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07. Februar 2018

„Die Kümmerer“

Ausbildungs- und Praktikumsakquisiteure des Kreises Paderborn erleichtern Jugendlichen den Einstieg ins Berufsleben

Besuchten Auszubildenden Dawood Iqbal (Mitte in schwarzer Kochjacke) im Hotel (von links): Barbara Diehl (Ausbildungsleiterin), Landrat Manfred Müller, Babara Scholz – Bornhorst (Rotary Club Paderborn Stadt + Land), Michael Theobald (Ausbildungsakquisiteur), Petra Münstermann (Projektkoordinatorin, Bildungs- und Integrationszentrum), Ingrid Aspin (Praktikumsakquisiteurin), Ulrich Hilkenbach (Praktikumsakquisiteur), Gabriele Grewing (Praktikumsakquisiteurin), Herrmann Knaup (Praktikumsakquisiteur) und Dr. Oliver Vorndran (Leiter des Bildungs- und Integrationszentrums). (Foto: Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Kreis Paderborn, Anna-Sophie Schindler) 
Besuchten Auszubildenden Dawood Iqbal (Mitte in schwarzer Kochjacke) im Hotel (von links): Barbara Diehl (Ausbildungsleiterin), Landrat Manfred Müller, Babara Scholz – Bornhorst (Rotary Club Paderborn Stadt + Land), Michael Theobald (Ausbildungsakquisiteur), Petra Münstermann (Projektkoordinatorin, Bildungs- und Integrationszentrum), Ingrid Aspin (Praktikumsakquisiteurin), Ulrich Hilkenbach (Praktikumsakquisiteur), Gabriele Grewing (Praktikumsakquisiteurin), Herrmann Knaup (Praktikumsakquisiteur) und Dr. Oliver Vorndran (Leiter des Bildungs- und Integrationszentrums). (Foto: Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Kreis Paderborn, Anna-Sophie Schindler)

Dawood Iqbal steht gerade, sein Blick ist wach. Wenn er spricht, schaut er sein Gegenüber direkt an. Der 18-Jährige Pakistani macht seit vergangenem August eine Ausbildung als Hotelfachmann in einem großen Paderborner Hotel.
Vermittelt wurde die Ausbildung über das Bildungs- und Integrationszentrum des Kreises Paderborn. Dort gibt es die sogenannten Ausbildungs-und Praktikumsakquisiteure oder wie Projektkoordinatorin Petra Münstermann sie nennt „die Kümmerer“. Sie vermitteln Jugendlichen und junge Geflüchtete in Ausbildungen und Praktika. Das Besondere: In intensiven Gesprächen finden die Akquisiteure heraus, wo die Interessen und Stärken des Jugendlichen liegen. Bei Geflüchteten fragen sie außerdem nach Schulzeugnissen, Bildungsabschlüssen und Berufserfahrungen aus dem Heimatland und erklären das deutsche Bildungssystem.

Landrat Manfred Müller besucht Auszubildenden bei der Arbeit im Hotel

Bei einem Ortstermin lernte Landrat Manfred Müller Iqbal und die Ausbildungs- und Praktikumsakquisiteure kennen. „Man merkt, dass Sie sich hier wohl fühlen, die Ausbildung das ist, was Sie machen möchten“, sagte Müller. Den Akquisiteuren dankte er für ihr Engagement. „Sie tragen dazu bei, dass die Integration der Zugewanderten gelingt und junge Menschen sich im Berufsleben orientieren und am Arbeitsmarkt zurechtfinden können“, sagte Müller. Unternehmen wiederum finden Nachwuchs, den sie oft händeringend suchen. „Das nennt man wohl Win-win-Situation“, bekräftigt der Landrat.

Zur Ausbildung als Hotelfachmann gehört auch die Zubereitung von kleinen Speisen: Dawood Iqbal bei seiner Arbeit im Hotel (Foto: Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Kreis Paderborn, Anna-Sophie Schindler)
Zur Ausbildung als Hotelfachmann gehört auch die Zubereitung von kleinen Speisen: Dawood Iqbal bei seiner Arbeit im Hotel (Foto: Amt für Presse- und Öffentlichkeitsarbeit, Kreis Paderborn, Anna-Sophie Schindler)

Dawood Iqbal ist Ende 2015 aus seiner Heimat Pakistan nach Deutschland gekommen. Ein halbes Jahr lang besuchte er die internationale Klasse des Berufskollegs Schloss Neuhaus. Dort lernte er Praktikumsakquisiteur Klaus Sterk kennen. „Herr Sterk hat mir verschiedenen Praktika vermittelt: Als Zimmerer, als Koch, als Erzieher und auch als Hotelfachmann“, sagt Iqbal.

