30. Juni 2021
Die Rolle des prominenten NS-Künstlers Wilhelm Petersen, historisch-kritisch beleuchtet im Spiegel der Zeit
- Sonntag, 4. Juli, steht ein Kurator der Ausstellung von 11 bis 15 Uhr für Fragen zur Verfügung
National-konservativ geprägt, orientierte sich der Illustrator Wilhelm Petersen bereits in den 1920er Jahren an völkischen Ideologien. 1933 trat er in die Nationalsozialistische Deutsche Arbeiterpartei (NSDAP) ein. Seine Bildmotive prägten die Vorstellung von vor- und frühgeschichtlichen Germanen und „nordischen Idealfiguren“. Wilhelm Petersen fand durch persönliche Bekanntschaften und Vernetzungen schnell Gefallen bei einflussreichen Personen im Umkreis der NSDAP. Insbesondere Alfred Rosenberg, Leiter des Außenpolitischen Amtes der NSDAP sowie seit Januar 1934 „Beauftragter des Führers für die Überwachung der gesamten geistigen und weltanschaulichen Schulung und Erziehung der NSDAP“ und seine Mitarbeiter förderten Petersen. Mittels zahlreicher Artikel in einschlägigen Zeitschriften, Ausstellungen und Bildwiedergaben wurde Petersen professionell vermarktet. 1938 verlieh ihm Adolf Hitler den Ehrentitel „Professor“. Bis zu seinem Tod in 1987 distanzierte sich Wilhelm Petersen nicht von seiner Rolle als NS-Künstler und blieb nahezu unbehelligt.
Nach dem Krieg wurde er als einer der Zeichner der Igelfigur „Mecki“ für die Zeitschrift „Hör Zu!“ bekannt. Er blieb im Netzwerk ehemaliger Nationalsozialisten und Mitglieder der Waffen-SS verwurzelt, die ihn bis zu seinem Tod protegierten.
In der Sonderausstellung „Germanenmythos und Kriegspropaganda. Der Illustrator Wilhelm Petersen (1900–1987)“ wird sein Leben und Werk erstmals wissenschaftlich-kritisch beleuchtet.
„In unserer Ausstellung wird der NS-Künstler in seinen zeitlichen Kontext gestellt und seine Rolle als SS-Kriegszeichner und einem Treiber der SS-Kriegspropaganda aufgearbeitet“, unterstreicht Museumsleiterin Kirsten John-Stucke. Die Sonderausstellung beleuchtet vier Lebensphasen von Wilhelm Petersen und ist noch bis zum 26. September im Burgsaal der Wewelsburg während der Öffnungszeiten des Kreismuseums zu sehen. Der Eintritt ist frei. Kuratoren der Ausstellung sind Erik Beck, Wissenschaftlicher Mitarbeiter des Kreismuseums Wewelsburg, Reinhard Fromme, Leitung der Museumspädagogik, sowie Christopher Horstmann, wissenschaftlicher Volontär. Am kommenden Sonntag, 4. Juli, steht erstmals ein Kurator der Sonderausstellung in der Zeit von 11 bis 15 Uhr für Fragen zur Verfügung.
Das Kreismuseum Wewelsburg erhielt 2018 einen Teil des Nachlasses von Wilhelm Petersen. Darunter fanden sich zahlreiche Zeichnungen und Skizzen, Belegexemplare von Büchern und Zeitschriften mit Bildwiedergaben persönliche Dokumente und Objekte, darunter etwa Petersens Zeichenbrett, das er während seiner Zeit als SS-Kriegszeichner nutzte, oder diverse Uniformteile und Orden. Mit dieser umfangreichen Schenkung aus allen Lebensphasen des Künstlers bot sich dem Wewelsburger Ausstellungsteam um die drei Kuratoren Erik Beck, Reinhard Fromme und Christopher Horstmann die Chance, Biografie und Werke von Wilhelm Petersen durch umfangreiche Archivrecherchen zu rekonstruieren und so erstmals systematisch sowie thematisch übergreifend in den Blick zu nehmen. Deutlich wird, wie dicht Wilhelm Petersen ein weit verzweigtes Netzwerk aus persönlichen und beruflichen Beziehungen knüpfte, welches er auch nach 1945 weiter pflegte. Die Ausstellung im Burgsaal der Wewelsburg ist in vier Kapitel gegliedert, die sich an den grundlegenden Lebensphasen Petersens orientieren. Thematische Querschnitte innerhalb der Kapitel ermöglichen zusätzlich Einblicke in die Vernetzungen des Künstlers, die ihn insbesondere seit 1933 zu großer Bekanntheit führten und dazu beitrugen, dass er eindeutig zur Künstlerprominenz während der NS-Zeit zu zählen ist.
Die Kuratoren möchten mit der Sonderausstellung deutlich machen, dass Petersen nicht ein einfacher, bodenständiger und sensibler Künstler war, als der er gern dargestellt wurde. Seine Rolle als SS-Kriegszeichner seit 1940 habe in der schonungslosen und unparteiischen Darstellung des Krieges und seiner Gräuel gelegen. Seine Mitgliedschaft in der Waffen-SS und seine ideologische und weltanschauliche Einstellung seien bisher kaum thematisiert und problematisiert worden. Die bisherige Darstellung Petersens wird in der Ausstellung mit neuen Forschungsergebnissen kontrastiert und erheblich differenziert.
Durch biografische Schnitte ist anhand von Objekten aus dem Nachlass Petersens und durch Leihgaben institutioneller wie privater Leihgeber dessen völkisch-nationalsozialistische Überzeugung zu belegen. Durch Archivrecherchen und durch Belegexemplare und Dokumente aus dem Teilnachlass lassen sich zudem Petersens Verankerung in rechts-konservativen bis rechtsextremen Netzwerken in der Bundesrepublik und seine entsprechenden Verstrickungen beleuchten. Es zeigt sich, dass Petersen seit seiner Zeit in den Freikorps der frühen Weimarer Republik bis ins hohe Alter hinein ein überzeugter Anhänger völkisch-antisemitischer Ideologie war.
Erik Beck, Wissenschaftlicher Mitarbeiter und Kurator
Reinhard Fromme, Leitung Museumspädagogik und Kurator
Christopher Horstmann, Wissenschaftlicher Volontär und Kurator
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