursprünglich angedachte Landschaftsumlage abzusenken, werte er als ein erstes positives Signal. Der LWL als größter Hilfezahler für Menschen mit Behinderungen ist wie der Kreis Paderborn ein Umlageverband. Das heißt, dass er seine Kosten an die Kreise weiterreicht, die diese wiederum über die Kreisumlage finanzieren müssen. Das gemeinsame Schreiben sei den hiesigen Landtags- und Bundestagsmitgliedern zur Verfügung gestellt worden. „Denn Sozialausgaben entstehen durch Bundes- und Landesgesetze. Und letztlich müssen wir uns alle fragen, wie viel Sozialstaat wir (uns) leisten können und wollen“, bekräftigt Müller.

Der Kreis Paderborn habe seine Abläufe im Rahmen von Organisationsuntersuchungen durchleuchten lassen. Die Gemeindeprüfungsanstalt (GPA) habe in einem ersten Zwischenergebnis ihrer jüngsten Analyse dem Finanzhaushalt des Kreises ein Spitzenplatz in NRW attestiert. Der Umlagebedarf je Einwohner liege unterhalb des Mittelwerts (im Vergleich zu anderen Kreisen in NRW). Herausgestellt worden sei zudem die zurückhaltende Investitionspolitik des Kreises, die sich in einer sehr geringen Zinslastquote wiederspiegelt. Diese geringe Zinslastquote führt im Ergebnis zu einer verringerten Kreisumlage und damit zur Entlastung der kommunalen Haushalte. Die GPA habe dem Kreis Paderborn aufgrund ihrer Drittmittelwerbung eine ausdrücklich „kommunalfreundliche“ Vorgehensweise attestiert. So würden beispielsweise Straßen und Radwege nur dann gebaut, wenn dafür Landeszuwendungen fließen. Deutlich werde das auch am Beispiel des Bildungsbüros: Von 16 Stellen seien lediglich 3,5 Stellen durch die Kreisumlage finanziert. Die Bedeutung von Bildung und Integration muss in diesen kritischen Zeiten wohl nicht weiter erläutert werden.

„Der Stellenzuwachs der Paderborner Kreisverwaltung im Zeitraum 2010 bis 2016 lag bei 12 %. Im gleichen Zeitraum ist in den Städten und Gemeinden ein Stellenzuwachs von 21,23 % zu verzeichnen“, betont Müller. Der Anstieg der Personalkosten im Kreishaushalt beruhe zum einen auf Besoldungs- und Tariferhöhungen. Hinzu addiert werden müssten gestiegene Sozialversicherungsleistungen und die Zusatzversorgung. Zusätzlich seien im Haushalt des Kreises Personalkosten ausgewiesen, die durch Gebühren refinanziert würden. Rettungsdiensteinsätze werden beispielsweise von den Krankenkassen finanziert. Im Ergebnis belasteten diese gebühren- und fremdfinanzierten Personalkosten aber nicht den Kreishaushalt und müssten somit auch nicht über die Kreisumlage finanziert werden. Der Landrat weist in seinem Schreiben darauf hin, dass im Rahmen der Hauhaltskonsolidierung im Zeitraum 2011 bis 2014 u.a. 30 Stellen abgebaut werden konnten, was auch von der GPA lobend herausgestellt worden sei. In 2017 müssten vier Stellen für gesetzlich vorgeschriebene Aufgaben (z. B. für E-Government und Verkehrssicherungspflichten) über die Kreisumlage finanziert werden. Hinzu komme eine Stelle für die Verwaltung der Kosten der integrativen Schülerbeförderung. Diese Aufgabe sei auf Wunsch der Städte und Gemeinden übernommen worden. Alle übrigen zusätzlichen Stellen würden über Gebühren oder Kosteneinsparungen refinanziert und belasten somit nicht den Kreishaushalt.

Der Landrat erinnert daran, dass Haushalte des Kreises und insbesondere des Landschaftsverbandes mit Sozialleistungen belastet seien, die Entlastungen aber überwiegend bei den Städten und Gemeinden ankämen. So könnten die Städte und Gemeinden bereits in 2017 mit zusätzlichen 5,2 Millionen Euro und in 2018 mit weiteren 9,6 Millionen Euro rechnen. Müller erinnert daran, dass die 31 Landräte in NRW die Urheber der Entlastung kommunalen Haushalte von den stark steigenden Kosten für Menschen mit Behinderungen seien. Das Fünf-Milliarden-Paket des Bundes sollte ab 2018 greifen. Die Umlagehaushalte von LWL und Kreisen müssten sich aber als „Verschiebebahnhof“ die Sozialkosten von den durch Ausgleichzahlungen entlasteten Gemeinden wieder holen.

Großes Verständnis habe er auch dafür, dass die Bürgermeister den Jahresüberschuss 2015 in Höhe von rund 5 Millionen zur Senkung der Kreisumlage verwendet wissen möchten. Nach Rechtsauffassung der Bezirksregierung Detmold sei dieser Weg jedoch gesetzlich nicht zulässig. Nach § 56 a der Kreisordnung NRW ist in der Bilanz eine Ausgleichsrücklage zusätzlich zur allgemeinen Rücklage als gesonderter Posten des Eigenkapitals anzusetzen. Der Ausgleichsrücklage können Jahresüberschüsse durch Beschluss des Kreistages zugeführt werden, soweit ihr Bestand nicht den Höchstbetrag von einem Drittel des Eigenkapitals erreicht hat. Deshalb sei eine Zuführung zur Ausgleichsrücklage nicht möglich. „Man darf nichts fordern, was nach Auskunft der Rechtsaufsicht rechtlich unzulässig ist. Ich werde mich aber weiter dafür einsetzen, doch noch eine Lösung zu finden“, bekräftigt Müller.

 
 
 

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