Iqbal gefällt Abwechslungsreichtum an der Ausbildung als Hotelfachmann

Nach den Praktika entschied sich Iqbal für eine Ausbildung als Hotelfachmann. Ihm gefällt die Abwechslung in dem Beruf. In der Ausbildung lernt er alle Bereiche eines Hotels kennen: Er bezieht in den Zimmern die Betten, bereitet in der Küche das Frühstück vor, nimmt an der Rezeption Reservierungen entgegen oder macht im Büro Tagesabrechnungen.
Ein besonderes Highlight war für ihn der Dienst an Silvester. „Um Mitternacht konnte ich das Feuerwerk über Paderborn von der Terrasse des Hotels sehen. Das war einfach toll.“ Iqbal schätzt auch den Kontakt mit den Gästen. Obwohl er erst seit zwei Jahren Deutsch lernt, scheut er den Small Talk nicht. „Wenn ich etwas nicht verstehe, frage ich einfach nach. Mit manchen Gästen rede ich auch Englisch“, sagt der 18-Jährige.

Unterstützung von der Pflegefamilie

Eine Herausforderung ist für ihn allerdings der Weg von seinem Wohnort Verne zu seinem Arbeitsort Paderborn. Die Frühschicht beginnt um 5.30 Uhr, wo noch keine öffentlichen Verkehrsmittel fahren. „Meine Mutter bringt mich dann mit dem Auto zur Arbeit“, sagt Iqbal. Als Minderjähriger ist er vor zwei Jahren nach Deutschland gekommen und kam über das Jugendamt in eine Pflegefamilie, die ihn auch nach seinem 18. Geburtstag unterstützt.
Ausbildungsleiterin Barbara Diehl ist mehr als zufrieden mit Iqbal. „Nach dem Praktikum war es gar keine Frage, dass wir ihm eine Ausbildung anbieten. Herr Iqbal ist fleißig und zuverlässig. Genau so jemanden brauchen wir.“ Positiv sieht sie den Weg über die Praktikums- und Ausbildungsakquisiteure. „Da ist einfach noch ein weiterer Ansprechperson, der bei Problemstellungen helfen kann.“


Projekt Ausbildungsakquisiteure 2006 ins Leben gerufen, Projekt Praktikumsakquisiteure 2016 gestartet

Die Ausbildungsakquisiteure gibt es seit dem Jahr 2006 – zunächst mit dem Ziel zusätzliche Ausbildungsplätze zu schaffen, heute mit dem Aufgabenschwerpunkt, freie Ausbildungsstellen passgenau zu vermitteln.
Im Jahr 2016 wurde das Projekt erweitert und Praktikumsakquisiteure geschaffen, die sich speziell um die jungen Geflüchteten der internationalen Klassen der Berufskollegs kümmern. Nach einer zweijährigen Pilotphase haben sich die Mitglieder des Paderborner Kreistages im November 2017 für eine Fortsetzung des Projektes ausgesprochen. Von 2018 bis 2020 investiert der Kreis Paderborn insgesamt 85.000 Euro in die Praktikumsakquisiteure. Unterstützung gibt es auch vom Rotary Club Paderborn Stadt + Land mit einer Spende von 10.000 Euro. Von dem Geld werden Dinge bezahlt, die für ein Praktikum nötig sind – beispielsweise Sicherheitsschuhe.

84 Praktika und 89 Ausbildungen vermittelt

Mit regelmäßigen Befragungen wertet Koordinatorin Münstermann den Erfolg beider Projekte aus: Seit dem Start der Praktikumsakquisiteure im Jahr 2016 bis zum Auswertungszeitpunkt im Oktober 2017 konnten 84 Praktika an die 159 Schülerinnen und Schüler der internationalen Klassen vermittelt werden. Münstermann ordnet die Zahlen ein: „Es haben also alle Schülerinnen und Schüler ein Praktikum bekommen, die fit genug waren, also beispielsweise ausreichend Sprachkenntnisse hatten.“ Vier der Schülerinnen und Schüler fanden sogar eine Ausbildung und drei begannen eine Einstiegsqualifizierung, eine Vorstufe zur Ausbildung.
Auch die Statistik der Ausbildungsakquisiteure kann sich sehen lassen: Im Schuljahr 2016/2017 konnten 84 Ausbildungen an Jugendliche und 4 an junge Erwachsene über 25 Jahren vermittelt werden. Zustande kamen die Vermittlungen über Informationen in Schulklassen, auf Elternveranstaltungen, in Beratungen in den Schulen, in Einzelfallberatungen von Eltern und Schülern und sonstigen Einzelfallberatungen. Zusätzlich fanden die Ausbildungsakquisiteure 232 offene Ausbildungsstellen, die der Agentur für Arbeit noch nicht bekannt waren. Der Kreis Paderborn fördert das Projekt mit jährlich 35.000 Euro.

