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20. April 2016

Wer ist eigentlich Deutscher?

Sonderausstellung „Mischlinge“ mit Portraits von Deutschen im Schatten des dunkelsten Kapitels der deutschen Geschichte ab Sonntag, 24. April, im Kreismuseum Wewelsburg

Das Lebensborn-Kind Patrick Lasch (ursprünglicher Vorname Attila) inmitten der Sonnenradinkrustation im von Heinrich Himmler geplanten Versammlungsort für SS-Führer in der Wewelsburg. (Foto: Marc E. Babej) 
Das Lebensborn-Kind Patrick Lasch (ursprünglicher Vorname Attila) inmitten der Sonnenradinkrustation im von Heinrich Himmler geplanten Versammlungsort für SS-Führer in der Wewelsburg. (Foto: Marc E. Babej)

Die Fotoserie „Mischlinge“ des Journalisten und Fotografen Marc E. Babej zeigt Deutsche von heute im Schatten des Nationalsozialismus. Umgeben von Monumenten aus der NS-Zeit, in einer an Leni Riefenstahl angelehnten Ästhetik. Jeder der Dargestellten hat sich einem DNA-Speicheltest unterzogen, die Hinweise geben auf die genetische Herkunft der Fotografierten bzw. ihrer Vorfahren. Babej stellt mit seinen Portraitaufnahmen die vermeintlich einfache Frage: Wer ist eigentlich Deutscher? Zu sehen ist die Fotoserie in der Ausstellung „Mischlinge“, untermalt von einem Soundtrack, den die Klangkünstlerin und Historikerin Sylvia Necker für die Ausstellung produziert hat. Die Ausstellung ist ab Sonntag, 24. April, ab 12 Uhr im Sonderausstellungsraum der Wewelsburg zu sehen.

Babejs Fotoserie besteht aus drei Teilen, die nach den Filmen Riefenstahls benannt sind. Episode I trägt den Titel „Tag der Freiheit“ und stellt Menschen mit ungewöhnlichen deutschen Identitäten vor. Episode II heißt „Triumph“ und zeigt Deutsche von heute im Kontext von baulichen Überresten aus der NS-Zeit. „Olympia“ hat Fotograf Babej die dritte Episode genannt. In der Ästhetik dieser Fotos wird besonders deutlich, wie Regisseurin Riefenstahl die Körperdarstellung aus der Antike adaptierte und für die biologisch-rassistische Ideologie des Nationalsozialismus instrumentalisierte.
Babej fügt seinen Fotos die Ergebnisse von DNA-Speicheltests seiner Darsteller hinzu. Mit diesen Tests lassen sich geographische Hinweise auf die genetische Herkunft eines Menschen bzw. seiner Vorfahren ermitteln. Die DNA-Tests der Portraitierten zeigen allesamt, dass sie „Mischlinge“ sind. Keiner der Deutschen aus der Fotoserie stammt nur aus einem Teil der Welt, viele haben Wurzeln außerhalb Europas. Natürlich liefern diese Tests keine streng wissenschaftlich abgesicherten Ergebnisse. Darum geht es dem Künstler auch nicht. Marc E. Babej will vielmehr provozieren und rassentheoretischen Überlegungen als ad absurdum entlarven.

Dr. Sylvia Necker, Kuratorin des Instituts für Zeitgeschichte, ist nicht nur Historikerin sondern auch Komponistin abstrakter elektronischer Musik. Sie hat Klänge aus der NS-Zeit elektronisch verfremdet und als Soundtrack zur Ausstellung aufgenommen. Die 25-minütige Musikschleife reflektiert die in den Fotos angelegten Aussagen und Fragen zur Geschichte des Nationalsozialismus.

Die Schirmherrschaft für die Fotoserie hat das in Hamburg ansässige Institut für die Geschichte der deutschen Juden übernommen.

Die Fotoserie „Mischlinge“ wurde im November 2014 als mehrteiliges Dossier bei Spiegel-Online erstveröffentlicht; gleichzeitig fand bei der Kunstmesse Paris Photo eine „Sneak Preview“ statt. Berichtet wurde auch in den Medien „Die Zeit“, in der ZDF-Kultursendung Aspekte, der Kulturzeit auf 3Sat, auf CNN International und in „Ha’aretz“.

Das Kreismuseum Wewelsburg zeigt die Ausstellung zum Themenjahr der Museen in OWL 2016 „Körperkultur – Schönheit. Hygiene. Selbstbild.“ Die Ausstellung ist bis Sonntag, 26. Juni zu sehen. Dienstag bis Freitag ist sie von 10 bis 17 Uhr geöffnet, samstags, Sonntag und an Feiertagen zwischen 10 und 18 Uhr. Der Zugang zum Sonderausstellungsraum erfolgt durch die Erinnerungs- und Gedenkstätte. Der Eintritt ist frei.

Die Künstler


Marc E. Babej ist ein deutsch-US-amerikanischer Fotograf. Er studierte Geschichte und Judaistik an der Brown University (A.B.), danach Journalistik an der Columbia University Graduate School of Journalism (M.Sc.). Seine Laufbahn begann er als Reporter beim Forbes-Magazine. Gleichzeitig schrieb er für die Feuilletons von Corriere della Sera, Die Zeit, Die Weltwoche und The Guardian. Seine stark an der Filmästhetik Orson Welles' und Jean Renoirs angelehnten Fotoserien beschäftigen sich immer wieder mit den Nachwirkungen historischer Ereignisse auf die Gegenwart. Die Arbeiten des in New York lebenden Künstlers waren bis dato in den USA, Deutschland, Frankreich, der Schweiz und Österreich zu sehen.

Dr. Sylvia Necker, Historikerin, Kuratorin und Klangwerkerin, arbeitet seit April 2014 in der Dokumentation Obersalzberg am Institut für Zeitgeschichte München–Berlin an der Neukonzeption der Dauerausstellung am Obersalzberg. Sie forscht, lehrt und publiziert zu den Schwerpunkten NS-Geschichte, Stadt- und Zeitgeschichte, Architektur- und Städtebaugeschichte sowie Kulturgeschichte. Als Klangwerkerin und Radiomacherin befasst sie sich mit experimenteller elektroakustischer Musik. Für unterschiedliche künstlerische Projekte komponiert sie Hörstücke und Soundscapes.

 
 
 

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