Drei Fragen an Praktikumsakquisiteur Hermann Knaup

Hermann Knaup,  Praktikumsaquisiteur des Kreises Paderborn (Foto: © Kreis Paderborn)
Hermann Knaup, Praktikumsaquisiteur des Kreises Paderborn (Foto: © Kreis Paderborn)

Hermann Knaup, 67 Jahre, aus Paderborn ist einer von sieben Praktikumsakquisiteuren beim Kreis Paderborn.

Was war Ihre Motivation sich als Praktikumsakquisiteur zu engagieren? Hermann Knaup: Ich bin der Meinung, dass wir die Menschen, die zu uns kommen auch integrieren müssen. Als Schulleiter im Ruhestand habe ich Zeit und möchte meinen Beitrag zur Gesellschaft leisten.
An der Hauptschule habe ich lange Jahre Berufswahlvorbereitung gemacht und dadurch ein gutes Netzwerk aufgebaut. Die Arbeit als Praktikumsakquisiteur ist also kein Neuland für mich.

Wie funktioniert die Zusammenarbeit mit den jungen Geflüchteten? Hermann Knaup: Ich gehe in die internationalen Klassen der Berufskollegs und stelle mich vor. Meist erkläre ich auch, was ein Praktikum ist, warum man das in Deutschland braucht und wie der Weg in eine Ausbildung aussieht.
In Einzelgesprächen nehme ich mir viel Zeit für die einzelnen Schüler – ich schätze, dass ich fast die Hälfte meiner Arbeitszeit mit Gesprächen verbringe. Ich bin also kein reiner Akquisiteur, sondern eher ein verständnisvoller Begleiter. Es ist einfach wichtig, dass die jungen Geflüchteten jemanden haben, der sie intensiv begleitet, der ihnen zuhört und verständnisvoll ist. Es geht auch um so kleine Dinge, wie Sicherheitsschuhe für ein Praktikum besorgen. Praktikumsakquisiteur sein ist mehr, als einfach einen Praktikumsplatz zu finden. Da gehört ganz viel Menschlichkeit dazu.

Wie reagieren die Betriebe auf Sie als Praktikumsakquisiteur?
Hermann Knaup:
Durchweg positiv. Ich gehe immer persönlich zu einem Unternehmen und vereinbare einen Termin für weitere Gespräche. Türöffner ist dabei oftmals meine Visitenkarte von der Kreisverwaltung. Das ist wie ein Qualitätssiegel. Im Gespräch höre ich mir auch die Sorgen der Betriebe an. Viele haben Angst, dass gerade junge Geflüchtete die Ausbildung nicht schaffen. Ein Praktikum ist da eine gute Möglichkeit, sich gegenseitig kennenzulernen. Ich kläre die Betriebe oft einfach über die Möglichkeiten auf. Neben dem Praktikum gibt es zum Beispiel eine Einstiegs-Qualifizierung von der Agentur für Arbeit. Dabei macht der Jugendliche sechs Monate oder ein Jahr lang ein Praktikum im Betrieb. Die Agentur zahlt dem Jugendlichen dafür ein kleines Gehalt und dem Betrieb einen Pauschalbetrag für die Sozialversicherungsabgaben. Erst danach würden sich beide Seiten für eine Ausbildung entscheiden. In der Zwischenzeit konnten sich Betrieb und Jugendlicher aber kennenlernen, ihre gegenseitigen Erwartungen und Anforderungen abgleichen und der Jugendliche hat sich meist eine Menge Fachwissen ansammeln können.
Der größte Vorteil für die Betriebe ist die Unterstützung durch uns Praktikumsakquisiteure. Wir sind einfach immer Ansprechperson, auch bei Kleinigkeiten da und finden eine Lösung.

 
 
 
 

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